SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 79:Was Alkohol alles anrichten kann

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Alkoholmissbrauch kann viele negative Folgen für den Körper haben - nicht nur die Leber ist betroffen. (Foto: Frank Leonhardt/picture alliance / dpa)

Immer wieder versorgt Pola Gülberg Patienten mit einer entzündeten Bauchspeicheldrüse - eine sehr schmerzhafte Erkrankung, die tödlich verlaufen kann. Was viele nicht wissen: In vielen Fällen würde sie sich verhindern lassen.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Lachen und Intensivstation passen für die meisten vermutlich nicht zusammen. Schwer kranke Menschen, einige von ihnen mit solch starken Schmerzen, dass sie von den Medikamenten dagegen benebelt sind, und ein paar von ihnen werden unsere Station nicht mehr lebend verlassen. Wem ist da schon nach Lachen zumute? Umso mehr fällt es auf, wenn einer unserer Patienten es dann doch tut. Wie dieser eine Mann, Mitte 50, schon seit Wochen war er bei uns - und wochenlang hatte ihn niemand von uns lächeln gesehen. Im Grunde regte sich seine Mimik nur dann, wenn er Schmerzen hatte. An diesem einen Tag jedoch, da lächelte er.

Der Mann kam mit einer Krankheit zu uns, die sich nekrotisierende Pankreatitis nennt. Pankreas, das ist die Bauchspeicheldrüse - Pankreatitis ist die entzündete Bauchspeicheldrüse. Wenn die Entzündung nicht richtig verheilt, dann kann das zu einer Nekrose führen: Das Gewebe der entzündeten Bauchspeicheldrüse stirbt ab.

Neben Gallensteinen ist langjähriger Alkoholmissbrauch eine häufige Ursache für die Krankheit. Das wissen viele nicht - bei Alkohol denken die meisten nur an die Leber. Aber zu viel Alkohol kann noch zu vielen anderen Krankheiten führen.

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Eigentlich gibt es für frisch Operierte in der Kreisklinik Ebersberg keinen Alkohol. Manchmal aber ist er ein notwendiges Medikament.

Protokoll: Johanna Feckl

Das gefährliche an einer nekrotisierenden Pankreatitis ist folgendes: Die Bauchspeicheldrüse ist unter anderem dafür zuständig, Verdauungsenzyme zu bilden und diese dann in den Darm zu schicken, wo schließlich Nahrung verdaut werden soll. Nun aber hat die Bauchspeicheldrüse ein Leck, so könnte man es vereinfacht sagen. Dadurch entweicht die Flüssigkeit mit den Verdauungsenzymen in den Bauchraum - und der Betroffene beginnt, sich selbst zu verdauen: Kommt die Flüssigkeit beispielsweise mit der Darmwand in Berührung, dann wird sie verdaut.

Um das zu verhindern, müssen Drainagen gelegt werden. Damit wird die Flüssigkeit mit den Verdauungsenzymen abgeleitet. Es kann trotzdem dazu kommen, dass andere Organe versagen oder der Darm mit Hilfe eines künstlichen Darmausgangs stillgelegt werden muss.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das alles ist unglaublich schmerzhaft für den Patienten. Und auch psychisch eine enorme Belastung. Denn die Krankheit verläuft nicht selten wie eine Berg-und-Tal-Fahrt. Der Weg hin zur Genesung ist lang und hart - und immer wieder schaffen ihn Patienten leider nicht.

So war es auch bei dem Mann, der an jenem Tag auf einmal wieder lächelte. Es schien ihm besser zu gehen, seine Lungenfunktion war gut, sodass wir ihn von der Beatmung entwöhnen wollten - und "bumm": Da war er, der Rückschlag. Nach gut 80 Tagen bei uns auf der Intensivstation ist unser Patient an seiner schweren Krankheit schließlich gestorben. Ich bin froh, dass ich ihn zumindest noch einmal lächeln sehen konnte.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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