Ortsübliche Rasse soll erhalten werden:Honeymoon für Bienenköniginnen

In die Belegstelle an der Sauschütt bringen Imker ihre Begattungskästchen, um die Grundlagen für die weitere Zucht zu legen

Von Franziska Spiecker, Ebersberg

An die 480 000 Bienen sind unterwegs im 7,5 Kilometer großen Schutzkreis der Bienenbelegstelle Sauschütt im Ebersberger Forst. Während Arbeiterbienen an den Himbeer- und Brombeerflächen Nektar und Pollen sammeln, treffen sich Königinnen und Drohnen in 15 bis 50 Metern Höhe zur Paarung in der Luft: Zwölf bis 18 Drohnen begatten eine Königin - ist das vollbracht, sterben die männlichen Bienen, ihre Lebensaufgabe ist erfüllt. Die Königinnen hingegen kehren in ihre Begattungskästchen zurück, legen jeweils täglich 2000 Eier, vier Jahre lang - ohne auch nur ein einziges Mal neu begattet zu werden.

Ortsübliche Rasse soll erhalten werden: Emsige Betriebsamkeit im Bienenkasten: Ein Volk besteht in der Regel aus einer Königin, etwa 1500 Drohnen und 30.000 bis 60.000 Arbeitsbienen.

Emsige Betriebsamkeit im Bienenkasten: Ein Volk besteht in der Regel aus einer Königin, etwa 1500 Drohnen und 30.000 bis 60.000 Arbeitsbienen.

(Foto: Christian Endt)

So etwa läuft es von Mitte Mai bis Anfang August normalerweise ab in der Bienenbelegstelle des Imkerkreisverbandes Erding, erklärt Imkermeister Herbert Schwarzer. Um ihn herum duftet es nach nassem Wald, nichts als Vogelzwitschern ist zu hören. Zusammen mit vier weiteren Imkern kümmert er sich ehrenamtlich um die seit 1945 staatlich anerkannte Belegstelle. Ihr Ziel ist es, die ortsübliche Bienenrasse Apis mellifera carnica zu erhalten. Nur Bienenvölker dieser Art dürften daher in den Schutzkreis, erläutert Schwarzer.

Bienen - Belegstelle Ebersberger Forst.

Herbert Schwarzer betreut die Belegstelle.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er im Ebersberger Forst insgesamt 24 Drohnenvölker in großen Bienenkästen aufgestellt. "Die heißen so, weil dort für ein Bienenvolk überdurchschnittlich viele Drohnen leben", erklärt der Hobbyimker. Jeden Samstag kommen dann Imker aus den umliegenden Landkreisen und bringen ihre Begattungskästchen samt frisch geschlüpfter Königin vorbei.

Betritt man die Belegstelle durch das hölzerne Tor, auf dem ein Bienenbräutigam seiner in Weiß gehüllten Königin einen Blumenstrauß überreicht, so sieht man die nummerierten Begattungskästchen überall zwischen den riesigen Laub- und Nadelbäumen hervorgucken. Auf etwa ein Meter hohen Holzpfosten befestigt, erinnern sie von ihrer Optik und Größe an Vogelhäuser. Als Schwarzer eines der Dächer aufklappt, kommen hinter einer Glasscheibe Wabenzellen und 400 bis 500 eng umeinander wimmelnde, weibliche Bienen zum Vorschein.

Einige von ihnen krabbeln aus dem kreisförmigen Loch am unteren Ende des Begattungskästchens ins noch regenfrische Freie hervor, nicht aber die Königin. Die begebe sich erst dann zur Begattung in die Lüfte, wenn die Temperaturen über 15 Grad kletterten, berichtet Schwarzer. Nachdem das vollbracht und die Königin in ihr Kästchen zurückgekehrt sei, dauere es ungefähr eine Woche, bis sie ihre ersten Eier in die Wabenzellen lege.

Bienen - Belegstelle Ebersberger Forst.

Wie kleine Vogelhäuschen sehen die Begattungskästchen im Forst aus.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Die Besonderheit bei der Biene ist, dass so eine normale Honigbiene und die Königsbiene die gleiche Ursprungsbasis haben", erklärt der 51-Jährige. Wenn also nach drei Tagen aus den winzigen Eischalen 2000 kleine Larven kriechen, ist über das Schicksal des zur Herrschaft erkorenen weiblichen Nachwuchses im Bienenstaat noch nichts entschieden. Arbeiterin oder Königin? Das ist die Frage. Und die Antwort liegt laut Schwarzer allein im Futter: "Die normale Honigbiene bekommt Pollen, die Königsbiene Gelee Royal." Der Königinnenfuttersaft bewirke, dass die entsprechende Biene größer werde und - im Gegensatz zu den normalen Arbeiterinnen - Eier legen könne.

