Süddeutsche Zeitung

Neue Strategie gegen die Raumnot:Gedankenspiele über Realschul-Filiale

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Chronisch überbelegte Lehranstalt in Vaterstetten könnte eine Dependance in Haar bekommen. Eine Erweiterung wäre dann möglicherweise unnötig.

Wieland Bögel

Wenn das Geschäft richtig brummt, eröffnet der kluge Geschäftsmann eine Tochterniederlassung im Nachbarort. So könnte auch die seit Jahren chronisch überbelegte Staatliche Realschule Vaterstetten bald verfahren. Die Mitglieder des Zweckverbandes wollen prüfen, ob eine Schulfiliale in Haar möglich ist. Bei der Schulleitung stoßen diese Überlegungen indes auf scharfe Kritik.

In der Vergangenheit war öfter darüber spekuliert worden, dass in Haar oder Grasbrunn eine neue Realschule gegründet werden könnte, um die Schule in Vaterstetten zu entlasten. Rund 1100 Kinder lernen dort derzeit, und diese Zahl wird voraussichtlich in den kommenden Jahren kaum sinken. Der zuständige Sachbearbeiter im Landratsamt Johannes Dirscherl geht in seiner Prognose von durchschnittlich 1000 Schülern aus.

Etwa ein Drittel der Kinder wohnt im Landkreis München, doch dass für diese Schüler eine eigene Realschule entstehen kann, scheint unrealistisch, so die Münchner Landrätin Johanna Rumschöttel (SPD). "Nichts weist darauf hin, dass es bald eine neue Realschule in Haar oder Grasbrunn geben wird", stellte sie auf der Verbandsversammlung klar. Ihr Landkreis plane dies nicht. Denn es gebe eine klare Vorgabe aus dem Kultusministerium, wonach die Erweiterung bestehender Schulen einer Neugründung vorzuziehen sei. Außerdem bedeute eine neue Realschule im Landkreis München auch das Ende des Zweckverbandes, dem die Landkreise Ebersberg und München sowie mehrere Gemeinden aus beiden Kreisen angehören. "Der Landkreis München wird sicherlich nicht zwei Schulen unterstützen", stellte Rumschöttel klar.

Haars Bürgermeister Helmut Dworzak (SPD) hatte einen anderen Vorschlag. Der Zweckverband solle sich überlegen, ob eine Schule in zwei Häusern möglich sei. Denn die Realschule komme durch die geplante Erweiterung in Vaterstetten "langsam in eine Größe, die schwierig zu managen ist". Deshalb könne man einen Teil der Schüler in einer Zweigstelle in der Nachbargemeinde unterrichten. Der Haarer SPD-Gemeinderat Horst Wiedemann verwies auf die Vorteile einer Filialschule: "Eine Auslagerung entlastet die Verwaltung hier. Wir sollten außerdem vergleichen, was eine Erweiterung in Vaterstetten und was eine Dependance in Haar kosten würde."

Bei der Schulleitung stieß der Vorschlag einer Zweigstelle allerdings auf Kritik. "Die Kommunikation wird sehr viel schwieriger, das Handling wird der Wahnsinn und wir wollen keine Subkultur in der Filiale", sagte Direktorin Anita Ruppelt. Natürlich sei die beengte Situation in Vaterstetten mit Schwierigkeiten verbunden, "aber damit können wir umgehen".

Landrätin Rumschöttel schloss sich dem an: "Eine geteilte Schule ist der Horror für Schüler, Lehrer und Schulleitung." Schließlich müssten Kinder und Lehrer zwischen beiden Standorten pendeln. Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) gab zu bedenken, dass man die Schule in Vaterstetten auch bei Einrichtung einer Dependance in Haar erweitern müsse. "Bestimmte Sachen wie Ganztagsbetreuung, neue Fachräume und das Lehrerzimmer müssen hier trotzdem gemacht werden."

"Man kann das natürlich nicht aussitzen, bis in Haar vielleicht etwas Neues kommt", gab Dworzak zu. Er sei nicht grundsätzlich gegen eine neue Erweiterung in Vaterstetten, "aber ich hätte bloß gerne mal eine klare Antwort, ob die Realschule nach Haar kommt, oder nicht". Man solle deshalb im Kultusministerium anfragen, ob Vaterstetten eine Zweitniederlassung in der Nachbargemeinde gründen dürfe oder ob sogar eine eigene Realschule dort möglich sei, so Dworzak.

Dem schlossen sich die übrigen Mitglieder des Zweckverbandes an. Ohne Gegenstimmen wurde beschlossen, dass die Verwaltung neben einer Erweiterung des Stammsitzes in Vaterstetten auch die Möglichkeit einer Filiale und einer Neugründung in Haar prüfen soll. Beim Kultusministerium soll eine entsprechende Anfrage gestellt werden.

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SZ vom 17.12.2012
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