Oberpframmern:Molkerei wird zur Privatbrauerei

Saliter Bräu - Neue Brauerei

In einer ehemaligen Molkerei in der Dorfmitte aus dem vergangenen Jahrhundert wird nun Bier gebraut und verkauft.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wo früher Milch erzeugt wurde, stellt Johann Reinwald heute Bier her. Ein Besuch im Sudhaus.

Von Nathalie Stenger, Oberpframmern

Einmal drehen hier, einmal öffnen dort und schon geht es los: Ockerfarbene, fast schon goldene Flüssigkeit sprudelt aus dem Hahn heraus, es zischt und schäumt und will gar nicht mehr aufhören. Der Krug füllt sich schnell, gleich wird noch ein zweiter unter den Ausguss gehalten, und schon bald liegt ein vertrauter Geruch in der Luft. "Qualitätskontrolle", sagt Monika Sieghart dann mit einem Grinsen auf den Lippen und nimmt einen Schluck. Und? Sie nickt, das Bier ist so gut wie fertig.

Mancher mag vielleicht davon träumen - für Johann Reinwald ist es seit diesem Jahr Realität und sein neuer Job. Er braut sein eigenes Bier. Der Landwirtschaftsmeister und gebürtige Oberpframmerner hat sich mit der Gründung der Privatbrauerei "Saliter Bräu" einen lang gehegten Traum erfüllt. Mit an seiner Seite an den Braukesseln: Monika Sieghart, Braumeisterin aus dem Kreis Traunstein, beruflich vor allem in Südtirol und Norditalien beschäftigt. Gemeinsam tüfteln sie an ihrem Geheimrezept und stellen naturtrübes Bier her. "Ganz regional", sagt der Gründer.

Angrenzend an ein Wohnhaus liegt die Brauerei idyllisch im Ortskern von Oberpframmern, gleich neben der Dorfkirche der etwa 2500-Einwohner-Gemeinde. Die Fassade ist weiß, die Fenster hellblau umrandet. "So wie früher", sagt der 61-Jährige. Er erinnere sich noch, wie in seiner Kindheit die Leute mit ihren Kübeln abends angestanden seien, um Milch abzuholen. Das Wohnhaus, das er heute vermietet, ist von seinem Urgroßvater 1899 erbaut worden, die ehemalige Molkerei kam 1926 dazu und wurde seit jeher gewerblich vermietet.

Doch als der letzte Mieter vor etwa fünf Jahren aus Platzgründen das Gebäude verließ, entschied sich Reinwald, damals noch Hobbybrauer, seinen lang gehegten Wunsch endlich umzusetzen. "Das war wie ein Virus", sagt er, angesichts von Corona ein gewagter Vergleich, immerhin ist auch er als Gastronom sehr durch die Beschränkungen und Auswirkungen der Pandemie beeinträchtigt. "Die Idee ist über viele Jahre hinweg gekeimt und jetzt dachte ich mir, ich mach's einfach!" Starkstromanschlüsse und Bodengefälle seien noch von der Molkerei vorhanden gewesen, gute Voraussetzungen für eine Renovierung, sagt er.

Saliter Bräu - Neue Brauerei

Weiß und Blau, die Farben des Freistaats Bayern und seit diesem Jahr auch die der neuen Privatbrauerei "Saliter Bräu" aus Oberpframmern.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Einen weiten Arbeitsweg hat er nicht, Reinwald selbst lebt mit Sohn und Lebensgefährtin im Haus nebenan, "schon seit weit über 500 Jahren ist meine Familie auf dem Saliterhof", erzählt er. Daher auch der Name seiner Brauerei: "Saliter Bräu" für das Saliterergewerbe - die Gewinnung von Schwarzpulver - in dem auch seine Vorfahren tätig waren. Reinwald mag Geschichte, das merkt man, nicht ohne Grund spricht er von "Pframming" statt Oberpframmern, denn früher habe der Hof seiner Vorfahren "Saliterer zu Pframming" geheißen.

Mit einem letzten Blick auf den Kirchturm von Sankt Andreas geht es vom kleinen Biergarten endlich hinein in das Gebäude. Ein Tisch mit Lederhosen- und Dirndlbeinen steht vor einer hohen Glaswand, hinter ihr befindet sich auch schon das Herzstück einer jeden Brauerei: Das Sudhaus mit den Lagertanks. Helle Fliesen an Boden und Wänden strahlen mit den neuen Geräten - Braukessel, Wärmeüberträger und Rührwerk - um die Wette, erleuchtet wird der Raum von großen Lampen und bunten Lichtspielen.

Das verwundere sie immer wieder aufs neue, sagte Braumeisterin Sieghart während sie Fächer und Türen öffnet, um die Maschinen zu zeigen: "Bier ist das bayerische Getränk, und nur so wenige wissen, wie man es herstellt. Die meisten kriegen gerade so das Reinheitsgebot zusammen".