Bienen - Belegstelle Ebersberger Forst.

Im Inneren tummeln sich weibliche Bienen und die Königin. Eine Woche nach dem Begattungsflug legt diese die ersten Eier in die Wabenzellen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weil sie nach der Begattung eigentlich direkt loslegen wolle, ein Volk aufzubauen, so berichtet Schwarzer, dürfte die Königin in den sogenannten Einwabenkästchen maximal zwei Wochen bleiben: "Sonst ist sie unzufrieden und unterfordert". Die Königin wird genau wie ihr Nachwuchs also in einen großen Bienenkasten verfrachtet, wo ein Volk laut Schwarzer auf zwei verschiedenen Wegen entstehen kann: Entweder es werde mit der Königin ein neues Volk gebildet, wofür Bienen aus verschiedenen Völkern zu einem "Kunstschwarm" zusammengefügt werden müssten. Oder die Königin eines bestehenden Volkes habe ihre Lebensdauer von vier Jahren erreicht und werde durch die neue Königin ersetzt - unter der das alte Volk dann ganz normal weiterlebe, so Schwarzer. Damit er und die anderen Imker erkennen, wie alt die Königinnen sind, würden sie jedes Jahr in einer anderen Farbe markiert: "Letztes Jahr war es rot, dieses Jahr ist es grün."

Aber nicht nur durch das Zutun der Imker, auch von alleine ändert sich die Zusammensetzung in einem Volk stetig: Besteht es grundsätzlich aus einer Königin, etwa 1500 Drohnen und 30 000 bis 60 000 Arbeitsbienen, so werden die Drohnen über den Winter rausgedrängt. "Das Bienenhaus überwintert sparsam", erklärt Schwarzer. Es reduziere sich in diesem Zeitraum auf 6000 bis 8000 weibliche Bienen, die ausreichen würden, um sich in einer "Wintertraube" gegenseitig zu wärmen.

Die dicken, gedrungenen Drohnen, die sich im Volk um den Temperaturhaushalt kümmerten, würden erst im März wieder neu geboren, erzählt der Imkermeister. Die Arbeiterinnen hingegen, die im Sommer verschiedenste Aufgaben - von Wabenzellen bauen über Maden füttern bis Nektar und Pollen sammeln - übernehmen, überlebten im Winter länger als im Sommer, ein halbes Jahr lang statt nur sechs Wochen: "Lang leben und immer unterwegs sein, beißt sich bei der Biene." Da auch das viele Eierlegen für die Königinnen anstrengend sei, so Schwarzer, sei es gut, wenn der Herbst so kühl sei, dass sie eine Pause einlegten.

Belegstellen

Belegstellen sind Orte, an denen nur junge, unbegattete Bienenköniginnen und Drohnen derselben Bienenrasse untergebracht werden. Da sich Honigbienen in der Luft paaren, dienen sie ihrer gezielten Zucht: Der Schutzkreis der Belegstelle soll verhindern, dass es zu Fehlpaarungen mit anderen Bienenrassen kommt. Kontrolliert durch Belegstellenteams können Züchter ihre Begattungskästchen samt Königin dort hinbringen und nach einer erfolgreichen Begattung durch die dortigen Drohnen der gewünschten Zuchtrichtung wieder abholen. FRSP

Die niedrigen Temperaturen im Mai hat der Imker dagegen gar nicht begrüßt. Bringt ein Volk normalerweise bis zu 35 Kilo Honig, so "wird es heuer eher bescheiden". Auf Nachfrage, ob sich denn auch das viel diskutierte Bienensterben bemerkbar mache, antwortet er differenziert. Zwar steige die Zahl der Honigbienen leicht, weil sich die Imker um sie kümmerten, trotzdem merke er, dass sich ihre Gesundheit verschlechtert habe. "Sie sind heuer anfälliger für die Varroamilbe", erklärt er, einem Parasiten, der an Honigbienen lebt.

Auch Pestizide und der Mangel an unterschiedlicher Nahrung sind laut Schwarzer ein Problem. Der Imkermeister, der seine Leidenschaft für die Bienen als "Gendefekt von Opas Seite" bezeichnet, hat aber auch Hoffnung. Über das Volksbegehren "Rettet die Bienen" sagt er: "Das hat was bewegt". Die Kollegen verkauften jetzt mehr Pflanzen, die insektenfreundlich seien, und die Imkerverbände setzten stark darauf, dass es wieder mehr blühe.

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