Nicht nur wählen - kandidieren:Bunter werden

Bei den Kommunalwahlen sind EU-Bürger nicht nur zur Stimmabgabe aufgerufen, sie dürfen auch kandidieren. Eine Frauen und drei Männer aus Kroatien, Großbritannien, der Schweiz und Österreich berichten von ihrer Motivation

Von Christina Seipel

Anders als bei der Bundestagswahl haben bei den Kommunalwahlen die Bürger aus den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Recht zu wählen. Nach dem EU-Beitritt Kroatiens im vergangen Jahr dürfen nun ebenso die Bewohner aus der Vaterstettener Partnerstadt Trogir zum ersten Mal ihre Stimme abgeben. Das hat den Kreistagskandidaten Herbert Frey (CSU), der selbst aus der Schweiz kommt, auf eine Idee gebracht: Damit die neuen Wähler auf den "tischtuchgroßen Blättern" mit den 30 Gemeinderats- und 60 Kreistagskandidaten nicht den Überblick verlieren, hat er einen Informationsabend für EU-Bürger ins Leben gerufen. "Wir möchten ja, dass sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen", sagt Frey. Mit der Veranstaltung, die an diesem Freitag, 28. Februar, um 18 Uhr in der Sportgaststätte des Vaterstettener Stadions beginnt, will er Unsicherheiten beim Wahlvorgang klären, über die Vorteile der Briefwahl informieren und Gelegenheit zu einem Gespräch mit Kandidaten geben, darunter auch vier Menschen mit Migrationshintergrund. Seit 1996 dürfen sich EU-Bürger nämlich nicht nur als Wähler an den Kommunalwahlen beteiligen, sondern auch als Kandidaten antreten.

Branka Schröder (parteilos): Für Branka Schröder ist es die erste Wahl in Deutschland - als Wählerin und als Gemeinderatskandidatin auf der Liste der CSU. 1990 ist die aus Trogir stammende Schröder nach Deutschland gekommen, um Deutsch zu lernen, anschließend wollte sie in Kroatien Tourismus studieren. Es kam anders: In ihrer Heimat brach der Krieg aus. Branka Schröder blieb, lernte einen deutschen Mann kennen, heiratete und bekam zwei Kinder. Was die 43-Jährige an der Kommunalpolitik reizt ist, dass es unmittelbar um Entwicklungen in der Gemeinde geht. Als Mitgründerin des Vereins "Partnerschaft mit Trogir" und Mitglied im Förderverein "Schwimmen in Vaterstetten" will sie das ehrenamtliche Engagement fördern. Ein weiteres Anliegen von ihr ist die Verbindung zwischen Einheimischen und Zugereisten in der "bunter werdenden Gemeinde" durch Projekte zu stärken.

Robert Harrison (FDP): Seitdem der gebürtige Londoner 1990 aus beruflichen Gründen nach Deutschland zog, ist er auch Mitglied in der FDP. Bei den Kommunalwahlen tritt er sowohl für den Gemeinderat in Zorneding als auch den Kreistag an und ist außerdem Kandidat für die Europa-Wahlen. In seiner Heimat England bekleidete der Sohn australischer Eltern bereits politische Ämter bei den Liberal Democrats, der britischen Schwesterpartei der FDP, etwa als Präsident der Jungen Liberalen in Europa. Aus Erfahrung weiß der 52-Jährige, wie schwer es ist, wenn man die Deutsche Sprache nicht beherrscht. Neben einer verbesserten Willkommenskultur, will er daher auch den Deutschunterricht für Ausländer fördern.

Karl Heinz Neubauer (SPD): Als Karl Heinz Neubauer vor 43 Jahren nach Deutschland kam, durfte der gebürtige Österreicher noch nicht wählen. Nachdem Neubauer voriges Jahr SPD-Mitglied wurde, tritt der 69-jährige nun als Kandidat für den Gemeinderat in Zorneding und den Kreistag in Ebersberg an. Schon der Vater war in seiner Heimat, der Steiermark, als Gemeinderat aktiv. Als Vorsitzender des Vereins "EBE online" bringt Neubauer älteren Menschen den Umgang mit dem Computer bei und engagiert sich im Schachclub Zorneding. Neben bezahlbaren Wohnungen und einer Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs will der Rentner Asylbewerber dabei unterstützen, sich besser in der Gemeinde zu integrieren, zum Beispiel als Mitglied im Schachclub.

Herbert Frey (CSU): Nachdem der Sohn einer Österreicherin und eines Schweizers unter anderem in China gearbeitet hat, kam er 1998 aus beruflichen Gründen nach Deutschland. Hier lernte Herbert Frey seine Frau kennen, gründete eine Familie und wurde in Baldham sesshaft. Mit der deutschen Staatsbürgerschaft 2009 bekam der 49-Jährige Lust, sich wieder politisch zu engagieren. Bei den Kommunalwahlen tritt der ehemalige Präsident der Jungen Union im Kanton Luzern als CSU-Kandidat für den Kreistag an. Er appelliert dazu, dass sich viele Bürger aus dem Ausland als Kandidaten für die Kommunalwahl aufstellen lassen und ihre Erfahrungen in Landkreis und Gemeinde mit einbringen.

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