Süddeutsche Zeitung

Nominierung in Hohenlinden:Eine ist nicht zu bremsen

Früher hat Birgit Obermaier Schauspieler wie Bud Spencer interviewt, nun will die Pastettenerin für die Freien Wähler in den Bundestag

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Birgit Obermaier ist am Donnerstag einstimmig zur Direktkandidatin der Freien Wähler (FW) im Wahlkreis Erding/Ebersberg für die Bundestagswahl am 26. September gewählt worden: Die 46-jährige Politikwissenschaftlerin aus Pastetten wurde vor dem Wendlandhaus von 16 wahlberechtigten Mitgliedern der FW-Kreisvereinigung Erding/Ebersberg auf den Schild gehoben: "Ich bin sprachlos und danke für das Vertrauen. Ich verspreche, dass ich im Wahlkampf mein möglichstes Tun werde und hoffe, Einige überraschen zu können", sagte die gebürtige Garmisch-Partenkirchnerin. Erste Glückwünsche gab es von den Vorsitzenden der Kreisverbände Ebersberg und Erding Wilfried Seidelmann und Ullrich Gaigl. "Toi, Toi, Toi und viel Kraft", wünschte FW-Landtagsabgeordneter Benno Zierer aus Freising.

Bisher ist Birgit Obermaier auf der politischen Bühne ein unbeschriebenes Blatt. Sie hat in Garmisch-Partenkirchen Abitur gemacht und an der Hochschule für Politik in München Politikwissenschaften studiert. Sie wolle sich engagieren, sei "eine Netzwerkerin, die Inhalte gut transportieren kann", sagte die FW-Kandidatin bei ihrer Vorstellungsrede, die wegen der Corona-Pandemie kurzfristig vom Bürgersaal ins Freie vor das Wendlandhaus verlegt wurde. Sie sei mit beiden Landkreisen gut vernetzt. Die Corona-Pandemie habe viele Bürger und Betriebe hart getroffen. Die Krise dominiere das Geschehen. Sie wolle sich für Selbstständige und Gastronomie einsetzen. Digitalisierung müsse weiter voran gebracht werden. Als Mutter von drei Kindern sei ihr zudem Bildung wichtig. Der Klimawandel erfordere Maßnahmen: "Wir müssen die Energiewende so schnell wie möglich schaffen und auf Erneuerbare Energien setzen". Zu brisanten Fragen zur lokalen Energiewende, etwa zu Abstandsregeln von Windrädern zur Wohnbebauung und Windkraftanlagen im Ebersberger Forst, hielt sie sich aber vor dem Bürgerentscheid am 16. Mai mit einer konkreten Stellungnahme zurück.

Zur A94-Lärmproblematik sagte sie auf Nachfrage, dass sie am Thema "dran bleiben möchte". Beim Bahnprojekt "Walpertskirchner Spange" wolle sie die "Diskussion abwarten". Obermaier will ein Bewusstsein für Umwelt schaffen: Großprojekte wie der Bau der neuen Tesla-Autofabrik des US-Milliardärs Elon Musk in Brandenburg, wo für das neue Werk "auf die Schnelle" riesige Flächen Wald gerodet wurden, sehe sie kritisch: "So kann es nicht sein." Klein- und Mittelständische Betriebe sollten besser gefördert werden. Zudem müsste Verpackungsmüll reduziert werden. Sie ärgere sich jedes Mal im Supermarkt über Obst und Gemüse in aufwendigen Verpackungen.

Die Kandidatin wohnt seit 14 Jahren mit der Familie in Pastetten. Zuvor hat sie zehn Jahre in Markt Schwaben gelebt. In Pastetten hat sie mit Ehemann Christian vor zehn Jahren ein Hörspielstudio aufgebaut. Sie ist Hörspielcoach an Schulen und bietet Kurse für Kinder an. Ihre drei Kinder besuchen den Waldkindergarten in Poing. Ihr Hobby ist Reitsport. Nach dem Abitur in Garmisch-Partenkirchen war sie für den Miesbacher Merkur, Bayerischen Rundfunk und den ehemaligen Fernsehbezahlsender Premiere tätig. Damals habe sie Interviews mit berühmten Schauspielern führen dürfen. Das Gespräch mit Bud Spencer sei besonders imponierend gewesen, erinnert sie sich. Die legendäre Schlagkraft des inzwischen verstorbenen Italieners wäre im rhetorischen Sinne im Wahlkampf hilfreich. Mit der Grundschule Pastetten betreut sie das Projekt Schulradio. 2016 war sie Hörspielcoach für Grundschüler, die einen Hörspielpreis für eine Version von "Don Quichotte" erhielten.

Als Kandidatin vorgeschlagen hatte sie Bezirksrätin Maria Grasser aus Isen. Die Geschäftsführerin des Erdinger FW-Kreisverbands habe Obermaier bei Hörspielkursen von gemeindlichen Ferienprogrammen schätzen gelernt. Obermaier sei bei den FW in Erding und Ebersberg "mit offenen Armen empfangen worden". Das Feedback war positiv: "Wir haben eine qualifizierte Kandidatin gefunden und bei der Rede eine Kostprobe davon erhalten. Wir brauchen gute Politiker in Berlin", sagte der Vorsitzende des Ebersberger FW-Kreisverbands Wilfried Seidelmann. "Wir sind froh, dass wir eine gute Kandidatin gefunden haben", fügte der Erdinger FW-Kreisvorsitzende und Sankt Wolfganger Bürgermeister Ullrich Gaigl an. "Ich finde einfach toll, dass wir eine Frau als Kandidatin haben, die offen für neue Themen ist", sagte Erdings Zweite Bürgermeisterin Petra Bauernfeind. "Unsere Kandidatin steht für Erneuerung, zeigt Engagement und will Verantwortung übernehmen. Wir werden sie tatkräftig unterstützen", so der Hohenlindener Bürgermeister Ludwig Maurer. "Ich finde gut, dass sie neue Ideen hat und was Neues bewegen will", sagte der frühere Forsterner Bürgermeister Georg Els. "Die Kandidatin bringt frischen Wind rein", fügte der weitere Erdinger Landrat Rainer Mehringer an. "Ihr Auftritt war sehr überzeugend", fand der frühere Landratskandidat von FW, Grüne und SPD Hans Schreiner.

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SZ vom 27.03.2021
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