Neue Wohngebiete:Ärger im Osten

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Die Bagger schieben schon den Oberboden ab, wo das Poinger Gymnasium und rund herum die Wohngebiete W7 und W8 entstehen sollen. (Foto: Christian Endt)

In Pliening stehen die Zeichen wegen der Planungen für den Poinger Ortsrand auf Sturm

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Es brodelt zwischen Pliening und Poing - und das hat diesmal nichts mit unterirdischen Erdstößen zu tun, sondern mit dem ganz und gar überirdischen Ansinnen Poings, in seinen Neubaugebiete W 7 und W 8 weit dichter zu bauen als früher geplant. Wie viele Neubürger genau jenseits der Bergfeldstraße unterkommen sollen, wird in den Begründungen zur Änderung des aus dem Jahr 1984 stammenden Flächennutzungsplans nicht konkretisiert. Eine Verkehrsschätzung des Planungsbüros Harald Kurzak aber prognostiziert in diesem Zusammenhang für die Plieninger Straße in Richtung Norden 1500 mehr Fahrzeuge täglich als bisher.

Aus diesen Daten lasse sich die Zahl der Neubürger ungefähr hochrechnen, hat man in der Plieninger Bauverwaltung festgestellt. Etwa 4000 Einwohner dürften die Wohngebiete, die genau auf Höhe von Ottersberg entstehen werden, wohl bekommen. Von lockerer Bebauungs war im noch gültigen Flächennutzungsplan die Rede. Poing ist im Regionalplan seiner günstigen Lage an der S-Bahn wegen als Siedlungsgebiet festgelegt, "das wissen wir ja auch", stellte Plienings Bürgermeister Roland Frick (CSU) in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses klar.

Nun aber soll zumindest im Wohngebiet W7, für das Poing bereits einen Bebauungsplan vorgelegt hat, nahezu doppelt so viel gebaut werden, von 43 100 Quadratmetern auf nun 81 500 Quadratmeter soll die Geschoßfläche wachsen. "Wir müssen sagen, dass es so nicht mehr geht", erklärte Frick weiter. Immer mehr Einwohner in den Nachbargemeinden - neben Poing will auch das westlich liegende Kirchheim bis 2030 etwa 3200 Neubürger aufnehmen - aber keine neuen Straßen, auf denen der Verkehr abfließen könne, das dürfe man nicht mehr hinnehmen. "Wir werden richtig umzingelt", stellte Markus Uffinger (Alternative für Pliening) fest.

Das prognostizierte Mehr an Fahrzeugen für die Plieninger Straße/EBE 2 entspricht einer Zunahme von 13 Prozent gegenüber 11 300 Kraftfahrzeugen, die heute dort täglich unterwegs sind. Und die Straße führt mitten durch den Plieninger Ortsteil Ottersberg und dann nach Pliening hinein, wo der Verkehr sich Richtung Westen zur Auffahrt auf die A 99 bei Kirchheim, oder nach Osten zur Flughafentangente Ost teilt. Neben den Wohnungen entsteht im Norden Poings auch das neue Gymnasium, das - so befürchtet man in Pliening - noch mehr Verkehr anziehen werde. Betrachte man diese Entwicklung, sei es für Pliening noch ärgerlicher, so der Tenor im Ausschuss, dass sich Poing geweigert hatte, einer Umgehungsstraße für das Plieninger Ortsgebiet mit einer Auffahrt nördlich von Poings Baugebieten zuzustimmen.

Schließlich weist die Gemeinde in der einstimmig verabschiedeten Stellungnahme darauf hin, dass die S-Bahnlinie S 2 bereits jetzt zu wenige Kapazitäten hat, um der Siedlungsentwicklung in der Region gerecht zu werden. Durch den Bau der zweiten Stammstrecke aber sei durch den dann geltenden 15-Minuten-Takt eine Verschlechterung zu erwarten. In der Zeit zwischen sechs und acht Uhr früh würden dann statt jetzt zwölf nur noch neun Züge verkehren. Auch hier müsse unbedingt nachgebessert werden, durch den Halt einer Express-S-Bahn in Poing, des Regionalzugs Mühldorf-München oder der Einrichtung einer Express-Bus-Linie zwischen Pliening und der Messe München. Alle weiteren Planungen aber, so die Forderung aus Pliening, solle man auf einer vernünftigen Basis vornehmen. Frick verwies auf eine Analyse der Verkehrszusammenhänge im Münchner Osten, die von elf Kommunen, zwei Landkreisen und der Landeshauptstadt in Auftrag gegeben wurde und im Herbst vorliegen soll.

Nicht nur die Verkehrszunahme durch die Poinger Wachstumsbestrebungen aber ist es, an der man sich in der Nachbargemeinde stört. Auch die Höhenentwicklung in den Neubaugebieten ist den Plieningern ein Dorn im Auge. So sollen am östlichen Rand viergeschossige Häuser entstehen, die 12,70 Meter hohe Wände haben dürfen. Die Firsthöhe darf laut Bebauungsplan sechs Meter über Wandhöhe liegen, was 18,70 Meter möglich mache, so die Berechnungen aus der Plieninger Verwaltung - die selbst den Vergleich zu den nicht unumstrittenen Ratioform-Hallen in ihrem eigenen Gewerbegebiet in Landsham zieht: Die höhere davon ist 14,60 Meter hoch.

Die Poinger Wohnhäuser werden weniger als 50 Meter von der Plieninger Gemeindegrenze weg stehen - ein paar Felder liegen zwischen ihnen und Ottersberg. "Eine Eingrünung der geplanten Baugebiete zur offenen Landschaft" sei vorgesehen, so steht es in den Erläuterungen. Wie man so hohe Gebäude aber noch "angemessen eingrünen will, das soll mir mal jemand zeigen", schimpfte Martin Schmidt-Roschow, Leiter des Plieninger Bauamts.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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