Neues aus der Shoppingwüste:Besser einkaufen

Bei der Veranstaltungsreihe "SPD schaut hin" wird der Ruf nach einem schlüssigen Stadtentwicklungskonzept für Grafing laut. Denn nur wer planen kann, nimmt Geld in die Hand

Thorsten Rienth

Neues aus der Shoppingwüste: Bäumchen wechsel dich: Vor allem die Geschäfte in den Gebäuden rund um den Marktplatz bekommen in unschöner Regelmäßigkeit neue Besitzer, weil die Mieten vielen zu hoch sind.

Bäumchen wechsel dich: Vor allem die Geschäfte in den Gebäuden rund um den Marktplatz bekommen in unschöner Regelmäßigkeit neue Besitzer, weil die Mieten vielen zu hoch sind.

(Foto: EBE)

Es gibt einen Satz, den sie in Grafing gerne zitieren: "Nach Ebersberg muss man, nach Grafing darf man." Jeder weiß, dass die Nachbarschaft zweier Städte sehr viel komplexer ist. Deshalb sagt ein Grafinger besagten Satz auch immer mit einem kleinen Augenzwinkern. So machte es am Mittwochabend auch die SPD-Ortsvorsitzende Regina Offenwanger: "Er steht für Gemütlichkeit, für Flair, für kleine, feine und manchmal auch ein bisschen exklusive Geschäfte", erläuterte sie bei der Veranstaltungsreihe "SPD schaut hin". Bei dem Treffen im Kastenwirt ging es darum, wie Grafing diese Attraktivität behalten und was der Stadtrat dazu beitragen kann.

Neu erfunden haben die gut 30 Besucher das Rad dabei natürlich nicht. Wollen die Lokalpolitiker allerdings umsetzen, was Manfred Singer als größtes Grafinger Manko nannte, steht ihnen einiges an Arbeit an: Ein schlüssiges und langfristig angelegtes Stadtentwicklungskonzept fehle vollkommen, erklärte Singer. Und der Mann ist nicht irgendwer. Singer tritt bei mehreren Einzelhandelsbauvorhaben in Südostbayern als Investor auf, so zum Beispiel beim Rewe-Markt in der Grafinger Leonhardstraße. Weil der gebürtige Grafinger dabei einen höchst professionellen Ruf genießt und auch sonst nicht gerade der Typ ist, der ein Mammutprojekt vom Format eines Stadtentwicklungskonzept einfach so aus dem Bauch heraus empfiehlt, horchten die Besucher auf.

Das lag auch daran, dass Singer praktisch aus dem Nähkästchen zu plaudern begann und die Notwendigkeit eines solchen Konzepts an einem aktuellen Beispiel beschrieb: So sei in der Planungsphase des Marktes in der Leonhardstraße praktisch schon unter Dach und Fach gewesen, dass dort zusätzlich zum Rewe auch ein Drogeriemarkt einziehen würde. Als wenig später jedoch die Pläne des Ebersberger Einkaufszentrums konkreter wurden, habe ihm die Drogeriekette umgehend wieder abgesagt. "Von dem Vorhaben in Ebersberg hat sie sich wohl langfristig sichereren Umsatz versprochen", mutmaßte Singer.

Zwar fand der Grafinger schnell Ersatz. "Aber der erste Interessent wäre erst mal weg gewesen." Heißt: Grafing nur zweite Wahl gewesen. Ein schlüssiges Stadtentwicklungskonzept könne beitragen, solches künftig zu verhindern, weil es potenziellen Investoren und Betreibern praktisch eine jahrzehntelange Planungssicherheit gibt, in welche Richtung sich die Gemeinde weiterzuentwickeln denkt. "Und genau das will jemand wissen, wenn er viel Geld in die Hand nimmt."

Die Anliegen, die die Besucher äußerten, waren dagegen eher kleinerer Art. Geschäfte sollten auch am Samstagnachmittag länger geöffnet haben, schlug ein Mann vor. In diesem Punkt sehen auch die Gewerbetreibenden Nachholbedarf: "Es sind tatsächlich nur wenige Geschäfte, bei denen man auch am Samstagnachmittag noch einkaufen kann", erklärte Magnus Kipfelsberger vom gleichnamigen Sportgeschäft. Eine Besucherin fand es schade, dass die Geschäfte vor allem in den Gebäuden rund um den Marktplatz so oft wechseln. Das stimme, pflichtete ihr der frühere SPD-Stadtrat Udo Helmholz bei. Das sei aber nichts, was man Stadt oder Rat anlasten könne. "Das liegt schlicht an den hohen Mieten, die die Immobilieneigentümer dort verlangen. Das ist übler Kapitalismus." Worauf Helmholz anspielte, war nicht zu überhören: auf das von den Geschäftsleuten immer wieder zu hörende Bedauern, dass sich dort relativ wenige Eigentümer die Immobilien praktisch teilen und deshalb die Preise so hoch sind.

Wirkliche Sorgen um die Grafinger Attraktivität als Einkaufsstadt muss man sich aber wohl nicht machen: Steuerberater Fabian Seydel etwa sah neben der Lage zwischen Chiemsee, Bergen und München auch das breite Angebot an Handwerkern als großen Pluspunkt: "Hier kannst du alles bekommen. Die Handwerker sind zwar nicht am Marktplatz - aber sie stehen im Telefonbuch." Andere Gemeinden wären schon froh, wenn sie nur einen Bruchteil dieses Angebots hätten.

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