Neulich ging ich den Flur unserer Station entlang, als ich eine Patientin mit irritiertem Blick in ihrem Bett sitzen sah. Ich blieb stehen, steckte den Kopf in ihr Zimmer und fragte, ob sie etwas brauche. Sie antwortete: "Ja, also wo bin ich denn jetzt hier? Auf der Intensiv bin ich ja nicht, oder?" Als ich ihr daraufhin sagte, dass wir hier schon auf der Intensivstation sind, reagierte sie erschrocken, ganz nach dem Prinzip: Was? So krank bin ich gleich? Dabei ging es ihr überhaupt nicht schlecht, sie war auch keine Intensivpatientin - und doch lag sie bei uns. Denn auf unserer Intensivstation gibt es auch andere Plätze.
Intensivbetten stehen schwer kranken Patienten zu, die eine spezielle medizinische Betreuung brauchen. Deshalb sieht der Pflegeschlüssel tagsüber zwei Patienten pro Pflegekraft vor - auf Normalstationen wie Allgemeinchirurgie, Geriatrie oder Innere Medizin sind es zehn Patienten pro Pflegekraft. Bei uns in Ebersberg steht an jedem Intensivbett eine Beatmungsmaschine parat, links und rechts mobile Säulen mit Strom- und Gasanschlüssen. Außerdem gibt es sehr viele Einschubmöglichkeiten für Spritzenpumpen mit Medikamenten. Kleiderschränke oder Tische dagegen sucht man vergebens - denn wir brauchen den Platz für all die Gerätschaften.

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 34:Die Snobs von der Intensiv
In der Corona-Hochphase wechseln Pflegekräfte von der Normalstation auf Intensiv. Positiver Effekt für das Betriebsklima: es verschwinden Klischees.
Die Ebersberger Intensivstation hält aber auch sogenannte IMC-Plätze vor, "Intermediate Care". Dabei handelt es sich um eine Behandlungsstufe zwischen Normal- und Intensivstation - für betreuungsintensivere Patienten. Fachgesellschaften halten hier einen Schlüssel von mindestens einer Pflegekraft für vier Patienten für notwendig. Noch besser wäre eine Verhältnis von 1:3.
Nach einer Operation wird ein Patient an Monitoren überwacht
Wenn Patienten beispielsweise aus dem OP kommen, dann müssen ihre Vitalfunktionen für eine gewisse Zeit per Monitor überwacht werden. Damit gehen wir sicher, dass sie stabil sind. Eigentlich geschieht das im Aufwachraum. Der aber schließt um 18 Uhr. Danach kommen die Betroffenen zu uns auf die Intensivstation in ein IMC-Bett. Das gleich gilt etwa für Patienten, die einen Stromschlag erlitten haben, oder für solche im Alkohol- oder Drogenrausch.

In anderen Kliniken sind die beiden Bereiche oft baulich voneinander getrennt, in Ebersberg aber hat man den IMC-Bereich in die Intensivstation integriert. Um die betroffenen Patienten nicht zu verwirren, erkläre ich ihnen meistens einfach, dass sie auf der Überwachungseinheit sind. Denn den Begriff IMC kennt sowieso niemand - wobei: jetzt vielleicht schon.
Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.