Süddeutsche Zeitung

Neue Schule in Vaterstetten:Prädikat Umweltschule

Die neue Grund- und Mittelschule Vaterstetten ist am Freitag offiziell eingeweiht worden - in Betrieb ist sie bereits seit Herbst

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Den bayerischen Kultusminister Michael Piazolo (FW) treibt es in diesen Tagen oft in den Landkreis Ebersberg, am vorigen Freitag nach Grafing zur Benennungsfeier des Gymnasiums nach Max-Mannheimer, diesen Freitag nach Vaterstetten zur offiziellen Einweihung der neuen Grund- und Mittelschule. Und immer trifft er dabei auf Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der in der neuen Aula scherzend fragte, ob Piazolo am Freitag kommender Woche auch wieder Zeit habe. Allerdings wird dann wohl nicht schon wieder eine Schule fertig, oder, wie in Grafing, eine Teilsanierung gefeiert werden. Schließlich sind in Vaterstetten gerade erst 45 Millionen in dem u-förmigen Neubau für die vierzügige Grund- und die einzügige Mittelschule mit Mittagsbetreuung sowie eine Dreifachturnhalle mit Schwimmhalle verbaut worden. Elf hat der Freistaat zugeschossen.

Um das Projekt zu stemmen, hat die Gemeinde, wie Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) vor den Gästen aus Gemeinde- und Landkreisvertretern, Schulamt, Lehrerkollegium und den beiden Kirchen erläuterte, einige gemeindeeigene Flächen einbringen und andere "für guten Marktwert" veräußern müssen. Der Gebäudekomplex ersetzt die in die Jahre gekommenen Schulen an der Gluck- und Johann-Strauß- Straße. Der dritte Teil der Dreifachturnhalle soll auch den Schülern des Humboldt-Gymnasiums zur Verfügung stehen, Turnhalle wie Schwimmhalle das Freizeitangebot der Gemeinde bereichern.

Noch warten in den Außenanlagen Bagger auf ihren letzten Einsatz, auch das Schwimmbad ist - nach einem massiven Wasserschaden, der die Fertigstellung verzögerte - noch nicht zur Benutzung frei gegeben. Die 466 Schüler mit ihren rund 45 Lehrkräften, Schulleiterin Catherine Aicher und Hausmeister Erwin Königsbauer konnten dennoch bereits im Herbst die neuen Räume in Besitz nehmen. Der nach Baubeginn Anfang 2017 geplante Einzug zu Beginn des Schuljahres 2019/2020 sei allerdings, wie alle Redner mit Bezug auf das von Schülern der Mittelschule dargebotene Bläserstück betonten, beinahe eine "Mission Impossible" geworden.

Von einem engen finanziellen Korsett sprach Architekt Franz Balda. Es sei keine einfache Sache eine Schule zu bauen, die erste Kostenschätzung seiner Agentur - die Nachricht vom Gewinn der Ausschreibung im Juli 2014 hatte man spontan bis in die Nacht gefeiert - habe man den Auftraggebern gar nicht erst verraten, sondern erst einmal auf 40 Millionen herunter gerechnet. EU-weite Vergabe-Richtlinien könnten so einen engen Terminplan unter anderem leicht konterkarieren, sagte er kryptisch, "da liegt so ein Bau schnell ein halbes Jahr auf Eis". Umso schöner sei es bei seinen Rundgängen durchs Haus während der Unterrichtszeit zu sehen gewesen, dass das in den Bau eingeflossene pädagogische Konzept "an dieser Schule wirklich gelebt" werde. Ein Konzept, in dem, wie Schulleiterin Aicher betonte, Teamkultur ebenso hoch geschätzt werde wie Innovationen und technisch neueste Ausstattung. Bis zum Boden reichende Fenster, Sichtachsen, viel Glas, die Möglichkeit zum gemeinsamen Mittagessen in der Mensa und anderes mehr erfülle perfekt den Satz der Architektin und Dozentin Prue Chilles: "Eine Schule sollte so umwerfend sein, dass sich Schüler gerne mit ihr identifizieren." Ein Konzept, das aber vor allem auch von zwei stilbildenden Prinzipien geprägt sein soll. Zum einen soll auf Umwelterziehung unter dem Titel "Umweltschule" besonderer Wert gelegt werden.

Zum anderen hat sich auch in Vaterstetten die Schulfamilie dafür ausgesprochen, der Einrichtung einen Namen mit besonderer Bedeutung zu geben. Vom 1. März an darf sie sich offiziell Karlheinz-Böhm-Grund-und-Mittelschule nennen. Mit der Ehrung des Schauspielers, langjährigen Bürgers von Vaterstetten und Gründers der ersten deutsch-äthiopischen Städtepartnerschaft sei ein "starkes Signal gesetzt" worden, erklärte Landrat Niedergesäß. Böhm stehe mit seinem Einsatz gegen Ungerechtigkeit in der Welt für Mut und Verantwortung. Sein Motto "Menschen für Menschen", passe perfekt zu einer Schule, befand auch Minister Piazolo. Die Vorstellung von Schule habe sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert, sowohl was die baulichen Voraussetzungen angehe als auch im Hinblick auf ihre Inhalte. Da komme es "auf die Lehrerinnen und Lehrer an", erklärte er. Die werden es gerne gehört haben, droht ihnen doch gerade jetzt eine Erhöhung ihres Stundenkontingents ohne Lohnausgleich, um den Lehrermangel an Grund- und Mittelschulen auszugleichen.

Schulleiterin Aicher kommentierte Piazolos Worte entsprechend: "Worte der Wertschätzung tun uns Lehrern momentan gut." Das sollte jedoch der einzige misstönende Unterton an diesem hochoffiziellen Schultag bleiben, an dem nur und bis auf ein paar Ausnahmen die Schüler fehlten. Die werden ihre Einweihungsfeier aber auch noch bekommen, mit einem großen Sommerfest, kündigte Schulleiterin Aicher an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4770940
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.01.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.