Süddeutsche Zeitung

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 64:Wie im Cockpit vor dem Start

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Zu Dienstbeginn steht der Bettplatzcheck an. Dazu prüft Pola Gülberg bei Patienten sämtliche Geräte - wie ein Pilot, bevor er abhebt.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Hat ein Pilot das Cockpit betreten und vor den vielen Knöpfen und Hebeln Platz genommen, dann ist eine seiner ersten Aufgaben: Alle Geräte und Werte genauestens prüfen. Nur wenn alles in Ordnung ist, kann es hinaus aufs Rollfeld gehen. Wir Pflegekräfte auf Intensivstationen haben ein ähnliches Ritual zu Beginn einer jeden Schicht: Bevor es so richtig hinein in den Dienst geht, kontrollieren wir bei jedem Patienten sämtliche Parameter - der Bettplatzcheck.

Nach der großen Übergabe, bei der die Leitung der alten Schicht und das gesamte Team der neuen Schicht zusammensitzen, folgt die kleine Übergabe. Meine Vorgängerin aus dem vorangegangenen Dienst und ich treten ans Bett der uns zugeteilten Patienten, wo sie mich auf deren aktuellen Stand bringt. Dann beginne ich mit meinem Bettplatzcheck oder der Antrittskontrolle, wie manche dazu sagen.

Meistens starte ich auf der linken Bettseite des Patienten. Dort checke ich die Absaugung, kontrolliere den Beatmungsbeutel und schaue mir die Beatmungsparameter an. Die Werte dokumentiere ich in der Patientenakte. Dann stelle ich an der Beatmungsmaschine die oberen und unteren Grenzwerte ein. Werden diese erreicht, schlägt die Maschine Alarm. Es gibt Standardwerte, die wir an jedem Patienten individuell justieren, denn nicht jeder Mensch ist gleich.

Dann geht es weiter mit der Kontrolle des Tubus. Dazu lege ich den Oberkörper meines Patienten frei und höre mit einem Stethoskop die Lunge ab. Im Anschluss daran noch alle vier Quadranten des Darms. So versichere ich mich, dass mit der Darmtätigkeit alles in Ordnung ist. Sollte der Patient Verbände oder Drainagen am Bauch haben, begutachte ich auch diese, ebenso wie die Ernährungssonde, falls eine vorhanden ist. Danach kontrolliere ich mit einer Leuchte die Pupillenreaktion.

Als nächstes überprüfe ich sämtliche Zugänge und weitere Drainagen, Infusionen und Perfusoren sowie den Monitor. Der Blick auf die Perfusoren ist auch deshalb wichtig, um zu sehen, wann sie leer und neue eingesetzt werden müssen - das gehört zum vorausschauenden Arbeiten. In einem der letzten Schritte untersuche ich die Blutgaswerte. Das ist wichtig, um die aktuelle Beatmungssituation beurteilen zu können.

Das gesamte Prozedere dauert um die 15 Minuten - bei zwei Patienten, die ich für gewöhnlich versorge, beschäftigen mich die Bettplatzchecks also etwa eine halbe Stunde. Es ist keine Kontrolle des Kollegen aus dem vorangegangenen Dienst. Sondern eine zusätzliche Sicherheitskontrolle. Unsere Intensivpatienten sind abhängig von unglaublich vielen Gerätschaften, Medikamenten, Schläuchen und weiteren Parametern. Da gehört solch ein ergänzender Check einfach dazu.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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