Neue Attraktion:Die Welt zu Gast in Glonn

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Der bislang einzige Energielehrpfad im Landkreis lockt immer mehr Besucher aus fernen Ländern an. Zuständig für die mitunter sehr aufwendigen Führungen ist Renate Glaser vom Aktionskreis Energiewende Glonn (AEG)

Von Anja Blum

Dass Menschen aus der nahen Landeshauptstadt in das kleine, schöne Glonn fahren, um die ländliche Idylle zu genießen, ist nichts Neues. Seit einiger Zeit aber pilgern Menschen aus der ganzen Welt in die Marktgemeinde - um dort etwas zu lernen. Der Grund ist, dass Glonn in Sachen Energiewende so einiges zu bieten hat, das sich andere Kommunen abschauen können. Erst vor ein paar Tagen zum Beispiel war eine große Delegation aus Süd-Ost-Europa zu Besuch. Als Gastgeberin fungierte Renate Glaser vom Aktionskreis Energiewende Glonn (AEG), die außerdem Kreis- und Gemeinderätin der SPD ist.

SZ: Frau Glaser, wie kommt es, dass sich neuerdings so viele Menschen aus aller Herren Länder für Glonn interessieren?

Renate Glaser: Das wichtigste Thema sind wohl die Bioenergiedörfer, von denen wir gleich zwei zu bieten haben, nämlich Schlacht und Reinstorf-Steinhausen. Darüber werden viele Interessierte im Internet auf uns aufmerksam. Aber wir haben auch sonst viel getan, um das Thema Energie präsent zu machen - und haben alles gebündelt im Glonner Energielehrpfad. Er beinhaltet 27 Stationen, die jeweils einen Beitrag zur Energiewende vorstellen: Maßnahmen zur Einsparung, zur Effizienzsteigerung, die Verwendung verschiedener regenerativer Energieformen sowie Gesamtkonzepte. Vom Passivhaus über Wasserkraft bis hin zu Biogas.

Eine Modellkarte mit regenerativen Energiequellen rund um den Raum Glonn. Eine Mehrheit der Bürger aus Schlacht, Kreuz und Herrmannsdorf hat sich in einer Bürgerbefragung gegen die Errichtung von Windkraftanlagen ausgesprochen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aber Tafeln, auf denen so etwas erklärt wird, gibt es doch an vielen Orten...

Ja, aber unser Pfad ist trotzdem etwas ganz Besonderes, weil hinter jeder Station tatsächlich ein Mensch mit einer Idee steht. Und diese Menschen kann man bei Führungen auch treffen, sich also aus erster Hand informieren. Und es scheint sich derzeit wirklich eine Art Energietourismus zu entwickeln, der gerne solche Ziele wählt.

Wie viele Menschen haben den Lehrpfad, den es seit drei Jahren gibt, besucht?

Der AEG hat etwa 1000 geführte Besucher gezählt, davon viele Schulklassen und die Teilnehmer unserer Radltouren "Wasserkraft trifft Muskelkraft". Von der Broschüre haben wir 5000 Exemplare drucken lassen, davon sind noch etwa 2000 übrig. Die Broschüre verteilen wir natürlich bei den Führungen, ansonsten gibt es sie zum Mitnehmen an der großen Übersichtskarte beim Rathaus und an der Wiesmühle. Das bedeutet, dass sich noch etwa weitere 2000 Besucher auf eigene Faust auf den Lehrpfad begeben haben oder zumindest Interesse daran hatten.

Renate Glaser ist Politikerin, Ärztin, Musikpädagogin und Mediatorin. Sie lebt im Geburtshaus der Schriftstellerin Lena Christ, das saniert wurde und Teil des Lehrpfads ist. (Foto: privat)

Und schon alleine das ist gut?

Natürlich. Der Lehrpfad ist ein sehr niederschwelliges Angebot - und das ist uns auch wichtig. Er soll erst einmal Interesse wecken, Denkanstöße geben und die Menschen staunen lassen. Ob sich daraus dann konkrete Folgen entwickeln - also neue Anlagen oder andere Maßnahmen - ist zweitrangig.

Was für Gruppen buchen Führungen?

Das sind oft gemischte Delegationen aus Politikern und Unternehmern aus einem Ort. Wir hatten schon Besuch aus Japan, Korea und Polen. Und die letzte Gruppe aus Süd-Ost-Europa hat eine ganz hochoffizielle Studienreise zum Thema Bioenergie unternommen. Das war sehr professionell und von der EU gefördert.

Welche Themen rufen besonders großes Interesse bei ausländischen Gästen hervor?

Ich denke, die diversen Werke und Kopplungen von Techniken. Und dabei vor allem die Holzvergasung. Aber auch die vielen Mühlen sind natürlich eine Glonner Besonderheit.

Wie sehen die Führungen, die man über den AEG buchen kann, genau aus?

Ganz unterschiedlich, denn sie werden bei Bedarf individuell konzipiert. Das heißt, man kann sich verschiedene Stationen aussuchen und auch den Grad der Vertiefung. Da macht es natürlich einen Unterschied, ob man Schüler vor sich hat oder Fachpublikum.

Renate Glaser erklärt einer Delegation aus Süd-Ost-Europa, wie die Kommune die Wende schaffen will. (Foto: AEG)

Gerade letzteres ist wahrscheinlich ganz schön anspruchsvoll...

Ja, da geht es dann schon ins Detail, und das Ganze auch noch auf Englisch. Für die Delegation aus Süd-Ost-Europa zum Beispiel hatte ich ein komplettes Tagesprogramm zusammenzustellen. Da habe ich schon ziemlich lange dran gepuzzelt.

Und dabei fallen diese Führungen noch unter Ihr ehrenamtliches Engagement?

Ja, genauso wie bei den Objektbesitzern, die sich an ihren Stationen zur Verfügung stellen. Die können nämlich ihre Anlagen am allerbesten präsentieren, mir fehlt da in vielen Bereichen die Fachkompetenz.

Wo liegt denn Ihr Schwerpunkt?

Eher auf dem Politischen. Ich erzähle, wie es gelingen kann, die Bürger an Projekten für die Energiewende zu beteiligen. Ich bin einfach kein Zahlenmensch.

Noch einmal zurück zum Finanziellen: Die Führungen sind kostenlos?

Ja, wir bitten aber immer um eine Spende für den Verein. Ansonsten freuen wir uns, wenn wir der Sache dienen und ihr Aufmerksamkeit verschaffen können.

Nehmen Sie persönlich auch etwas aus den Begegnungen mit?

Unbedingt. Gerade den Kontakt mit ausländischen Gästen empfinde ich als sehr bereichernd. Wie ticken die? Welche Wege schlagen sie ein? Mit Japanern über den Atomausstieg zu sprechen, war zum Beispiel sehr interessant.

Und wie sehen die Zukunftspläne für den Energielehrpfad aus?

Da wir gerade erst zwei neue Tafeln aufgestellt haben - eine für die Autoteiler und eine zum Thema Wärmepumpen - geht es nun darum, die Nachfrage weiter anzukurbeln.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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