Nahverkehr im Landkreis Ebersberg:Anschluss ans 21. Jahrhundert

Ruftaxis sollen künftig Fahrplanlücken vor allem im Süden und Südwesten schließen. Manche Orte werden dadurch erstmals an den öffentlichen Nahverkehr angebunden

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Wer in Lindach, Münster oder Jakobsbaiern wohnt, hat verschiedenste Möglichkeiten, den Ort zu erreichen oder von dort wegzukommen: mit einem motorisierten Privatfahrzeug etwa, mit dem Fahrrad oder auch zu Fuß. Nur nicht mit dem Bus, der hält hier nie: In der Geschichte der kleinen Ortschaften gab es zu keinem Zeitpunkt Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr. Das soll sich nun ändern, etliche dieser Orte sollen bald durch Ruftaxis immerhin tagsüber angebunden werden. Auf anderen Strecken können die Ruftaxis nachts genutzt werden - so haben auch Nachtschwärmer die Möglichkeit, wieder sicher heim zu kommen. Geplant ist das neue Angebot zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022.

Der Umweltausschuss hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch einstimmig für das neue Angebot ausgesprochen. Es handle sich um einen "Einstieg in ein sehr wichtiges Konzept", urteilte Landrat Robert Niedergesäß (CSU). "Eine tolle Sache", stimmte seine Fraktionskollegin Franziska Hilger zu. Als "wegweisendes Projekt" bezeichnete es Thomas von Sarnowski (Grüne). Allerdings wird das Thema nochmals auf die Tagesordnung kommen; bei den Haushaltsberatungen wird der Kreistag endgültig entscheiden müssen, ob er sich das neue Angebot leisten kann und will. Denn es geht um durchaus nicht unerhebliche Summen. Im Pilotprojektzeitraum 2022 bis 2026 fallen voraussichtlich Kosten von etwa einer Million Euro für den Taxiservice an sich an, hinzu kommen bis zu 542 000 Euro für Buchungsoptionen und laufende Kosten. Unter anderem muss eine Telefonzentrale eingerichtet werden, die aber eventuell zusammen mit anderen MVV-Landkreisen betrieben werden könnte und dadurch noch einmal deutlich günstiger werden könnte. Für die Fahrgäste spielen die Kosten keine Rolle: Sie zahlen den normalen MVV-Tarif für die Strecke.

Anders als bei gewöhnlichen Taxis muss der Fahrgast vorher anmelden, dass er mitgenommen werden will. Auch die Strecken, die gefahren werden, sind genau definiert. Ursprünglich hatten der MVV und der Landkreis elf mögliche Korridore für das Angebot identifiziert, gestartet wird nun zunächst auf drei Korridoren im Nachtbetrieb und auf einem im Tagbetrieb. "Es ist ein erster Aufschlag", so Sebastian Hallmann, der beim Landkreis für die Planung des öffentlichen Nahverkehrs zuständig ist. Es gelte zunächst, Erfahrungen zu sammeln, schrittweise könnten weitere Linien dazu genommen werden.

Vor allem werden nun erst einmal Gemeinden im südlichen und südwestlichen Landkreis nachts mit Ruftaxis angebunden. Hierfür können großzügige Zuschüsse des Freistaats abgerufen werden, die es für urbanere Regionen wie den nördlichen Landkreis nicht gibt, wie in der Sitzung am Mittwoch zu erfahren war. Der erste Nachtkorridor umfasst Baiern, Glonn, Moosach, Bruck und Grafing mit verschiedenen Zwischenstopps, hier würden die Ruftaxis täglich von 0 bis 6 Uhr sowie von 22 Uhr an verkehren. Im zweiten Nachtkorridor wird die Route Baiern, Glonn, Egmating, Oberpframmern, Neuperlach Süd bedient, werktags von 0 bis 6 Uhr sowie ab 22 Uhr, samstags und sonntags von 0 bis 8 Uhr und nach 22 Uhr. Der dritte Nachtkorridor umfasst Zorneding, Glonn, Egmating, Oberpframmern und Neuperlach Süd, hier wären die Ruftaxis unter der Woche von 0 bis 6 Uhr, abends von 22 Uhr an sowie an den Wochenenden ganztägig im Einsatz. Der Tagkorridor in den Gemeinden Glonn, Egmating und Baiern würde montags bis freitags von 5.30 bis 22.50 Uhr bedient.

Sebastian Hallmann äußerte sich sehr zuversichtlich, dass das Angebot gut angenommen wird. Dies zeige das Beispiel anderer Landkreise, berichtete er in der Sitzung: Hier sei die Nachfrage so gut, dass das Angebot nicht einmal mehr beworben werde.

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