Neue Initiative:Gegen die Plastik-Flut

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Kurt Scholz, Sprecher der Agendagruppe, hat bei ersten Treffen bereits mehrere Mitstreiter gefunden, die sich mit ihm für ein plastikfreies Ebersberg einsetzen wollen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der Kreisstadt will eine Agendagruppe dazu beitragen, dass weniger Einwegverpackungen weggeworfen werden. Im Oktober startet eine neue Veranstaltungsreihe mit praktischen Tipps

Von Franziska Spiecker, Ebersberg

Ob Malaysia, Thailand oder Indonesien - brennende Berge von Plastikmüll, importiert aus westlichen Industriestaaten, sind in vielen südostasiatischen Ländern ein Problem. Besonders seit China, der ehemals größte Plastikimporteur, im vergangenen Jahr einen Importstopp auf ausländisches Plastik verhängte. Eine Aktion, die auf ein großes Medienecho stieß und viele Deutsche hinsichtlich des hiesigen Recyclingsystems desillusionierte. So auch Kurt Scholz, den Sprecher der Agenda-Gruppe "Konsummuster, Energie, Gesundheit und Lebensstil" der Stadt Ebersberg.

"Dann erfährt man, dass der ganze Scheißdreck einfach ins Ausland abgeschoben wird", beschreibt der 67-Jährige die Schockwirkung, die der chinesische Importstopp auf ihn hatte. Er habe daraufhin beschlossen, sich mit seiner Agendagruppe für ein plastikfreies Ebersberg einzusetzen. Doch wie realistisch ist dieses Ziel im Landkreis? "In jedem Kuhdorf gibt es schon einen Vortrag zu dem Thema", erklärt der Plastikfrei-Aktivist, allgemein sei die Anzahl der Leute im Landkreis, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hätten, sehr hoch: "Ich möchte fast sagen, in Ebersberg sind wir die letzten."

Um das zu ändern, hat seine Agendagruppe Mitte März einen ersten Erfahrungsaustausch zum Thema "Plastikfrei in Ebersberg" im Sitzungssaal des Rathauses veranstaltet. "Fast 40 Leute waren da", berichtet Scholz erstaunt, "vom Plastik-Anfänger bis zum Plastikfrei-Profi war alles dabei." Besonders habe ihn gefreut, dass auch drei Familien mit Kindern und zwei Lehrkräfte, die das Thema in ihrem Unterricht anbringen wollen, mitdiskutiert haben, wie man Plastik im Privaten abschwören könne. Denn die jüngere Generation sei im Unterschied zu den Älteren, die wie er noch die "Plastikvorzeit" miterlebt haben, ganz natürlich mit Plastik aufgewachsen.

Das Ziel der Agendagruppe ist demnach, "dass die Leute den Schalter im Kopf umlegen und bewusst mit dem Thema umgehen". Ihr Hauptansatz laute dabei: Hilfestellung geben und Alternativen aufzeigen, so Scholz. Er selbst stelle zum Beispiel beim Metzger sofort seinen mitgebrachten Behälter auf den Tresen, damit die Wurst dort ohne Plastiktrennfolien oder Papier abgelegt werden könne.

Am einfachsten wäre das natürlich, wenn es Läden gäbe, die ihre Produkte verpackungsfrei verkaufen würden - eine Teilnehmerin des Erfahrungsaustausches habe daher genau das für den Landkreis gefordert, berichtet Scholz. Bislang gibt es hier nämlich keine Unverpackt-Läden - im Unterschied zu vielen anderen deutschen Städten wie zum Beispiel München, Freising oder Rosenheim.

Ob sich das in naher Zukunft ändern wird? Scholz ist optimistisch: "In den nächsten fünf Jahren ist das durchaus möglich." In Ebersberg wohnten ja nicht die Ärmsten, und auf dem ersten "Plastikfrei"-Treffen seien viele bereit gewesen, gewisse "Opfer" zu bringen. Denn - auch das wurde bei dem Treffen angesprochen - verpackungsfrei Einkaufen hat seinen Preis: sei es für die oftmals etwas teurere Ware oder für die Vorbereitung, die es kostet, genug Behälter mitzubringen. Scholz ist dennoch überzeugt, dass die Ebersberger Kunden Einfluss auf die schon vorhandenen Bioläden ausüben könnten: "Wenn jeder Dritte fragt: Wie kann ich verpackungsfrei einkaufen? Übt das Druck aus?" Ein zunehmendes Bewusstsein sehe man auch schon bei Supermarktketten wie Rewe, Lidl oder Aldi, wo die vormals in Plastik gewickelte Biogurke nunmehr in Papier oder verpackungsfrei erhältlich sei.

Auch an den mittlerweile gesetzlich geregelten, kostenpflichtigen Plastiktüten im Supermarkt werde sichtbar, dass sich etwas tue, sagt der Sprecher der Agendagruppe. Ein Beispiel, dass zugleich die Grenzen des privaten und die Effektivität des politischen Handelns verdeutlicht. Ein anderes, das beim "Plastikfrei"-Treffen zur Sprache kam, ist die Problematik des Verbundplastiks. Wenn ein Verpackungsmaterial aus verschiedenen Plastikkarten bestehe, also wenn zum Beispiel eine Wurst in einer festen Plastikschale liege, aber von Weichplastik abgedeckt werde, könne das Plastik nicht mehr recycelt werden, erklärt Scholz. Die Teilnehmer forderten daher gesetzliche Vorgaben.

Doch auch selbst wollen sie einiges tun, um ihrem Ziel näherzukommen. Im Oktober beginnt eine Veranstaltungsreihe, in der alle Interessierten viele praktische Tipps bekommen können. Beispielsweise werden Brotbeutel und Gemüsenetze genäht, Körperpflegemittel und Putzmittel selbst hergestellt und Bienenwachstücher fabriziert, die zum Einpacken von Lebensmitteln dienen. Der erste Termin ist am Montag, 7. Oktober, 20 Uhr, im katholischen Pfarrheim in der Baldestraße.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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