Pfarrkirche Steinhöring:Schwarze Wände, wurmstichige Heilige

Die Sanierung der Steinhöringer Pfarrkirche geht im Innenraum weiter. Von April an wird Sankt Gallus für ein Jahr lang komplett gesperrt sein, danach sollen ein Westportal und ein Dorfplatz die Gemeinde bereichern

Von Michael Haas, Steinhöring

Maria ist kaum noch zu erkennen. An der Wand links neben dem Altar ist sie abgebildet, das Jesuskind in der einen, ein Zepter in der anderen Hand. Die Heilige als Gottesmutter und Himmelskönigin. Den dafür angemessenen Glanz sucht man hier in der Steinhöringer Pfarrkirche allerdings vergeblich. Die einst kräftigen Farben des wallenden Gewands sind verblasst, eine dunkle Schicht hat sich über die Heilige und ihren Sohn gelegt.

Die Sonne scheint zwar an diesem Vormittag, doch in Sankt Gallus ist davon wenig zu sehen. Die Pfarrkirche ist ähnlich düster wie das Bild im Altarraum, die Wände sind mit dunklem Schmutz überzogen. Pfarrer Tivadar Jasura steht im Mittelgang und sieht sich um. Er zeigt auf große grüne Flecken an der Wand neben dem Seitenaltar: Schimmel. Weiter hinten sieht es nicht besser aus. Aus der Holzverkleidung neben den Bänken wurde ein kleines Quadrat entfernt. Die Wand darunter ist pechschwarz und vermodert. "Absurd", sagt Jasura nur und blickt nachdenklich auf das Loch.

Bei der letzten umfassenden Kirchenrenovierung in den 1960er-Jahren hatte man an der linken Kirchenwand eine zu den Bänken passende Holzverkleidung angebracht, dabei aber die Folgen für die Mauer nicht bedacht. Auch die damals eingebaute Heizung erwies sich als schlechte Wahl: Durch die warme Luft, die vor und während Gottesdiensten in den Kirchenraum strömte, wurde immer wieder feiner Staub aufgewirbelt. Der blieb dann an den feuchten Wänden des Gotteshauses kleben. Mehr als 40 Jahre lang ging das so.

Pfarrkirche Steinhöring: Außen hui, innen pfui: Pfarrer Tivadar Jasura vor der Steinhöringer Pfarrkirche.

Außen hui, innen pfui: Pfarrer Tivadar Jasura vor der Steinhöringer Pfarrkirche.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Jetzt sind die Wände dreckig und dunkel, deutlich sind über den beiden seitlichen Eingängen Umrisse von Bildern erkennbar, die schon vor einiger Zeit abgenommen wurden. Nur ein kleiner Abschnitt sticht heraus. Zwischen zwei Säulen sind mehrere Streifen in verschiedenen Farbtönen erkennbar - von modrig dunkel bis strahlend weiß. Mit Bleistift wurde "1. Kalkanstrich", "Trockenreinigung" oder "2. Grundierung" auf die einzelnen Abschnitte geschrieben. Sie zeigen, in welchen Phasen die Restaurierung der Innenwände geschehen soll. Denn in vier Monaten beginnt die Innensanierung von Sankt Gallus. Von Ostern an wird das Gotteshaus etwa ein Jahr lang vollständig gesperrt sein. "Es gibt einiges zu tun", sagt Pfarrer Jasura.

Das ist unübersehbar, denn nicht nur die Wände sind stark beschädigt. An den Holzbänken fehlen Ecken, in nahezu jeder Reihe sind die Spuren von Holzwürmern zu entdecken. Die Tiere haben sich auch in der restlichen Kirche ausgebreitet. Viele der hölzernen Heiligenfiguren seien beschädigt, erzählt Jasura. Während der Sanierung sollen sie aus der Kirche gebracht und restauriert werden. Denn: "Alles, was man hier ansieht und anfasst, ist Geschichte", sagt Jasura. "So etwas darf man nicht rausschmeißen."

Pfarrkirche Steinhöring: Noch ist die Kirche betretbar. Ab April wird das Gotteshaus für die Sanierung komplett geschlossen.

