Neue Perspektiven:Zimmer mit Aussicht

Neue Perspektiven: Felix Aschauer und Helga Wölkart haben schon viele Pläne für die neue Groß-WG nahe an der Ebersberger Innenstadt.

Felix Aschauer und Helga Wölkart haben schon viele Pläne für die neue Groß-WG nahe an der Ebersberger Innenstadt.

(Foto: Christian Endt)

Das Ebersberger Wohnhaus für Mitarbeiter der Steinhöringer Werkstätten nimmt Gestalt an

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

Der Blick vom großen Wohnzimmerfenster im ersten Stock fällt auf Estrichsilos, daneben parken Lieferwagen der Baufirmen. Noch sind im Innenhof Holzbretter verlegt, die den Arbeitern den matschigen Weg ins Gebäude erleichtern. Im kommenden Jahr könnten dort bereits behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam auf einer Großleinwand Fußball schauen. Oder mal ein Fest feiern, sich spontan mit Nachbarn treffen. Helga Wölkart und Felix Aschauer, Bereichsleiterin und Teamleiter im Einrichtungsverbund Steinhöring, haben viele Ideen für die künftigen Bewohner des Neubaus an der Gärtnereistraße 2 a. Das Haus soll Menschen mit Mehrfachbehinderung beherbergen und ihnen die Teilhabe am Stadtleben ermöglichen.

Die Lage der ersten Außenwohngruppe des Betreuungszentrums Steinhöring für Mehrfachbehinderte in der Kreisstadt ist geradezu ideal: Nur 750 Meter vom Marktplatz entfernt bietet der Standort kurze Wege zum Einkaufen, zur S-Bahn. Ein Seniorenheim als direkten Nachbarn, das Jugendzentrum um die Ecke und kulturelle Organisationen wie das Alte Kino sind zu Fuß erreichbar. Felix Aschauer schwärmt: "Wir sind in Ebersberg mittendrin." Man könne kulturelle Angebote nutzen. Erste Kontakte zur offenen Behindertenarbeit habe er bereits geknüpft. Mit einem Schmunzeln merkt er an: "Wir werden die Kreisstadt und ihre Cafés auf Barrierefreiheit testen."

Die neue Haus umfasst auf drei Etagen 1100 Quadratmeter Wohnfläche. In jedem Stockwerk ist Platz für eine Wohngruppe mit acht Menschen. Jeder Bewohner hat ein eigenes, großzügig geschnittenes Zimmer mit Ausblick und, mit wenigen Ausnahmen, ein eigenes Bad. Breite Türen und Korridore, ebenerdig begehbare Duschen, behindertengerechte Toiletten - das Haus ist vollkommen barrierefrei konzipiert. Auf jeder Etage führt ein offener Korridor in eine 60 Quadratmeter große Wohnküche, die über eine Terrasse oder einen Balkon zum Innenhof verfügt. Im Keller wird sich Felix Aschauer ein Büro einrichten, in dem er sich auch mit Angehörigen besprechen kann. Direkt daneben sind Gemeinschaftsräume geplant, die als Therapie- oder Konferenzzimmer dienen können. Weil außen die Schächte freigelegt wurden, fällt Licht in die dunklen Kellerräume.

Dass dieses Haus für den Einrichtungsverbund Steinhöring gewissermaßen maßgeschneidert wird, ist einem Zufall zu verdanken. Bauherr Gerhard Weber las einen Bericht über den Mangel an Wohnangeboten für Behinderte im Betreuungszentrum. Er plante ein Mehrfamilienhaus und fragte in Steinhöring, ob man eine Wohnung einrichten wolle. Die Steinhöringer nahmen gleich die ganze Immobilie. Und Bauherr Weber gelang es, zusammen mit dem Bezirk die Belange der künftigen Bewohner mit den Vorschriften der Behörden, dem Brand- und Lärmschutz unter einen Hut zu bringen.

Ein Glücksfall für Gertrud Hanslmeier-Prockl, die Gesamtleiterin des Einrichtungsverbunds. "Das sind Wohnplätze, für die wir einen riesigen Bedarf haben", sagte sie beim Spatenstich im Sommer 2017. Viele der Mitarbeiter in den Förder- und Werkstätten wohnen noch bei den Eltern zuhause. Nicht unbedingt, weil sie das wollen, sondern mangels Alternativen. Wenn jetzt im kommenden April die ersten Bewohner einziehen werden, bleiben noch etwa 60 Interessierte auf der Warteliste übrig, die gern in den nächsten Jahren in eine Außenwohngruppe ziehen wollen. In den kommenden drei Jahren wird der Einrichtungsverbund in Grafing ein eigenes Wohnhaus realisieren. Man sei schon in Verhandlung mit der Pfarrkirchenstiftung, berichtet Gertrud Hanslmeier-Prockl. "Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, unsere Mitarbeiter in kleineren dezentralen Wohngruppen unterzubringen und ihnen auf diese Weise mehr Teilhabe am Leben zu bieten", sagt die Leiterin des Einrichtungsverbundes.

Die künftigen Bewohner in Ebersberg sind zwischen Anfang 20 und Mitte 40. Sie profitieren von einem Nachtdienst, den es in der Unterkunft geben wird. An den Wochenenden werden die Betreuer, die ihnen durch den Alltag helfen, mit ihnen zusammen die Freizeit gestalten. Für eben diese Aufgaben sucht der Einrichtungsverbund Mitarbeiter: Fachkräfte wie Heilerziehungspfleger, Pädagogen oder Erzieher sowie Betreuungshelfer, "gerne auch Quereinsteiger", sagen Helga Wölkart und Felix Aschauer. Die Teamleiter freuen sich über den Fortschritt der Bauarbeiten. Die Außenwände sind gestrichen, das Dach ist drauf. Innen freilich fehlt es noch an beinahe allem.

Interessierte finden weitere Informationen auf der Webseite des Einrichtungsverbundes Steinhöring unter www.evs-steinhoering.de/stellenangebote oder per Telefon (08094) 182-330.

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