Süddeutsche Zeitung

Neue Anlage in Pliening:Zuhause bis ins hohe Alter

Der Gemeinderat fällt einen Billigungsbeschluss für ein erstes Baukonzept, das Senioren in barrierefreien Wohnungen oder Wohngemeinschaften in der Ortsmitte eine neue Heimat bieten und zugleich Anlaufstelle und Mittelpunkt in der Gemeinde werden soll

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Zuletzt waren die Meinungen im Hinblick auf eine Seniorenanlage für Pliening noch nicht ganz so einheitlich gewesen. Im August vergangenen Jahres hatte der vorhergehende Gemeinderat über ein klassisches Pflegeheim versus einem offenen Konzept mit barrierefreien Wohnungen für Senioren, betreuten Wohngemeinschaften und einer Tagespflege diskutiert. Zum Schluss allerdings hatte sich das Gremium auf zweiteres geeinigt. Nun, ein gutes Jahr später, sind die Überlegungen weiter gediehen. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats hat das mit einer ersten Planung beauftragte Architektenbüro Gaigl ein Konzept vorgestellt, das die im vergangenen Jahr beschlossenen Vorgaben großzügig umsetzt.

Großzügig deshalb, weil aus den einmal angedachten zwei Baukörpern nun vier geworden sind, die auf der 4700 Quadratmeter großen Fläche des sogenannten Müllergrundstücks entstehen sollen. Das liegt neben der alten Kirche Heilig Kreuz, im Zwickel zwischen Wolfram-, Poinger und Geltinger Straße, und ist nach einer Schenkung im Besitz der Gemeinde. Die nunmehr geplante Anlage soll sich aus zwei längs gestreckten Häusern im Norden, entlang der Geltinger Straße, und zwei kleineren im Süden, in einem etwa 45-Grad-Winkel zueinander und orientiert an der Wolframstraße stehenden, kleineren Baukörpern zusammensetzen. Vier Häuser statt zwei habe man nun vorgesehen, erklärten die Architektinnen Regina Gaigl und Carmen Domiter, weil damit die Fläche besser ausgenutzt werden könne. Was zwar höhere Baukosten bedingt, aber auch zu höheren Mieteinnahmen führe, wie die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage ausführte.

Grob geschätzt 16 Millionen soll das Vorhaben kosten - von etwa zehn Millionen war in einer ersten Schätzung im August 2019 die Rede gewesen. Eine Entwicklung, die nicht jedem Mitglied des Gemeinderats gefallen wollte, auch wenn es für den Bau eine 30-prozentige staatliche Förderung und einen Zuschuss der KfW-Bank gibt, worauf Architektin Domiter hinwies. Ob es denn dann bei den 16 Millionen bleibe, wollte Ludwig Huber (Wählergruppe Gelting) wissen. "Für die Entscheidungsfindung ist es schon wichtig, dass es nicht am Ende 30 Millionen sind." Auch Markus Uffinger (Initiative für Pliening) und Maximilian Kern (CSU) monierten die Kostensteigerung. Wie die Geschäftsleiterin der Gemeinde, Gabriele Jung, erklärte, könne man "im jetzigen Stadium keine Einnahmen- und Ausgabenrechnungen machen, die auch nur ansatzweise ehrlich wäre". Und Bürgermeister Roland Frick (CSU) verwies darauf, dass die erste Schätzung lediglich ein sehr grobe gewesen sei, dass aber der Gemeinderat die Grundzüge des jetzt vorgestellten Konzepts, mit Seniorenwohngemeinschaften, Veranstaltungsräumen, Ladengeschäften, barrierefreien Wohnungen und einem Veranstaltungsraum so beschlossen habe. "Was es kostet, kostet's", erklärte er und konnte sich letzten Endes über einen einstimmigen Beschluss zur Billigung der aktuellen Planung freuen, in die auf Anregung unter anderem von Doris Löffler (Initiative für Pliening) Möglichkeiten für eine flexible Umnutzung bestimmter Bereiche in Angebote zur Tagespflege eingearbeitet werden sollen, die aus dem aktuellen Konzept zunächst aufgrund von Datenerhebungen im Umkreis gestrichen worden waren.

Keine uneingeschränkte Zustimmung des Gremiums fand allerdings die Dachform eines asymmetrischen Satteldachs auf den zweigeschossigen Gebäuden, wie sie von den Architekten konzipiert worden war. Sie gruppieren sich um einen halböffentlichen Innenhof, nachempfunden sei die Anordnung den Hofstellen, die Plienings ländliches Bild an vielen Stellen noch prägen, erklärte Domiter. Das asymmetrische Dach habe man gewählt, weil damit zum einen das Obergeschoß aufgrund der steileren Dachneigung besser genutzt und, bei einer Raumhöhe von 2,05 Metern dem Anspruch auf Barrierefreiheit Genüge getan werden könne. Zum anderen hebe sich das Ensemble damit in seiner leichten Sonderform von der Umgebung ab. So mache es etwa der Kirche nebenan keine Konkurrenz, "man sieht dann, dass es 2022 gebaut worden ist", sagte sie. Die oberen Räume seien zudem so gut zu belichten.

Um eine entsprechende Anzahl von Wohnungen unter ein Satteldach bauen zu können, müssten die Baukörper höher sein. Sie seien allerdings jetzt an den Häusern rundherum orientiert - Voraussetzung dafür, die Anlage ohne die Erstellung eines zeit- und kostenaufwendigen Bebauungsplans errichten zu können. Aus der Bevölkerung war auch bei einem Workshop 2016 der Wunsch gekommen, der oder die Neubauten dürften "gern etwas Besonderes" sein.

Die Kritiker der Dachform, darunter Franz Burghart und Maximilian Kern (CSU), Thomas Frank (Neues Forum), Beatrice Merk (fraktionslos) und Ludwig Huber ließen sich von den Argumenten nicht überzeugen. Mit 14 zu sieben wurden sie letztlich aber überstimmt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5046019
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.09.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.