SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 181:„Bislang wussten wir uns immer zu helfen“

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Auf der Ebersberger Intensivstation werden die Medikamente am "Spritzentisch" vorbereitet - fast jedes Antibiotikum zum Beispiel muss mit einer Kochsalzlösung gemischt werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit einigen Monaten schon gibt es Lieferschwierigkeiten bei Kochsalzlösungen – etwas, das Pola Gülberg bei fast jedem Patienten für die Medikamentenausgabe benötigt. Wie sie und ihre Kollegen trotzdem dafür sorgen, dass alle versorgt werden.

Protokoll von Johanna Feckl, Ebersberg

Es ist noch nicht lange her, als ich abends im Auto auf dem Weg zum Nachtdienst in die Kreisklinik war. Da kam im Radio ein Beitrag über etwas, das mich aufmerken ließ: Es ging um Lieferschwierigkeiten bei Kochsalzlösungen. Die brauchen wir im Krankenhaus bei fast jedem Patienten, weil damit sehr viele Medikamente erst aufgelöst werden müssen, bevor wir sie verabreichen können. Auch der OP benötigt Kochsalzlösung, um damit Wunden auszuspülen. Wenn ein solch wichtiges Mittel nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, dann ist das ziemlich blöd.

Dass es Lieferschwierigkeiten gibt, habe ich allerdings nicht erst durch den Radiobeitrag mitbekommen. Wir auf der Intensiv merken das schon seit dem Sommer. Damals dachten wir noch, es hat bestimmt mit dem schlimmen Hochwasser zu tun – dass dadurch Lieferwege abgeschnitten wurden oder etwas in der Richtung. Doch das liegt nun schon Monate zurück, daran kann es also nicht liegen.

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Pola Gülberg erzählt, dass Anfang Juni der Bestand einiger Utensilien in der Ebersberger Kreisklinik knapp geworden ist: Bestellte Ware ist nicht geliefert worden, weil die Zufahrten zum Lager unter Wasser standen.

Protokoll: Johanna Feckl

Es ist auch nicht so, dass wir gar nichts bekommen. Aber eben nicht in allen verfügbaren Größen. Eigentlich gibt es 50, 100, 250 und 500 Milliliter-Flaschen. Die meisten Antibiotika zum Beispiel werden mit 50er-Flaschen gemischt – und genau die waren als Erstes nicht mehr lieferbar. Im Grunde war das nicht weiter schlimm: Wir haben einfach 100 Milliliter-Fläschchen geöffnet und damit dann gleich für zwei Patienten ihr jeweiliges Medikament vorbereitet. Dreimal am Tag sind unsere festen Ausgabezeiten für Antibiotika, in jeder Schicht einmal. Da haben wir dann auch direkt einfach die 500er angestochen.

Dann war die kleinste Abfüllgröße auf einmal wieder lieferbar, dafür aber die nächstgrößere nicht mehr. Auch kein Weltuntergang: Waren für ein Medikament 100 Milliliter notwendig, haben wir einfach zwei kleine Ampullen verwendet. Nur unsere Mülleimer fanden das bestimmt nicht so toll, schließlich haben wir so mehr Abfall produziert als für gewöhnlich. Doch im Vordergrund stand natürlich, dass all unsere Patienten versorgt werden können. Und das war der Fall. Wenig später kamen die 50er wieder nicht mehr, dann waren es mal die größeren Größen – es wechselt immer, aber irgendeine haben wir eigentlich nie in ausreichender Menge da.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ich weiß nicht, wo genau das Problem liegt. Auch der Radiobeitrag, den ich auf dem Weg zur Arbeit hörte, brachte da keine Erhellung. Fakt ist, dass es irgendwo in der Lieferkette Schwierigkeiten gibt – ich könnte mir vorstellen, dass die Verfügbarkeit der jeweiligen Fläschchengröße das Problem ist. Aber vielleicht ist es auch das Abfüllen, womöglich werden die 50er woanders abgefüllt als die 250er-Ampullen.

Bislang wussten wir uns immer zu helfen. Auch gibt es natürlich andere Hersteller von Kochsalzlösungen – ein Lieferengpass macht noch nicht gleich einen Versorgungsengpass aus. Trotzdem hielte ich es für besser, Lieferketten für Medikamente wären weniger kompliziert und durchsichtiger.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 40-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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