SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 177:Wenn es nicht bei Pusteln bleibt

Lesezeit: 2 Min.

Mit sogenannten Prick-Tests, bei denen Substanzen auf die Haut geträufelt werden, sollen die Stoffe gefunden werden, die bei einem Patienten zu Allergien geführt haben. (Foto: Peter Roggenthin/dpa)

Viele Menschen reagieren auf die unterschiedlichsten Dinge allergisch – meistens bleibt es bei leichten Hautreaktionen oder Juckreiz. Manchmal aber auch nicht, so wie bei einer Patientin von Pola Gülberg. Dann ist schnelles Handeln gefragt.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Meine Patientin war in ihren 30ern und seit Langem Allergikerin. Ein Glück, dass sie sich deshalb damit recht gut auskannte: Wegen einer Erkrankung nahm sie Antibiotika, daraufhin merkte sie, dass sie immer schlechter atmen konnte. Sofort stellte sie den Bezug zum Medikament her und wusste: Das ist allergisches Asthma, das geht nicht von allein weg. Sie verständigte den Rettungsdienst. Als der bei ihr eintraf, war sie bereits bewusstlos. Es stand kurz vor der Intubation, um der Frau wieder genügend Luft zu verschaffen. Aber dazu kam es schließlich doch nicht – die Sauerstoffmaske genügte.

Im Grunde kann ein Mensch gegen alles allergisch sein: Insektenstiche, Nahrungsmittel, Medikamente – zum Beispiel reagieren viele Leute auf unterschiedliche Antibiotika allergisch, so wie meine Patientin –, Transfusionen, Kontrastmittel ... ich könnte die Liste ewig weiterführen. In den meisten Fällen ist das kein großes Problem: Es kommt zu ein wenig Juckreiz oder anderen Hautreaktionen wie Rötungen oder Pusteln. Alles nicht so tragisch, das verschwindet bei den meisten schnell wieder.

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 77
:Mit 55 noch einmal der Jüngste sein

Jung sein ist auf der Intensivstation von Pola Gülberg relativ. Manchmal versorgt sie aber auch Patienten, die noch nicht einmal volljährig sind. Das ist belastend für die Pflegerin, doch häufig gibt es in all dem Schlechten auch einen positiven Aspekt.

Protokoll: Johanna Feckl

Schwierig wird es allerdings dann, wenn es nicht bei solchen Reaktionen bleibt – wenn es der betroffenen Person darüber hinaus schlecht geht: Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Schüttelfrost. Dann handelt es sich um einen allergischen Schock. Und ein solcher kann unbehandelt gar nicht gut ausgehen.

Bei einem allergischen Schock reagiert der Körper auf gewisse Allergene und schüttet deshalb Histamin aus. Das ist ein Hormon, das dafür sorgt, dass Blutgefäße geweitet werden. Dadurch verringert sich der Blutfluss und die Organe werden zu wenig durchblutet – auch das Gehirn, weshalb Betroffene irgendwann bewusstlos werden. Bis es so weit ist, dauert es zwar eine Weile. Erst wird die Haut kalt und blass, kleinperliger Schweiß bildet sich, und die Leute werden duselig und verwirrt – klar, weil im Gehirn zu wenig Blut ankommt. Deshalb ist eine erste Maßnahme auch: Hinlegen und Füße hoch! Denn durch die geweiteten Blutgefäße sackt das Blut natürlich sofort nach unten. Die liegende Position hilft schwerkraftbedingt, dass es wieder überall dort hingelangt, wo es hinsoll, nämlich auch in den Kopf.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ich habe es auch schon erlebt, dass Patienten ein Medikament bekommen haben, obwohl deren Allergie gegen einen der Inhaltsstoffe bekannt war. Das klingt vielleicht krass, ist aber manchmal nicht anders möglich, weil der Zustand des Betroffenen eben genau dieses eine Präparat notwendig macht. In solchen Fällen wird dann zusätzlich ein Antihistaminikum verabreicht, um dem allergischen Schock entgegenzuwirken, sodass sich die Blutgefäße gar nicht erst weiten.

Auch meine Patientin hat neben dem Sauerstoff ein Antihistaminikum bekommen. Die Nacht blieb sie zur Überwachung bei uns, dann durfte sie nach Hause. Das zeigt, dass ein allergischer Schock in der Regel gut behandelbar ist – wenn man sofort die richtigen Maßnahmen ergreift.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 40-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMinimalismus im Alter
:„Wir alle haben Angst davor, dass die Erinnerung verloren geht“

Theresa Ulrich ist Minimalismus-Coach und sagt: Gerade ab einem gewissen Alter ist es empfehlenswert, sich von Besitztümern zu trennen. Ein Gespräch über das Loslassen und das Ordnen.

Interview von Michaela Pelz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: