Oberpframmern:Der freundliche Herr Fahrenschon

Es ist ein gelungener Auftritt für Bayerns Finanzminister: Im Festzelt in Oberpframmern zieht Fahrenschon das Publikum selbst beim Thema Landesbank auf seine Seite.

Martin Mühlfenzl

Der Mann, der sowohl Herr über den bayerischen Staatshaushalt als auch Abwickler des Desasters bei der sechstgrößten Bank Deutschlands ist, huscht beinahe unerkannt an den Biertischen im Oberpframmerner Festzelt vorbei. Erst als Georg Fahrenschon, Finanzminister im Kabinett Seehofer, die anwesenden Honoratioren direkt vor der Bühne begrüßt, erklingt der obligatorische Defiliermarsch, der in bayerischen Bierzelten traditionell die Ankunft eines Spitzenpolitikers ankündigt.

Oberpframmern: "Hochverehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler": Schon bei der Anrede weiß Fahrenschon, wie er die Menge im Oberframmerner Festzelt überzeugen kann.

"Hochverehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler": Schon bei der Anrede weiß Fahrenschon, wie er die Menge im Oberframmerner Festzelt überzeugen kann.

(Foto: region.ebe)

Doch der nahezu unbemerkte Einzug Georg Fahrenschons an der Seite des Oberpframmerner CSU-Ortsverbandsvorsitzenden, Tobias Scheller täuscht: Der Finanzexperte seiner Partei zählt nicht zur Riege stiller Hinterbänkler im Maximilianeum. Folglich nutzt er anlässlich der 50-Jahr-Feier des Ortsverbandes die Gelegenheit, mit einer kraftvollen, rhetorisch geschliffenen und darüber hinaus frei gehaltenen Rede ein ebenso kraftvolles Bild der eigenen Partei zu zeichnen - ganz so, als habe es die Landtagswahl und den daraus resultierenden Absturz der Christsozialen im Herbst 2008 oder die wenig zufriedenstellenden ersten Monate der großen Koalition in Berlin nicht gegeben.

"Hochverehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", eröffnet der Finanzminister vor mehr als 500 Zuhörern seine Rede und weiß die Menge sogleich auf seiner Seite. Was folgt ist ein Plädoyer für die - laut Fahrenschon - noch immer bestehende Strahlkraft der christsozialen Union und ihren Anspruch als bürgerliches Zentrum des Freistaates: "Wir entwickeln Politik auf der Basis unserer Grundüberzeugungen. Das unterscheidet uns signifikant von allen anderen Parteien."

Über Jahrzehnte hinweg habe ein Dreiklang alle politischen Entscheidungen angeleitet: Eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stelle - und ihm dennoch soziale Verantwortung abverlange. Hinzu komme der erkennbare Glaube an das Prinzip der Subsidiarität.

Doch Fahrenschon ergeht sich nicht nur in politischer Selbstbeweihräucherung, sondern nimmt auch jenes böse Wort in den Mund, das in bayerischen Regierungskreisen lange verpönt war: Landesbank. "Alle damals Handelnden müssen sich ihrer Verantwortung stellen - alle", bekräftigt der Finanzminister. "Und wir müssen aus den Fehlern von damals lernen." Daher habe die Staatsregierung richtig gehandelt, indem sie einen neuen Vorstand installiert, externen Sachverstand hinzugezogen und die Bank vor dem Bankrott bewahrt habe.

Der junge Minister - Fahrenschon ist gerade einmal 42 - gilt als unbelastetes Kabinettsmitglied und weiß dieses politische Privileg auszuspielen. Der gebürtige Münchner pocht auf seine Gestaltungshoheit hinsichtlich der Finanzplanung des Freistaates, erteilt jedweder Steuererhöhung eine klare Absage und erklärt die Konsolidierung des Haushaltes zur "existenziellen Grundaufgabe".

Mahnend erhebt der Finanzminister den Finger und richtet eine Botschaft an seine Kollegen Angelika Niebler und Max Lehmer, welche die CSU im europäischen Parlament beziehungsweise im Bundestag vertreten: "Tut mir leid Angelika und Max, aber ihr müsst es euch anhören. Euer CDU-Kollege Kurt Lauk hat wirklich den Vogel abgeschossen." Schließlich habe der Christdemokrat vehement für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes geworben. Der Angriff Fahrenschons verfehlt seine Wirkung freilich nicht - der Applaus der anwesenden Steuerzahler ist ihm sicher.

Umso erstaunlicher wirkt Fahrenschons Eintreten für die Bedeutung der Volksparteien - das die Sozialdemokraten bewusst mit einschließt: "Nur die großen Parteien haben den Antrieb, die Gesellschaft nicht zu spalten, sondern die Interessen der Bürger zu bündeln." Daher dürften die großen Interessengruppen nicht verlernen, vor allem junge Menschen einzubinden.

Und so vergisst Fahrenschon nicht, ein Grußwort an die Jugend der Gemeinde Oberpframmern zu richten. Schließlich feiert dieser Tage nicht nur der CSU-Ortsverband sein Jubiläum, sondern auch der örtliche Burschenverein, der in diesem Jahr 100 Jahre alt wird: "Deshalb freue im mich umso mehr, heute hier zu sein. Denn wir feiern mit den Menschen bei Bier und Kesselfleisch und nicht in einem Hinterzimmer bei Sekt und Häppchen."

Alle Jugendlichen im Bierzelt erreicht diese Botschaft aber nicht. An der Bar im Eingangsbereich haben sich die Oberpframmerner Burschen ihr Refugium geschaffen: Auf einem Flachbildschirm verfolgen sie an diesem Montagabend beinahe unbemerkt die WM-Partie Spanien gegen Honduras.

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