Nahverkehr:Bitte einsteigen

In Vaterstetten wird es auch in den kommenden Jahren vergünstigte Tageskarten für Kinder geben

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Bus und Bahn bleiben für junge Vaterstettener günstig. Mit großer Mehrheit stimmte der Finanzausschuss dafür, dass die Gemeinde mindestens zwei weitere Jahre lang verbilligte MVV-Tageskarten an alle Gemeindebürger ausgibt, die jünger als 14 Jahre sind. Die Karten gibt es bereits seit Anfang dieses Jahres im Rathaus, sie kosten 1,50 Euro und damit 1,20 weniger als am Automaten. Um eventuellem Missbrauch vorzubeugen und um das Zuschuss-Budget von 5000 Euro pro Jahr nicht zu schnell aufzubrauchen, war der Verkauf auf fünf Karten pro Person und Monat beschränkt worden- eine Vorsichtsmaßnahme die gar nicht nötig war, wie sich nun herausstellte.

Eigentlich ist es eine Nachricht, die die Kämmererei gerne verkündet: Die Gemeinde hat weniger Geld ausgegeben, als geplant - sogar viel weniger. Doch als Kämmerin Sabine Remling nun im Finanzausschuss bekannt gab, für das Projekt Schülerkarten gerade einmal ein Zehntel des vorgesehenen Budgets verbraucht zu haben, überwog eher die Skepsis. Denn die Einsparung ist nicht etwa dem geschickten Haushalten der Verwaltung, sondern dem mangelnden Interesse der Kinder und Jugendlichen geschuldet. Gerade einmal 391 verbilligte Karten sind seit Januar an insgesamt 33 Kinder verkauft worden. Laut Berechnung der Verwaltung haben damit lediglich 1,25 Prozent der Altersgruppe Interesse an dem Angebot gezeigt. Im Rathaus sah man darum das als Ziel der Aktion formulierte "Heranführung der Jugendlichen an den öffentlichen Nahverkehr" nicht als erfüllt an. Die Verwaltung empfahl daher, das Projekt einzustellen.

Gegenrede kam prompt von Sepp Mittermeier, auf Initiative seiner SPD waren die vergünstigten Karten nach jahrelangem Hin und Her heuer endlich eingeführt worden. Die Idee dazu hatte bereits im Jahr 2010 der frühere SPD-Gemeinderat Basilios Vafiopoulos. Er hatte verschiedene Modelle vorgeschlagen, wie die Gemeinde die kurz zuvor bei einer Tarifreform des MVV weggefallene Kinder-Kurzstrecke ausgleichen könnte (siehe Kasten). Seit 2012 befassten sich mehrere Ausschüsse des Gemeinderats und der Arbeitskreis Freiwillige Leistungen mit dem Projekt. Außerdem waren noch das Landratsamt sowie der Bayerische Kommunale Prüfungsverband beteiligt. Diese hatten die Frage zu klären, ob eine Gemeinde überhaupt Fahrkarten für ihre Kinder subventionieren darf. Anfang 2015 wurde das schließlich bejaht, ein Jahr darauf konnte die Kinderkarte endlich verkauft werden. An diese Vorgeschichte erinnerte nun auch Mittermeier: "Es hat fünf Jahre gedauert, bis wir zu Potte gekommen sind, da sollte man es nicht nach wenigen Monaten wieder einstellen."

Was das schleppende Interesse an den Karten angehe, liege das auch daran, so Mittermeier, dass das Angebot bisher zu wenig bekannt sei. Was auch damit zusammen hänge, dass die Karten nur in der Gemeindekasse, aber nicht in den Schulen verkauft werden. Das aber, erklärte Georg Kast, Referent von Bürgermeister Georg Reitsberger, würde für die Sekretariate der Schulen zu viel Aufwand bedeuten, müssten sie doch bei jedem potenziellen Käufer sowohl das Alter als auch den Wohnort überprüfen. Mittermeier stellte aber auch in Frage, ob die Nachfrage wirklich so schlecht sei, wie von der Verwaltung dargestellt. So entsprächen 391 verkaufte Tageskarten deutlich mehr als 391 Fahrten. Auch, dass nur 1,25 Prozent der Berechtigten das Angebot wahrnehmen, sei kein Argument dafür, es einzustellen. Schließlich würden etwa in den dicht besiedelten Gegenden von Vaterstetten und Baldham nur etwa ein Prozent der Bewohner die dort verlaufenden Buslinien nutzen, "da kommt doch auch keiner auf die Idee, die Busse einzustellen."

Mittermeier schlug darum vor, die verbilligten Tageskarten beizubehalten, zumindest bis Ende 2018. Dann soll nämlich der MVV seine Tarifreform abgeschlossen haben, in deren Rahmen bereits über eine Wiedereinführung des Kurzstreckentarifs für Kinder beraten wird. Der Dritte Bürgermeister Günter Lenz (SPD) gab sich zuversichtlich: "Der MVV hat wohl erkannt, dass hier ein Fehler vorliegt und will es korrigieren." Aber bis es so weit sei, sollte man die vergünstigten Karten weiter ausgeben.

Unterstützung kam von den übrigen Fraktionen. Um den Erfolg oder Misserfolg beurteilen zu können, sei ein Jahr ist zu kurz, sagte Ingrid Otto (Grüne). Sie regte an, die Karten besser zu bewerben. Man könnte doch regelmäßig im Gemeindeblatt darauf hinweisen, schlug Edith Fuchs (CSU) vor, und verwies darauf, dass jede Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Autofahrt weniger in der Gemeinde sei. Außerdem dauere es ihrer Erfahrung nach etwas länger, bis etwa Bedürftige derlei Angebote wahrnähmen, darum solle man das Projekt nicht schon jetzt einstellen. Wenn es Bedürftigen zugute komme, sehe sie eine Fortsetzung auch als sinnvoll an, so Renate Will (FDP). Zumindest finanziell spreche nichts gegen eine Fortsetzung, sagte Wolfgang Schermann (FW) schließlich seien die Kosten mit bislang gerade einmal 469,20 Euro durchaus überschaubar.

Schermann stellte aber auch die Frage, ob die Kartenausgabe viel zusätzlichen Arbeitsaufwand im Rathaus verursache. "Das ist schon machbar", antwortete Remling, zwar müssten die Käufer überprüft werden, allerdings kämen die meisten von ihnen mehrmals, so dass der Aufwand entfalle. Ansonsten handle es sich um einen "normalen Buchungsvorgang in der Gemeindekasse." Dies hielten - mit Ausnahme von Manfred Schmidt (FBU/AfD), der den Aufwand trotzdem für zu hoch befand - alle Ausschussmitglieder für vertretbar. Mit einer Gegenstimme wurde die Fortsetzung der Ausgabe verbilligter Karten beschlossen.

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