Ortsgestaltung:Zu viel Beton

Ortsgestaltung: Solche Mauern gibt es in Vaterstetten immer öfter. Nun hat der Gemeinderat beschlossen, dass wenigstens keine neuen dazukommen sollen.

Solche Mauern gibt es in Vaterstetten immer öfter. Nun hat der Gemeinderat beschlossen, dass wenigstens keine neuen dazukommen sollen.

(Foto: Christian Endt)

Vaterstettener Gemeinderat beschließt Gestaltungssatzung

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt, dichtete einst Friedrich Schiller - und viele Vaterstettener würden dem wohl zustimmen. Weshalb sonst entstehen vielerorts massive Mauern und Schutzwände um die Grundstücke, so massiv, dass sich die Gemeinde gezwungen sieht, einzugreifen. Der Gemeinderat beschloss nun eine Freiflächengestaltungssatzung, damit soll das Ortsbild vor zu viel Beton geschützt werden.

Denn "an manchen Stellen in Vaterstetten schaut es aus, wie in Berlin, als die Mauer noch stand", sagte CSU-Fraktionschef Michael Niebler. Die Bewohner "schotten sich nicht selten ab", sagte auch Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), "darunter leidet das Ortsbild, pflanzen- und tierfreundliche Gärten werden seltener." Maria Wirnitzer, deren SPD die Satzung beantragt hatte, lobte das in den vergangenen Monaten erarbeitete Satzungswerk, damit könnten die Folgen "unkontrollierter Nachverdichtung" abgemildert werden - ohne die Grundstücksbesitzer zu sehr einzuschränken: "Es geht darum, ein schönes Ortsbild zu erhalten, nicht darum, jemanden zu schikanieren."

Doch genau das kritisierte Stefan Huber (CSU). Dies sei zwar nicht die Mehrheitsmeinung seiner Fraktion, aber er sei sich sicher, "das ist die schlechteste Satzung, die ich in 15 Jahren im Gemeinderat gesehen habe". Eigentlich, so Huber, "wollten wir die zwei Meter Beton- und Gabionenwände verhindern", eine Zielsetzung, die er auch mitgetragen hätte. Aber mit der nun vorgelegten Satzung "wollen wir den Bürgern vorschreiben, was sie schön finden sollen". Das Regelwerk sei "viel zu bürokratisch, jeder, der künftig ein Gartenhaus bauen will, muss einen Antrag stellen". Außerdem sei die Einhaltung kaum zu kontrollieren, sagte Huber: "Ich wünsche heute schon viel Spaß bei der Baukontrolle, ich weiß nicht, wie viele Mitarbeiter des Bauamtes künftig mit dem Meterstab durch die Gemeinde fahren müssen."

Zumindest dieses Szenario dürfte nicht eintreten, dafür hatte Hubers Fraktion zuvor gesorgt. Auf Antrag der CSU beschloss der Gemeinderat nämlich, dass die neue Satzung keine zusätzlichen Personalkosten verursachen darf. Außerdem soll in eineinhalb Jahren eine Evaluation stattfinden, wie sich die Satzung bewährt hat und welche Abweichungen davon zugelassen wurden.

Was die von Huber kritisierten Einschränkungen für Grundstücksbesitzer angeht, so sind diese zwar einerseits nicht unerheblich. Etwa die Sache mit den Gartenhäusern, diese müssen künftig mindestens einen Meter von öffentlichem Grund entfernt sein. Auch für Dachflächen gelten neue Regeln, so müssen Flachdächer in Baldham und Vaterstetten künftig begrünt werden, in den Ortschaften sind sie gar nicht zulässig.

Allerdings, das hatte das Bauamt bei einer Vorberatung der Satzung vor einigen Wochen bereits dargestellt, gibt es dort bisher auch keine Flachdächer. Und auch die übrigen Vorschriften, erläuterte nun Bauamtsleiterin Brigitte Littke, seien keinesfalls extrem oder ungewöhnlich, vieles bleibe sogar hinter den Vorschriften, wie sie in anderen Kommunen gälten, zurück. Oder auch hinter solchen, die es bereits in Vaterstetten gibt, sagte Stefan Ruoff (Grüne), so stünden in den meisten Bebauungsplänen ähnliche oder strengere Vorgaben - nur gibt es die eben nicht überall in der Gemeinde. "Ohne Bebauungsplan muss man eben gegensteuern."

Dies war auch die Meinung der meisten Gemeinderäte. Niebler gab seinem Fraktionskollegen Huber insofern Recht, dass die Satzung "etwas zu viel erhobener Zeigefinger" sei, aber anders gehe es eben nicht. "Mir geht es auch zu weit", befand Renate Will (FDP), als Liberale sei sie eigentlich gegen zu viel Regulierung. Allerdings "sehe ich leider auch die Notwendigkeit". Das Ganze sei eben ein Kompromiss, sagte Benedikt Weber (CSU), aber man solle es versuchen.

Der Meinung war die überwiegende Mehrheit des Gemeinderates. Die Satzung wurde gegen die Stimmen von Stefan Huber, seiner Fraktionskollegen Manfred Vodermair und Michelino Capezzuto-Zehetmeier sowie Karl Köstler und Manfred Schmidt (beide FBU/AfD) beschlossen. Letzterer bemängelte, dass es keinen ausdrücklichen Bestandsschutz für bereits gebaute Mauern und Zäune in der Satzung gebe. Ein solcher besteht laut Bauamt aber durchaus. Wie Littke erklärte, gälten Satzungen grundsätzlich nie rückwirkend - wer sich also schon gegen den bösen Nachbarn mit einer Mauer abgeschottet hat, muss diese auch jetzt nicht abreißen.

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