Saliter Bräu - Neue Brauerei

Braumeisterin Monika Sieghart bei der Qualitätskontrolle, beim "Zwickeln".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gerstenmalz, Hopfen, Wasser und Hefe sind selbstverständlich auch die Bestandteile des Saliter Bräus. Die Entstehung im Schnelldurchlauf: Brauwasser und geschrotetes Malz werden im Maischebottich vermischt und erhitzt. Die "Biersuppe" - so nennt sie Reinwald - kommt anschließend in den Läuterbottich, wo der Treber, also der feste Bestandteil, von der Maische getrennt wird. Die so entstandene Würze und der Hopfen, für das Bräu aus Pframming "nur der beste aus der Hallertau!" werden erhitzt und gekocht. "Eine Stunde etwa", sagt Reinwald. Nach der Chemie nun die Physik: Mit dem Gegenstromprinzip kühlt die Flüssigkeit herunter und wird im Anschluss mit der letzten Zutat, der Hefe, ergänzt.

Zwei Durchgänge - "Sude" - schaffen Reinwald und Sieghart an einem Tag, danach beginnt der erste Gärprozess. Etwa sechs Wochen dauert es insgesamt, bis das Bier aus den Lagertanks in die Fässer aus Edelstahl gefüllt werden kann. "Da ist handwerklich schon was zu tun", bestätigt Monika Sieghart mit einem Ordner in den Händen, der verschiedenste Werte und Diagramme zeigt. "Wir müssen Druck und Temperatur kontrollieren, ab und an Hefe abziehen, den Zuckerabbau überprüfen und zuletzt wieder alles reinigen."

Saliter Bräu - Neue Brauerei

Gründer Johann Oswald hält das fertige Helle bereits in den Händen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das fertige Bier wird dann aus der Kühlzelle zu Wurstsalat und Brotzeitbrettln in der Stub'n nebenan ausgeschenkt. Griabig ist es hier, braune Flaschen hängen als Beleuchtung über der Theke und Bierkrüge von altehrwürdigen Brauereien aus dem ganzen Land zieren die Holzbordüre. Ein Holzfass steht neben dem Stammtisch in der Ecke, "das hat der Bürgermeister angezapft", erzählt Johann Reinwald stolz. "Das war das allererste Bier." Ende Juni sei das gewesen, seitdem habe man, so eine grobe Schätzung, etwa 7000 Liter Bier gebraut.

Und wie kommt die Brauerei in der Gemeinde an? "Die Leute sind durch die Bank begeistert", erzählt Reinwald, "wer hat schon eine eigene Brauerei im Dorf?" Tatsächlich ist das Saliter Bräu, neben dem Grafinger Wildbräu und der Privatbrauerei Schweiger aus Markt Schwaben, die dritte im Landkreis und die einzige in der Verwaltungsgemeinschaft Glonn. "Die Leute sprechen uns an und wünschen sich, dass wir das Rezept nie verändern, weil's ihnen so gut schmeckt", erzählt er weiter. Und es sei nicht selbstverständlich, fügt Monika Sieghart hinzu, dass mit dem ersten Bier, hier ein Helles, gleich alles klappt. Mittlerweile können die Gäste in der Stub'n auch noch ein Dunkles, ein Festbier und ein Weißbier bestellen.

"Manchmal wundert sich jemand, dass es so trüb ist", merkt die Braumeisterin noch an, "vor allem im Vergleich zu den Industriegebrauten." Die Erklärung ist simpel. "Wir filtern nichts heraus, da wir nicht exportieren." Geringere Haltbarkeit, aber echter im Geschmack. "Unser Bier ist von Hand gebraut und absolut naturbelassen."

Bei der Frage nach dem Lieblingsbier muss Johann Reinwald lachen und Monika Sieghart für beide antworten. Das sei wie mit dem Essen, so die Braumeisterin, es gebe Tage, da habe man Lust auf Sushi und andere Tage, da wolle man Bayerisch essen. "Das hängt ganz von der Laune ab. Aber unser Helles ist schon wirklich sehr gut."

Donnerstag, Freitag und Samstag ab 18 Uhr hat das Bräu immer geöffnet, an der Bar und in der Küche wird Reinwald von seiner Familie unterstützt. Der frischgebackene Gastronom zählt ab: Unter Corona-Regeln passen etwa 25 Leute in die Stube. Und trotzdem: "Ich bin sehr zufrieden, wie alles angelaufen ist", sagt er, es stecke doch wirklich sehr viel Geld und Zeit in dem Projekt. Und auch wenn das Jahr so ein schwieriges sei, sagt er mit Überzeugung: "Ich würde es immer wieder so machen."

Später dreht Monika Sieghart noch die drei anderen sogenannten Zwickelhähne auf und stellt die Gläser mit dem blauen Logo - ein geschwungenes "S" für "Saliter Bräu" - bereit. Nun sind das Dunkle, das Festbier und das Weißbier an der Reihe: Qualitätskontrolle.

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