Süddeutsche Zeitung

Neubaupläne in Kirchseeon:Zimmer mit Ausblick

Das neue Awo-Seniorenzentrum im Kirchseeoner Westen soll rund 120 Bewohnern Platz bieten. Ein Münchner Architekturbüro hat den hellen, freundlichen Bau im Gemeinderat vorgestellt

Von Daniela Gorgs, Kirchseeon

Der "Französische Balkon" hat beim Bau von Pflegeheimen Karriere gemacht. Bodentiefe Fenster im Bewohnerzimmer gehören zum Werkzeugkasten der Planer. Ältere Menschen können vom Bett aus hinaussehen - den Himmel, Häuser und Bäume erblicken. Der Balkon ist, wenn er tief und breit genug gebaut ist, ein gutes Mittel, um das Draußen zu erleben. Ein Grund, warum das Architekturbüro Höss Amberg und Partner für das neue Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Kirchseeon bodentiefe Fenster für die Zimmer gewählt hat. Viel Lob und große Zustimmung erhielt der zuständige Architekt Peter Flickinger vom Gemeinderat, nachdem er den Plan in der Sitzung am Montagabend vorgestellt hatte.

"Eine rundum tolle Sache", kommentierte Peter Kohl (CSU). Das neue Seniorenzentrum würde sich architektonisch gut ins Quartier einfügen. Es zahle sich aus, dass das Münchner Architekturbüro mehr als 20 Jahre Erfahrung im Planen und Bauen barrierefreier Architektur verfügt. In Planerkreisen gilt die Umsetzung architektonisch und sozial zeitgemäßer und den Bedürfnissen älterer Menschen angepasster Wohnformen als Herausforderung. Die Architekten müssen für den Bau eines Seniorenheims fast schon Krankenhausstandards erfüllen, und, natürlich, immer die Kosten im Blick haben. Das Münchner Architekturbüro hat seine eigene Messlatte sehr hoch gehängt: Das selbstbestimmte Leben und Wohnen soll im Mittelpunkt stehen, das Hinzuziehen von Betreuungsleistungen und Pflege immer unter dem Grundsatz stehen: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte der damalige Marktgemeinderat den Weg für den Neubau des Seniorenheims auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände an der Parkstraße freigemacht. Ein Neubau und der Umzug des Gebäudes vom Dachsberg an die Waldbahn sei nötig, da der in die Jahre gekommene Bau die Mindestanforderungen an ein Seniorenzentrum nicht mehr erfülle, wie Awo-Bezirksverbandsvorsitzende Cornelia Emili erklärte. Vor allem die geforderte Einzelzimmerquote von mindestens 75 Prozent sei im alten Seniorenzentrum nicht zu erreichen.

Architekt Flickinger präsentierte jetzt dem neuen Gemeinderat das leicht abgeänderte Konzept für den Neubau, in dem einmal 120 Bewohner unterkommen sollen. Das Gebäude besteht aus dreigeschossigen rechteckigen Satteldachbauten in Nord-Süd-Ausrichtung, die über einen Quertrakt verbunden sind. Mit einer hellen Putzstruktur und Holzläden als Sichtschutz wirkt das Gebäude in der Außenansicht dezent und freundlich. Im Erdgeschoss haben 30 Zimmer Platz, in den beiden oberen Stockwerken jeweils 45. Neben zwölf kleinen Wohnungen für Mitarbeiter und Auszubildende sind in dem Zentrum Schulungs- und Mehrzweckräume, Küche und Café geplant. Der Haupteingang wird von der Parkstraße her erschlossen. Für demenzerkrankte Bewohner wird ein beschützender Garten eingerichtet.

Als der Architekt seine Präsentation beendete hatte, prasselten Fragen auf ihn ein. Werden auf den Dächern thermische Solaranlagen installiert? Hat das Büro Kontakt zum regionalen Energieversorgungsunternehmen Eberwerk aufgenommen? Wie wird das Gebäude beheizt? Ist ein Anschluss an die zentrale Nahwärme vorgesehen? Hat der Planer an Ladesäulen für E-Autos gedacht? Andrea Oberhauser-Hainer (Grüne) trug diese lange Liste vor, die Peter Flickinger, so gut er zum jetzigen Zeitpunkt konnte, beantwortete. Photovoltaik sei im Gespräch, teilte er dem Gremium mit. Doch müsse man erst über die Wahl des Heizsystems entscheiden. Sollten sich die Planer aus finanziellen Gründen für ein Blockheizkraftwerk entscheiden, würde das gegen Solaranlagen auf dem Dach sprechen.

Länger diskutierte der Gemeinderat über die Stellplatzsituation. Auch wenn das noch in der Detailplanung zu klären sein werde, wollte Susanne Höpler (Grüne) das Thema jetzt schon ansprechen. Eine Stellplatzsatzung sei sehr wichtig, man wolle vermeiden, dass Besucher oder Mitarbeiter auf der Suche nach Parkplätzen in die anliegenden Wohngebiete ausweichen müssten. Natalie Katholing (Grüne), die als Krankenschwester in der Kreisklinik arbeitet, wünschte sich eine Parkgarage: Weil sich die Dienstzeiten überschnitten, werde die Frühschicht der Spätschicht keinen Parkplatz freimachen. Die Suche im Wohngebiet sei unumgänglich. Darüber, so beruhigte der Marktbaumeister Robert G. König, werde später in der Detailplanung entschieden. Es sei bereits Thema in der Verwaltung.

Für das neue Seniorenzentrum wird die Arbeiterwohlfahrt knapp 9000 Quadratmeter Fläche benötigen. Am Montagabend beschloss der Gemeinderat einstimmig, einen Bebauungsplan aufzustellen und so den Standort zu sichern. Wenn der Plan genehmigt ist, kann das Architekturbüro den entsprechenden Bauantrag stellen.

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Quelle:
SZ vom 09.12.2020
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