Neues Angebot:Online-Austausch für Angehörige

Neues Angebot: Willi Daniels (Mitte) und Hans Gnahn (links) von der Alzheimer-Gesellschaft stellen die neue Facebook-Gruppe für Angehörige vor.

Willi Daniels (Mitte) und Hans Gnahn (links) von der Alzheimer-Gesellschaft stellen die neue Facebook-Gruppe für Angehörige vor.

(Foto: Christian Endt)

Willi Daniels von der Alzheimer-Gesellschaft betreibt auf Facebook eine Gruppe rund um das Thema Demenz

"Wer seine Angehörigen rund um die Uhr pflegt, läuft stark Gefahr, in die soziale Isolation zu geraten", sagt Willi Daniels. Der zweite Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft Ebersberg stellte im Awo-Alten- und Pflegeheim "Gertrud-Breyer-Haus" sein neuestes Projekt vor: Die Vernetzung der Angehörigen von Demenzerkrankten im Landkreis Ebersberg über eine Gruppe bei Facebook. "Treffpunkt|Alzheimer" ist gerade online gegangen und lädt zu Austausch und Information ein.

Initiator Willi Daniels bringt langjährige, profunde Erfahrung in Sachen Online-Selbsthilfe mit. Seit er 1997 einen Schlaganfall erlitt, engagiert sich der Steinhöringer unermüdlich für Schlaganfall-Betroffene. Schon bald erkannte er die Vorteile digitaler Vernetzung von Selbsthilfegruppen. "Vor Ort trifft man sich vielleicht alle vier Wochen, im Internet zu jeder Zeit", erklärte Daniels den Mitgliedern der Alzheimer-Gesellschaft und ihren Gästen aus Organisationen und Einrichtungen im Landkreis Ebersberg. "Heutzutage sucht jeder schnelle Antworten auf seine Fragen, das macht das Internet möglich. Wer eine Frage bei seiner Online-Selbsthilfegruppe einstellt, bekommt in kürzester Zeit eine Antwort auf das, was ihm gerade unter den Nägeln brennt." Der 68-Jährige weiß, wovon er spricht. Seine 2011 gegründete Schlaganfall-Gruppe bei Facebook wurde beim Wettbewerb "Motivationspreis Deutschland 2014" in der Kategorie "Selbsthilfegruppen" mit dem zweiten Platz ausgezeichnet.

"Im Landkreis Ebersberg leben gegenwärtig nach unserer Schätzung 1500 bis 2000 Demenzerkrankte, bundesweit sind es mehr als 1,2 Millionen", sagte Hans Gnahn, promovierter Facharzt für Neurologie und Vorsitzender der Alzheimer-Gesellschaft Ebersberg. Mindestens zwei Drittel davon würden unter einer Demenz vom "Alzheimer-Typ" leiden. Gnahn und Daniels schätzen, dass die im Landkreis lebenden Demenzkranken etwa 8000 bis 10 000 nähere Angehörige haben. Ihnen steht mit der neuen Facebook-Gruppe "Treffpunkt|Alzheimer" nun ein geschützter Raum zur Verfügung. Virtuell betreten werden kann er zu jeder Tages- und Nachtzeit, aber nicht von jedermann. "Viele Angehörige arbeiten tagsüber, pflegen dann die Erkrankten und finden erst sehr spät am Abend Zeit für sich", weiß Daniels aus Erfahrung. So nimmt der Austausch in seiner Schlaganfall-Gruppe bei Facebook oft erst nach 22 Uhr richtig an Fahrt auf. Die Gruppe verzeichnet eine rasante Entwicklung der Mitgliederzahlen. Zum Jahreswechsel waren es genau 5555 Frauen und Männer jeden Alters, die sich auf kurzem Weg austauschten, nach soliden Informationen über ihre Erkrankung suchten oder Veranstaltungen ankündigten.

Sicherheit und Datenschutz haben dabei oberste Priorität. Willi Daniels prüft alle Anträge auf eine Mitgliedschaft gewissenhaft. Wer in die geschlossene Gruppe will, muss diesen Wunsch nachvollziehbar begründen. Mitglied im "Treffpunkt|Alzheimer" können nur Angehörige eines Demenzerkrankten im Landkreis oder Mitglieder der Alzheimer-Gesellschaft Ebersberg werden. Daniels hat, um Missbrauch zu verhindern, über sein Smartphone ständig den Nachrichtenaustausch im Blick. Bisher sind seine Erfahrungen aber nur positiv. "Manche Mitglieder verstehen sich so gut, dass sie beginnen, miteinander zu telefonieren oder sich dann sogar ganz real begegnen möchten", sagte er. Bei einem Paar, das seine gemeinsame Wellenlänge nicht zuletzt über die Betroffenheit und das gegenseitige Verständnis fand, hat das zu Beginn dieses Jahres sogar zur Eheschließung geführt.

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