Neue Planung:Höchste Eisenbahn

Lesezeit: 3 min

Seit langem wird für die Bücherei ein neues Domizil gesucht. Die alten Räume sind zu klein und außerdem renovierungsbedürftig. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Baldham soll ein Wohnhochhaus für DB-Mitarbeiter entstehen, ins Erdgeschoss könnte die Gemeindebücherei einziehen. Allerdings treffen die Baupläne des Schienenkonzerns nicht in allen Details auf Zustimmung der Verwaltung

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Bahn will hoch hinaus, und zwar am Baldhamer Bahnhof. Dort, so war es nun im Gemeinderat zu erfahren, plant der Schienenkonzern ein mindestens fünfstöckiges Gebäude für Mitarbeiterwohnungen. Wie viel vom derzeitigen S-Bahn-Parkplatz dafür überbaut werden soll, ist noch nicht klar. Dafür aber, was in dem Gebäude sonst noch unterkommen könnte: die Gemeindebücherei.

Für diese wird nun schon seit geraumer Zeit ein neues Domizil gesucht. Denn erstens ist das aktuelle Gebäude viel zu klein geworden und auch nicht mehr im allerbesten Zustand. Zweitens plant die Gemeinde in den kommenden Jahren ein größeres Wohnbauprojekt auf dem Grundstück, dann nämlich, wenn die Schule in ihr neues Gebäude am Sportpark umgezogen ist und der Altbau irgendwann nicht mehr für die Kinderbetreuung nötig sein sollte. Idealerweise könnte auch das Büchereigrundstück Teil des neuen Wohngebietes werden - wenn eben die Bibliothek bis dahin ein neues Heim gefunden hat.

Mehrere dafür mögliche Standorte hatte die Verwaltung untersucht, genau wie die Option, die alte Bücherei zu sanieren. Diese Möglichkeit stößt allerdings weder dort noch im Gemeinderat auf große Zustimmung, die Kosten sind schwer kalkulierbar und mehr Platz entsteht so natürlich auch nicht. Auch zwei Neubauvarianten gelten mittlerweile als unbrauchbar. Zum einen auf einem Grundstück südlich der S-Bahn in Baldham, dieses ist zu klein und gehört außerdem nur zum Teil der Gemeinde. Ebenfalls als ausgeschlossen gilt ein Neubau im Rossinizentrum, wo die Gemeinde auch ein Grundstück besitzt. Allerdings wäre dies nur nutzbar, würde das Rossinizentrum umgebaut und erweitert. Ein Plan, der vergangenes Jahr von einigen Eigentümern des Komplexes ins Gespräch gebracht, von anderen indes strikt abgelehnt wurde. Wegen dieser Uneinigkeit, so die Einschätzung der Verwaltung, sei "eine Realisierung auf absehbare Zeit ausgeschlossen". Bleiben noch drei Optionen, die unwahrscheinlichste - wenn auch der Favorit von Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) - ist wohl eine Bücherei im neuen Vaterstettener Ortszentrum. Dessen Realisierung ist indes nicht viel realistischer als der Umbau des Rossinizentrums. Mehrere Anläufe dazu sind in den vergangenen Jahren vor allem am Finanziellen gescheitert, daran hat sich bis heute nichts geändert. Ebenfalls teuer käme ein Neubau auf dem Schulareal. Einerseits wegen der Baukosten, andererseits wegen entgangener Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf. Und da kommt der Neubau der Bahn ins Spiel. Der Schienenkonzern hat angeboten, der Gemeinde das Erdgeschoss für die Bücherei zu vermieten. Die Verwaltung kalkuliert hier mit 13 bis 14 Euro pro Monat und Quadratmeter, bei 1000 Quadratmetern nicht unbedingt ein Schnäppchen. Dafür könnte sich die Gemeinde aber die Neubaukosten - je nach Größe und Ausstattung drei bis vier Millionen Euro - sparen.

Allerdings, auch das wurde in der Sitzung deutlich, verlangt die Bahn neben der Miete noch eine andere Gegenleistung: einen neuen Bebauungsplan. Der aktuell gültige entstand vor mehr als zehn Jahren im Zuge der Pläne für ein Bildungs- und Unterhaltungszentrum am Bahnhof. Dort sollte unter anderem ein großes Gebäude für die VHS und ein Kino entstehen. Allerdings setzte man damit auch eine Obergrenze fest: Kein Gebäude sollte mehr als 14 Meter aufragen.

Und genau damit scheint die Bahn ein Problem zu haben. Wie hoch das Gebäude mit den Mitarbeiterwohnungen genau werden soll, wollte Bauamtsleiterin Brigitte Littke in der öffentlichen Gemeinderatssitzung nicht sagen, erklärte aber, dass man genau über diesen Punkt mit der Bahn noch verhandeln müsse. Bei einer Übereinkunft könnte man dem Gemeinderat in der Mai-Sitzung schon eine erste Planung vorlegen, Baubeginn könnte dann ein Jahr darauf sein.

Sepp Mittermeier (SPD) forderte, die Verwaltung solle die Bücherei-Variante an der Bahn bevorzugt weiterverfolgen. Seine Fraktion hatte bereits vor Jahren einen Büchereistandort am Bahnhof gefordert, "und wir sind immer noch der Meinung, dass es der beste ist". Wichtig sei daher nun, "dass man bald mit der Bahn zu Potte kommt". Darauf, dass dies gelingt, "würde ich nicht wetten", meinte dagegen Axel Weingärtner (Grüne). Grundsätzlich seien die Grünen "für beide Standorte offen", er habe aber Zweifel, dass die Miet-Lösung wirklich wirtschaftlicher sei.

Benedikt Weber (CSU) mahnte an, "die verkehrliche Situation" nicht aus den Augen zu verlieren - "die ist ja jetzt schon nicht so toll". Tatsächlich hatte der Bauausschuss vor ein paar Wochen ein Wohnbauprojekt unmittelbar südlich des Bahngrundstücks in der Finkenstraße genau wegen dieser Problematik abgelehnt. Weber erinnerte an die ursprünglichen Pläne für eine zweistöckige Tiefgarage, die für das VHS-Haus hätte gebaut werden sollen. Dies könne man realistischerweise von keinem Bauwerber verlangen, so Littke, "das ist auch ein wirtschaftliches Thema, wenn die Standards zu hoch sind, baut keiner". Bahnmitarbeiter könnten doch ohnehin mit der Bahn kommen, meinten Mittermeier und Renate Will.

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: