Ortsumfahrung Schwaberwegen:Demo gegen die Umgehungsstraße

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Gegner der Ortsumfahrung rufen für Samstag zur Demo auf. Jetzt kündigen sich auch die Befürworter an. Erste Protestschilder wurden bereits heruntergerissen.

Von Korbinian Eisenberger, Forstinning

An schönen Tagen kann Ludwig Seebauer schon draußen in seinem Garten sitzen. Vom Gartentisch aus hat man einen freien Blick in den Ebersberger Forst, der direkt hinter Seebauers Grundstück beginnt. Im Frühling hört man die Vögel zwitschern, "manchmal huschen Wildschweine vorbei", sagt er. Das pure Idyll, doch Seebauer ist ungehalten. 150 Meter von hier soll eine Straße in den Wald geschlagen werden. Die Fahrzeuge, die noch über die Ortsstraße rauschen, sollen dann durch das Waldstück geleitet werden. Dagegen will er sich wehren.

Seebauer will den Bau der Umgehungsstraße verhindern. Dafür hat er zusammen mit 15 weiteren Dorfbewohnern eine Bürgerinitiative gegründet, aus der jetzt ein Verein entstehen soll. An diesem Samstag ruft diese Initiative zu einer Protestaktion in Schwaberwegen auf, Treffpunkt ist um 12 Uhr am sogenannten Hauptgeräumt, wenn man von Ebersberg kommend hinter dem Ortsschild links in den Wald abbiegt. "Wir erwarten um die hundert Leute", sagt Benjamin Wirth, ein Mitstreiter Seebauers. Im Ort hängen bereits Plakate für die Umgehung - und dagegen. Einige wurden beschädigt oder heruntergerissen, andere neu aufgehängt. Gegner Wirth hat für Samstag 50 reißfeste Hohlwandplatten bedrucken lassen.

Prinzipiell vertragen sich die Forstinninger, beim Thema Umgehungsstraße ist der Ort aber in zwei Lager gespalten. Den einen geht es darum, den Verkehr aus dem Ort zu verbannen. Die anderen, dazu gehören Seebauer und Wirth, wollen verhindern, dass der Verkehr in die Nähe ihrer Grundstücke verlegt wird. Sie sehen das Verkehrsproblem auch, sprechen sich aber seit Jahren für einen anderen Verlauf der Trasse aus. Das zuständige Straßenbauamt Rosenheim lehnte dies mit verschiedenen Erklärungen ab, dabei spielten auch finanzielle Gründe eine Rolle.

Andere im Ort wollen die Umgehung verhindern, auch sie machen mit Plakaten auf sich aufmerksam, einige wurden beschädigt oder abgerissen. (Foto: Bürgerinitiative ST 2080)

Die einen sagen so, die anderen so. Unstrittig ist, dass der Verkehr im Münchner Osten im Allgemeinen und in der Ortsdurchfahrt Forstinning im Besonderen seit Jahren immer größere Ausmaße annimmt. Dass man in einem 3000-Einwohner-Dorf wie Forstinning die Auswirkungen erkennen kann, wie sich eine ganze Region seit Jahren entwickelt.

Der Bürgermeister kommt nicht zur Demo, er macht beim Ramadama mit

Kern des Problems: Forstinning ist ein Verkehrsknotenpunkt, den praktisch alle Autofahrer nutzen, die zwischen München, der A 94 und Ebersberg pendeln. Zu den Stoßzeiten herrschen auf den Durchfahrten der Ortsteile Moos und Schwaberwegen Zustände wie auf einer Schnellstraße, zumindest empfinden das viele Anwohner so. Im Herbst 2016 beschloss der Forstinninger Gemeinderat schließlich einstimmig, eine Umgehungsstraße durch den Ebersberger Forst zu bauen.

Gut finden das viele der direkten Anwohner, die seit Jahren über den Lärm und zu schnelle Lastwagen klagen - etwa, weil die Kinder dort nahe an der Straße stehen, wenn sie auf den Schulbus warten. Vor zweieinhalb Jahren erfasste der Sog eines Lkw einen Radfahrer, der stürzte und an den Folgen starb. Rosa Teines Haus steht unweit des Unfallorts, die Rentnerin findet den Gemeinderatsbeschluss richtig. "Im Sommer ist es so laut, dass wir es im Garten nicht mehr aushalten", sagt die 66-Jährige. Ihr Mann Carl Teine hat eine Bürgergruppe Pro Umfahrung mitgegründet, auch er und einige Gefolgsleute haben sich zur Protestaktion der Trassengegner am Samstag angekündigt, quasi als Gegendemonstranten.

Wie sehr die Forstinninger das Thema bewegt, zeigten die Wortmeldungen auf der Bürgerversammlung und bei der Vorstellung erster Planungen der Trasse. Bürgermeister Rupert Ostermaier (CSU) wich Fragen oder Anregungen aus der Bevölkerung zur Umgehung bisher meist aus, etwa wenn es um Verbesserungsvorschläge für den Lärmschutz ging. Zur Plakataktion am Samstag, zu der sich auch das Bayerische Fernsehen angekündigt hat, werde er nicht kommen, so Ostermayr. Wegen eines gleichzeitig stattfindenden Ramadama in Forstinning sei er verhindert.

Die Trasse, sie treibt die Menschen im Ort seit der Jahrtausendwende um, schon damals wurde erste Varianten vorgestellt. Neuerdings argumentieren die Trassengegner auf ihrer Webseite mit der Gefährdung der Natur. Das Straßenbauamt und der Gemeinderat, so heißt es, "zerstören unwiederbringlich 30 000 Quadratmeter Wald und trennen weitere 150 000 Quadratmeter Wald vom Ebersberger Forst ab" - damit ist jenes Waldstück gemeint, das auch an Seebauers und Wirths Grundstück angrenzt. Carl Teine unterstellt hingegen, dass die Trassengegner den Naturschutz "als Vorwand benutzen". Seiner Ansicht nach fällt die Gefahr durch den Verkehr im Ort stärker ins Gewicht. Er wolle sich nicht vorstellen, "was los ist, wenn hier mal ein Kind überfahren wird".

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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