Vor Kurzem habe ich im Radio gehört, dass Parkinson in Deutschland nun offiziell als Berufskrankheit für Landwirte anerkannt ist, sofern sie durch den Einsatz von Pestiziden entstanden ist. Dazu muss man nachweisen, dass man in seinem Beruf mindestens 100 Tage unmittelbar in Kontakt zu solchen Mitteln stand. Dass der regelmäßige Umgang mit Pflanzenschutzmitteln Parkinson verursachen kann, wusste ich nicht. Dabei ist es logisch, wenn ich darüber nachdenke. Denn Parkinson ist eine Nervenerkrankung – und Pestizide sind fast ohne Ausnahme gesundheitsschädigend für den Menschen, vor allem Insektizide sind oft Nervengifte.
Man geht davon aus, dass 400 000 Menschen allein in Deutschland von Parkinson betroffen sind. Die Ursache liegt in einer bestimmten Region des Gehirns, im Mittelhirn. In der sogenannten schwarzen Substanz oder „Substantia nigra“ produzieren bestimmte Nervenzellen Dopamin – ein Nervenbotenstoff. Das ermöglicht die Kommunikation mit anderen Nervenzellen. Bei Parkinson nun sterben immer mehr dieser Nervenzellen ab, also: Weil das Dopamin fehlt, ist immer weniger Kommunikation über Nervenbahnen möglich – die Nervenbotenstoffe im Gehirn geraten in ein Ungleichgewicht, dadurch können Muskelgruppen zunehmend schlechter angesteuert werden und es kommt zu den typischen Symptomen.

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 134:Folgen des Älterwerdens
Ein gut 90-jähriger Patient von Intensivfachpflegerin Pola Gülberg leidet zum wiederholten Mal an einer Lungenentzündung. Doch das ist kein Zufall.
Zu einem der ersten Hinweise zählt oft die Muskelsteifheit, dann das Zittern, die gesamte Körperhaltung wird instabil – ich erlebe es häufig, dass Patienten im Sitzen nach vorn wegfallen. Sämtliche Bewegungen werden immer schwerer, weniger und langsamer – Betroffene schlürfen mehr, als dass sie gehen. Auch die Mimik wird zunehmend starr, dadurch lassen sich Emotionen im Gesicht irgendwann kaum mehr ablesen. Welche Symptome der Einzelne hat, kann sehr unterschiedlich aussehen – ebenso wie schnell die Krankheit fortschreitet.
Das Absterben der Dopamin-Nervenzellen ist ein natürlicher Prozess, das passiert bei jedem Menschen. Man könnte also sagen: Irgendwann hat jeder Parkinson-Symptome, man muss nur alt genug werden. Bei Parkinson jedoch geschieht der Abbau wesentlich schneller – die meisten Betroffenen sind in ihren 60ern, wenn sie erste Anzeichen bemerken.

Auf der Intensivstation erlebe ich Parkinson oft als Begleiterkrankung – also der Patient hat zum Beispiel eine OP oder einen Herzinfarkt und kommt danach zur Überwachung zu uns. Neulich habe ich aber eine Patientin im Parkinson-Endstadium versorgt. Sie kam zu uns wegen einer schweren Lungenentzündung und musste intubiert werden. In ihrer Krankenhistorie hatte sie schon zahlreiche Lungenentzündungen. Da lag der Verdacht nahe, dass sie im Zusammenhang mit ihrer stark ausgeprägten Schluckstörung standen, eine Folge von Parkinson.
Bei meiner Patientin konnten wir anhand der mangelnden Mimik und Körperspannung nicht einmal mehr sicher sagen, wie viel von dem, was wir zu ihr sprachen, sie überhaupt noch in der Lage war, zu verstehen.
Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 40-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.