Öffentlicher Nahverkehr:Außen vor

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Der MVV und das Verkehrsministerium planen eine neue Ringbuslinie rund um München - der Kreis Ebersberg wird davon kaum profitieren. Neue Tangentialverbindungen werden dennoch auch hier geprüft

Von Barbara Mooser und Martin Mühlfenzl

Oft sind die Entfernungen gar nicht groß, dennoch dauert es mit öffentlichen Verkehrsmitteln bisweilen gefühlte Ewigkeiten, in der Region vom einen zum anderen Ort zu gelangen. Denn die S-Bahn-Linien im Umland sind alle auf die Landeshauptstadt ausgerichtet und an Tangentialverbindungen fehlt es. Dies wollen der Münchner Verkehrsverbund (MVV) und das bayerische Verkehrsministerium mit einem neuen Ringbusliniensystem nun ändern. Für MVV-Nutzer im Landkreis Ebersberg wird das allerdings wenig bringen - denn der ist bei dem neuen Konzept außen vor. Der Ringbus fährt weiter westlich im Landkreis München vorbei, ohne auch nur einen Ort im Kreis Ebersberg zu bedienen.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU), Sprecher der MVV-Landkreise, verteidigt dennoch das Konzept, es sei das Ergebnis eines pragmatischen Abwägungsprozesses: "Hätte eine Wegführung über den Landkreis Ebersberg Sinn gemacht, hätten wir uns selbstverständlich dafür eingesetzt, beziehungsweise dann wäre sie auch gekommen." Aus "egoistischen Gründen" auf einem Umweg über Ebersberg zu bestehen, hätte andererseits zur Folge haben können, dass die Effizienz des gesamten Systems in Frage gestellt werde.

Außer dem Landkreis Ebersberg sind auch Erding und Freising abgehängt, das Ringbussystem verbindet die Landkreise München, Dachau, Fürstenfeldbruck, Starnberg und Bad Tölz-Wolfratshausen. Der Ring wird gebildet aus sieben aneinander anschließenden Expressbuslinien. Nach Angaben von Niedergesäß wurde zwar im Planungsprozess durchaus geprüft, ob der Ringbus auch durch den Landkreis Ebersberg führen soll, "denn Interesse unsererseits besteht natürlich grundsätzlich". "Aufgrund der größeren Nähe zu München und der bestehenden Infrastruktur entschied man sich an dieser Stelle der Ringlinie aber zugunsten schnellerer Fahrtwege auf der B471 durch den Landkreis München", so der Landrat. Die Routenführung funktioniere nun einmal am besten, je schneller und komfortabler die Fahrgäste abkürzen könnten.

Als Sprecher der MVV-Verbundlandkreise unterstütze er "selbstverständlich jede sinnvolle und finanzierbare Maßnahme, die das bestehende ÖPNV-Netz ergänzt, verbessert und stabilisiert", sagt Niedergesäß. Allerdings müssten die Maßnahmen auch funktionieren, "täglich, im Echtbetrieb und nicht nur im Idealfall, gewissermaßen theoretisch, unter Laborbedingungen". MVV-Nutzer aus dem Landkreis Ebersberg profitierten nach Einschätzung des Landrats aber durchaus durch die Anbindung der Ringlinie an die S-Bahnstationen in Haar und Feldkirchen von dem neuen Konzept. Er verweist darauf, dass unabhängig von dem neuen Ringbuskonzept im Landkreis Ebersberg ebenfalls diverse tangentiale Buslinien geprüft würden - beispielsweise Verbindungen ab Poing nach Ebersberg oder von Markt Schwaben nach Poing. Der Nahverkehrsplan soll Ende 2019 im Kreistag beschlossen und danach Zug um Zug umgesetzt werden. Der Ebersberger Landrat verweist allerdings auch darauf, dass es etliche Tangentialverbindungen auch bereits schon gibt: beispielsweise die Linie 445, die zwischen Erding und Ebersberg verkehrt, die Linie 446 zwischen Markt Schwaben und Ebersberg oder die Anbindung 447 zwischen Aßling und Grafing.

Was den neuen Bus-Ring betrifft, sind die Planungen schon sehr weit. Angestoßen hatte das Konzept noch Ilse Aigner (CSU) als Verkehrsministerin, an der Erarbeitung sind das Staatsministerium, der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) und die fünf betroffenen Verbundlandkreise beteiligt. Der aktuelle Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) sagte bei der Vorstellung des Projekts nun, das ÖPNV-Angebot werde dadurch "um einen wichtigen Baustein erweitert". Der Freistaat hat laut Reichhart bereits zugesagt, die Linie finanziell zu unterstützen. Das bestätigt auch der Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU), dessen Haus die Koordination des Projekts übernommen hat: Acht Millionen Euro sollen dafür seinen Informationen zufolge vom Freistaat fließen. Welche Kosten auf die Landkreise zukommen werden, sei dagegen noch nicht abzuschätzen; dies könne erst im Zuge der Feinjustierung der Trassen sowie nach der Ermittlung der Betriebskosten abgeschätzt werden.

Die grobe Trassenführung sieht vor, die Linien im Süden Münchens von Wolfratshausen aus im Uhrzeigersinn über Starnberg, Gilching, Fürstenfeldbruck, Dachau, Oberschleißheim, Garching, Ismaning, Feldkirchen, Haar, Hohenbrunn und Deisenhofen laufen zu lassen. Anbindungen sind geplant nach Bad Tölz, Buchenau und Unterschleißheim sowie zum Forschungszentrum Garching und nach Heimstetten.

Geprüft wird derzeit außerdem, ob auf den Trassen mit Brennstoffzellen betriebene Busse oder Elektrofahrzeuge fahren könnten. Auch einen Oberleitungsbus, also eine Tram ohne Schienen, schließt der Münchner Landrat nicht aus. "Und wir müssen Lösungen finden, um die Busse zu beschleunigen, etwa eigene Spuren, grüne Wellen", unterstreicht Göbel. Im Münchner Landratsamt wird erwartet, dass die Ringbuslinien frühestens in drei Jahren in Betrieb gehen könnten. So lange dauere es samt Planung, Ausschreibung des Betriebs und Vorlauf der Ausschreibung.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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