Noch ist die Kirche betretbar. Ab April wird das Gotteshaus für die Sanierung komplett geschlossen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Teil der liturgischen Ausstattung wird trotzdem ausgetauscht werden: Künftig sollen ein neuer Altar und ein anderer Ambo Platz finden. Die alten waren bei der Sanierung vor fast fünfzig Jahren angeschafft worden, nachdem das Zweite Vatikanische Konzil die Einführung von Volksaltären beschlossen hatte, an denen der Priester den Gläubigen zugewandt zelebriert. Was wie ein Provisorium aussieht, steht heute noch immer in der Pfarrkirche: Einige dünne Holzplatten, die zusammengeschraubt und bemalt wurden. In den Platten des Ambos sind zahlreiche Löcher zu erkennen, am Boden liegen kleine Staubhaufen. Die Holzwürmer haben auch hier Futter gefunden. "Das schreit nach etwas Neuem", sagt Jasura.

Bei den Gläubigen sei die Meinung zur Umgestaltung des Altarraums hingegen gespalten, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Sylvia Huber. "Den Sinn sieht nicht jeder." Sie findet, die Planer müssten besser über die einzelnen Maßnahmen informieren. Der Pfarrer wiederum betont, es gebe wie überall gelegentlich Unklarheiten, am Ende habe man sich aber noch immer einigen können.

Das dürfte auch nötig sein, denn schließlich können die Gläubigen von April an zwölf Monate lang nicht mehr in ihre Kirche. Das Gemeindeleben wird trotzdem weitergehen. Die Werk- und Sonntagsgottesdienste werden in der Kapelle des Betreuungszentrums stattfinden, bei größeren kirchlichen Festen soll auf die dortige Mehrzweckhalle ausgewichen werden. "Das geht problemlos, die Leute sind flexibel", sagt Jasura.

Pfarrkirche Steinhöring: Im Inneren laben sich die Holzwürmer an den Bänken.

Im Inneren laben sich die Holzwürmer an den Bänken.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Inzwischen haben sich die Steinhöringer ja an Bauarbeiten an ihrer Kirche gewöhnt. Schon seit 2012 wird das Gotteshaus renoviert. Eine Sanierung war damals dringend nötig geworden, weil die Wände der Kirche auseinanderzugehen drohten. Einige Löcher in den Wänden zeugen noch heute vom Verlauf des Gerüsts, das die Mauern damals stabilisieren sollte. Doch damit war es nicht getan. "Der ganze Dachstuhl war ziemlich kaputt", erzählt Jasura. Auch die Zwiebelkuppel war morsch.

Die Innensanierung soll nun auch zu einer grundlegenden Änderung an der 1473 errichteten und mehrfach erweiterten Kirche genutzt werden: Die Holztreppe, die am Ende des Mittelgangs zur Empore und der Orgel führt, wird abgebaut. An gleicher Stelle soll ein Westportal entstehen. Der Gemeinderat hat bereits zugestimmt, einige Mitglieder äußerten jedoch Kritik an den Kosten für das Portal. Die betragen laut Schätzungen des Ordinariats etwa 80 000 Euro.

Pfarrkirche Steinhöring: Der Seitenaltar in der Steinhöringer Pfarrkirche ist verschimmelt.

Der Seitenaltar in der Steinhöringer Pfarrkirche ist verschimmelt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dafür werde die Pfarrgemeinde zukünftig mehr liturgischen Spielraum haben, erläutert Jasura. "Durch das Westportal werden uns auch größere Prozessionen ermöglicht." Die Umzüge sind wichtiger Bestandteil der Gottesdienste an Feiertagen wie Ostern, Fronleichnam oder dem Palmsonntag. Bislang gingen die Gläubigen dabei über die schmalen Wege des Friedhofs, einen größeren Platz zum Versammeln gibt es erst vor der nahen Grundschule. Auch das soll sich künftig ändern, denn nach dem Willen des Gemeinderats wird zwischen Kirche und Schule ein Dorfplatz entstehen. Das sei eines der entscheidenden Argumente für das Westportal gewesen, sagt Bürgermeister Alois Hofstetter (CSU). "Bisher haben wir keinen richtigen Dorfplatz, da ist das eine Chance für uns." Auch Jasura ist von der Idee überzeugt. "Das Gemeindeleben, die Kirche und das ganze Dorf brauchen einen Ort, der Zusammenkünfte möglich macht."

Zuerst muss aber die Innensanierung abgeschlossen werden. 1,7 Millionen Euro wird sie voraussichtlich kosten, die gesamte Restaurierung 4,2 Millionen - wenn keine weiteren großen Schäden auftauchen. Jasura hat sich aber bereits auf unangenehme Überraschungen eingestellt: Es handle sich halt nun mal nicht um die Renovierung eines Einfamilienhauses.

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