Neue Ausrichtung:"Bündnis für Grafing" kündigt Rückzug aus Stadtrat an

BFG

Heinz Fröhlich, Marlene Ottinger und Yukiko Nave (rechts) bilden derzeit die BfG-Fraktion im Grafinger Stadtrat.

(Foto: Privat)

"Es herrscht eine ganz klare Antipathie gegenüber uns, speziell gegenüber mir", teilt einer der Nochstadträte des BfG mit. Bald soll die Zusammenarbeit enden.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Es ist nur ein Satz, fast am Ende einer dazu vergleichsweise nebensächlichen Terminankündigung. Aber dieser Satz hat es in sich: "Die drei Stadträte, die derzeit das 'Bündnis für Grafing' im Stadtrat vertreten, Marlene Ottinger, Yukiko Nave und Heinz Fröhlich, wollen sich zwar auch der nächsten Wahlperiode weiterhin für das BfG engagieren, allerdings nicht mehr als Mandatsträger*innen." Es ist die Rückzugsankündigung einer ebenso umstrittenen wie aktiven Stadtratsfraktion.

Diese Errungenschaften aufzuzählen macht den großen Rest der Mitteilung aus. Mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) befände sich gerade eines der BfG-"Kernziele" in der Ausarbeitung, heißt es etwa. Zwar konnte das VHS-Gebäude in der Rotter Straße 8 "aufgrund des Widerstands der anderen Fraktionen noch nicht saniert werden".

Immerhin habe man per Bürgerbegehren aber erreicht, dass Gebäude und Grundstück im Eigentum der Stadt blieben. Per Bürgerentscheid hätte das Bündnis auch den verkürzten Weihnachtsmarkt verhindert. "Immer wieder beantragt es Tagesordnungspunkte öffentlich zu behandeln, damit die Arbeit des Stadtrates möglichst transparent und nachvollziehbar ist."

"Es herrscht eine ganz klare Antipathie gegenüber uns, speziell gegenüber mir"

Eine Basis, die Arbeit weiterzuführen, sieht das BfG mittlerweile allerdings nicht mehr. "Es herrscht eine ganz klare Antipathie gegenüber uns, speziell gegenüber mir", sagt Heinz Fröhlich auf Nachfrage der SZ. "Das verunmöglicht eine politische konstruktive Arbeit im Stadtrat."

Zu erzählen hatten sich die BfG-Wortführer Fröhlich mit dessen Frau Marlene Ottinger und der große Rest des Stadtrats spätestens seit vergangenem Sommer nichts mehr. Fröhlich erhielt da gerade einen Strafbefehl über 9000 Euro. In seiner Zeit als Finanzvorstand des Grafinger "Fair"-Ladens hatte er Geld der Genossenschaft auf sein eigenes Konto transferiert.

Untreue ist eine schlimme Sache, keine Frage. Im Kontext eines "Fair"-Ladens erst recht. Doch juristisch betrachtet rangiert der Strafbefehl deutlich unter der Grenze, bei der Mandatsträger ihre Mandate abzugeben haben. Das betonte mit der Staatsanwaltschaft sogar Fröhlichs einstige Anklägerin.

Dennoch initiierte seine frühere politische Heimat, die Grünen-Fraktion, im Stadtrat ein Schreiben. Fröhlich möge umgehend sein Stadtratsmandat niederlegen. Er hätte "Ansehen und Integrität des Gremiums (...) in absolut unverantwortlicher Weise beschädigt". Der einzige nicht-BfG-Stadtrat, der seine Unterschrift ausdrücklich verweigerte, war Ernst Böhm (SPD).

Die Erklärung sei alttestamentarisch und fuße allen voran auf "Altlasten im Stadtrat" und darauf, dass Teile der Bürgerschaft ein Opfer forderten, begründete er. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) verlas das Schreiben in öffentlicher Stadtratssitzung. Fröhlich ließ das Gremium bei nächster Gelegenheit wissen: Gefallen seien von ihm keine mehr zu erwarten - im Gegenteil.

Die Anfänge eines Clinchs

Angefangen hatte der Clinch freilich viel früher. Im Herbst 2011 krachte es zwischen dem Duo Fröhlich/Ottinger und dem Rest der damaligen Grafinger Grünen-Führungsriege. Die beiden traten aus und gründeten das BfG. "Die Grünen haben sich zu sehr an die CSU gehängt", erklärt Fröhlich.

Die Version der Grünen heißt: Fröhlich, der einstige Grünen-Kreisvorstand, sei damit lediglich seinem Rauswurf zuvorgekommen. Ottinger und Fröhlich würden auch innerparteilich einen auf Konfrontation basierenden Politikstil pflegen, wie er nicht länger hinnehmbar gewesen sei.

Im Zweifel für die politische Aktion, lautete fortan die BfG-Devise. Am besten sofort, lieber heute, als morgen. Doch zwischen ISEK-, "RO8"- und Weihnachtsmarkvorstößen mischten sich eben auch Forderungen von fragwürdiger Praxistauglichkeit. Der Vorschlag einer zweiten Grundschule im Westen der Stadt zum Beispiel. Dabei sinkt die Anzahl der Grafinger Grundschüler auf absehbare Zeit eher, als dass sie steigt.

Gleichwohl: Inhaltlich ist die Fraktion weniger isoliert, als das der gegenseitige Umgang im Stadtrat suggerieren mag. "Wenn die doch vorher einfach mal anrufen würden", sagte vor einer Weile ein Gremiumsmitglied seufzend. Es kämen ja durchaus diskutable Vorschläge vom BfG. "Mit weniger Schärfe wäre wahrscheinlich einiges davon mehrheitsfähig." Doch nicht mit Hauruck und zack, zack.

"Aber es ist ja nicht so, dass Stadtpolitik nur im Stadtrat gemacht wird", sagte Yukiko Nave der SZ. Fröhlich bekräftigte, dass der Rückzug aus der Stadtratsarbeit keinem Rückzug aus der Politik gleichkomme. Und auch keiner Abkehr von seinem linken Profil.

Wer will, kann das als Hinweis auf eine neue BfG-Strategie interpretieren - auf das Instrumentarium der Bürgerentscheide. Erfahrung ist bekanntlich vorhanden.

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