Ohne große Diskussion:Grafing streicht Sanierung in der Rotter Straße 8 ersatzlos

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Der Stadtrat spart sich mehr als zwei Millionen Euro, legt allerdings ein Grafinger Prestigeprojekt auf Eis.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Als altes Schulhaus ist sie geschichtsträchtig. Als ehemaliges VHS-und Musikschulgebäude steht sie als Sinnbild dafür, dass Bildung in die Stadtmitte gehört. Und weil sie nur ein paar Meter vom Marktplatz entfernt liegt, ist die Rotter Straße 8 das städtebauliche Filetstück schlechthin. Seit fast zehn Jahren rottet das wegen Brandschutzmängeln größtenteils gesperrte Haus vor sich hin - und daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern: Am Dienstagabend hat der Grafinger Stadtrat mit großer Mehrheit einen Haushalt verabschiedet, bei dem die Rotter Straße 8 nicht einmal mehr in der langfristigen Finanzplanung steht.

"Soweit ich weiß, steht da nach wie vor ein Stadtratsbeschluss für die Sanierung", sagte Yukiko Nave (Bündnis für Grafing). "Ich wundere mich wirklich, warum davon hier nichts mehr zu lesen ist?" Die Stadträtin meint damit den Grafinger Finanzplan. Er soll einen Anhaltspunkt für die Investitionen der nächsten Jahre geben. In den beiden Vorjahren hatten dort bis zu 2,5 Millionen Euro für die "RO 8" gestanden - veranschlagt für eine wie auch immer aussehende Sanierung. Vom BfG einmal abgesehen scheint der Rest des Gremiums mit der Streichung einverstanden zu sein. Im öffentlichen Teil der Sitzung meldete sich jedenfalls niemand mit einer größeren Gegenrede zu Wort.

Deshalb musste Stadtkämmerer Christian Bauer einspringen und die Sache so erklären: Um überhaupt über eine Sanierung nachdenken zu können, sei die Stadt auf Mittel aus der Städtebauförderung angewiesen. Die könne die Stadt aber erst beantragen, wenn das sogenannte Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) stehe. Das befinde sich gerade in der Erstellung, "vor Mitte bis Ende 2019" werde das aber kaum fertig werden. "Deswegen steht das Geld auch nicht mehr in der Planung", erklärte Bauer. Diesen abgeänderten Finanzplan beschloss der Stadtrat wenig später zusammen mit dem Haushalt für 2018.

Obwohl die Einnahmen aus der Gewerbesteuer ebenso steigen dürften wie die Einkommensteuerbeteiligung, kommt Grafing um eine Kreditaufnahme von 1,5 Millionen Euro nicht umhin. Das mag drastisch klingen, doch entspricht dies genau den diesjährigen Erschließungskosten des "Schammach II"-Gewerbegebiets. Sie fließen zeitversetzt wieder zurück. Und auch sonst, so Sitzungsleiter und Zweiter Bürgermeister Josef Rothmoser (CSU), "liegt das an dem enorm hohen Investitionsumfang". Man könne mehr als zufrieden sein.

"Die Schulden sind so hoch wie nie"

Die größten geplanten Ausgaben sind neben den 1,5 Millionen Euro für das Gewerbegebiet die zwei Millionen Euro für die ersten Bauabschnitte der Grundschulsanierung. Der neue Gehweg in der Rotter Straße ist mit rund 400 000 Euro angesetzt, gleiches gilt für den Umbau des alten Elkofener Schulhauses in eine Kita. 280 000 Euro kostet der Grafinger Anteil an der Rekommunalisierung der Stromnetze. In den Ausbau der Breitbandversorgung sowie Umbaumaßnahmen in der Stadthalle will Grafing jeweils etwa 250 000 Euro investieren. Der Finanzplan bis 2021 ist voll von weiteren Investitionen.

Diese Zahlen seien allerdings lediglich eine grobe Hausnummer, mahnte Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing). "Letztes Jahr um diese Zeit standen für 2019 noch 11,3 Millionen Euro Schulden im Finanzplan." Nur ein Jahr später gehe man von drei Millionen Euro weniger aus. "Das ist eine schöne Sache." Aber sie zeige, wie schwierig eine verlässliche langfristige Planung nun einmal sei.

Kritik kam auch von CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg. "Wir haben uns im Jahr 2014 vorgenommen, die Stadt bis 2020 zu entschulden. Stattdessen sind die Schulden so hoch wie nie", schimpfte er. "Unsere freiwilligen Ausgaben machen mehr aus als die neuen Schulden - wir rasen auf eine Wand zu!" Gehe die Konjunktur zurück - und damit die Einnahmen aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer - "stehen wir vor einem Riesenproblem".

Die Gegenfrage von Wolfgang Huber (Grüne) ließ nicht lange auf sich warten: "Wenn Ihnen die Ausgaben zu hoch sind, dann sagen Sie hier doch mal, was sie konkret sparen wollen?" In der Regel bleiben Antworten auf solche Fragen im Stadtrat aus. Schließlich wären das unpopuläre Entscheidungen, etwa Kürzungen beim Freibad, der Stadthalle oder der Volkshochschule.

Gegen die breite Stadtratsmehrheit konnten sich Fröhlich und Rechberg letztlich nicht durchsetzen. Damit tritt die Haushaltssatzung in Kraft.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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