Süddeutsche Zeitung

Neuer Plan in Grafing:Erst Straße, dann Parkplatz

Grafing will seine nördliche Sportstättenanbindung wegen knapper Kassen in zwei Bauabschnitten errichten

Von Thorsten Rienth, Grafing

Bislang ist von der nördlichen Grafinger Sportstättenanbindung nur die Abbiegespur an der Ostumfahrung zu sehen. Von dort, etwa auf Höhe des Ortsteils Engerloh, soll die zusätzliche Anbindung gen Westen in Richtung Eisstadion abbiegen. Dort würde sie dann in einem noch zu errichtenden großen Parkplatz enden. Am Dienstagabend hat der Bauausschuss die Ausschreibung der Bauleistungen bewilligt - allerdings zunächst nur für einen ersten Abschnitt.

Hintergrund sind befürchtete Einnahmeausfälle vor allem aus der Gewerbesteuer. Stadtkämmerer und künftiger Bürgermeister Christian Bauer (CSU) hatte das Defizit vor einigen Tagen auf bis zu 30 Prozent beziffert. Das schmälert den Spielraum bei sogenannten freiwilligen städtischen Leistungen.

Die Anbindung halte er langfristig nach wie vor für sinnvoll, bekräftigte etwa Heinz Fröhlich vom Bündnis für Grafing. "Aber es gibt jetzt eben auch eine neue finanzielle Situation. Der Zeitpunkt ist denkbar schwierig. Was, wenn wir das Geld in ein paar Wochen für Pflichtaufgaben aus dem sozialen Bereich aufrechnen müssen?" Da sei es doch besser, das Projekt auf den Herbst zu vertagen. In diesem Zeitfenster müsse sich der neue Stadtrat ohnehin mit einem Nachtragshaushalt beschäftigen. Vieles spreche schließlich dafür, dass dann auch die Grafinger Finanzlage absehbarer sei.

Energischer Widerspruch kam vom CSU-Fraktionsvorsitzenden Max Graf von Rechberg. "Natürlich sind wir in der Situation, dass die Einnahmen dramatisch einbrechen. Aber wir haben uns damals verpflichtet, die Straße auch wirklich zu bauen." Da könne die Stadt jetzt nicht einfach einen Rückzieher machen. Und außerdem: "Die Anbindung ist wichtig."

Tatsächlich ist die Gemengelage diffizil. An sich gehören die Anbindung und Parkplätze nicht zu den städtischen Pflichtaufgaben, zumindest an besagter Stelle und in geplantem Umfang. Weil aber die Abbiegespur per Vereinbarung mit dem Freistaat bereits gebaut ist, verlangt Bayern auf absehbare Zeit auch einen Vollzug des Stichstraßenbaus. Sein Kostenrahmen liegt, zusätzlich zu den bereits bezahlten 140 000 Euro für die Abbiegespur, bei etwas über 180 000 Euro. Zumindest, was diesen Teil des Vorhabens angeht, ist Grafing also unter Zugzwang. Aber eben nicht beim Parkplatz, dessen Kosten die Sitzungsvorlage auf zwischen 250 000 und 300 000 Euro taxierte.

Genau bei dieser Aufteilung setzte nun Freie Wähler-Stadtrat Christian Einhellig mit einem Vorschlag an, den bislang noch niemand auf der Agenda hatte: "Warum bauen wir nicht einfach zuerst nur die Straße - und verschieben den Parkplatz in einen zweiten Bauabschnitt?" Über diesen ließe sich ja dann im Herbst beraten, wenn die Einnahmen aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer bezifferbarer sind. "Ich will den Parkplatz nicht streichen", betonte Einhellig. "Aber ich will ihn auf einen Zeitpunkt verschieben, zu dem wir finanziell klarer sehen."

Mit Ausnahme der CSU-Fraktion schlossen sich bei der Abstimmung alle anderen Stadträte Einhelligs Vorschlag an. Nun wird also zunächst nur die Anbindung ausgeschrieben und gebaut. Zeitversetzt folgt dann der Parkplatz. Auf Vorschlag von SPD-Stadtrat Ernst Böhm soll dann auch ein vorübergehender Stellplatz für schwere Baumaschinen geprüft werden. Den werde nämlich der Bauträger des Forellenstraßen-Kinderhauses ohnehin brauchen. "Und wir können sicher ein bisserl Geld dafür verlangen."

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SZ vom 23.04.2020
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