Nachruf:Trauer um Martin Esterl

Martin Esterl

Martin Esterl ist am Donnerstag im Alter von 70 Jahren gestorben.

(Foto: Christian Endt)

Der Landkreis Ebersberg hat einen großen Politiker und wunderbaren Menschen verloren: Martin Esterl ist am Donnerstag im Alter von 70 Jahren gestorben.

Nachruf von Anja Blum

Der Landkreis hat einen großen Politiker und wunderbaren Menschen verloren: Martin Esterl ist am Donnerstag im Alter von 70 Jahren gestorben. Erst vor ein paar Monaten hatte ihn die Gemeinde Glonn zum Ehrenbürger ernannt, beim Festakt war Esterl von seiner schweren Krankheit bereits deutlich gezeichnet.

18 Jahre lang hat der SPD-Politiker als Bürgermeister die Geschicke der Marktgemeinde Glonn gelenkt, bis zuletzt war er Mitglied des Ebersberger Kreistags und Stellvertreter des Landrats. Dabei eilte ihm stets der Ruf eines kritischen Geistes voraus: Esterl pflegte eine klare Haltung und liebte klare Worte, vor allem die Gerechtigkeit lag ihm stets sehr am Herzen. Und gerade wenn es um seine Überzeugungen ging, konnte er schon auch mal so richtig poltern. Er mache immer gerne den Mund auf, wenn ihm etwas nicht passe, sagte er selbst - wenn nötig, auch etwas lauter. Allerdings hat es Martin Esterl nie bei Worten belassen, sondern ihnen stets Taten folgen lassen.

Wollte man aufzählen, welche Ämter Esterl in seinem Leben schon alle innehatte, die Liste wäre ob ihrer Länge ziemlich ermüdend. Begonnen hat sein Engagement einst im Sport, als Vorsitzender des ASV Glonn. Und schon hier zeigte er eine Eigenschaft, die ihn dann sein Leben lang begleitete: Esterl war ein Pionier, schwamm mit Vorliebe gegen den Strom, war seiner Zeit gerne voraus.

Zum Beispiel 1972, als er die erste weibliche Fußballmannschaft im Landkreis gründete - "gelebte Emanzipation!" - aber auch als Bürgermeister, der seine ländlich geprägte Gemeinde in Sachen Energiewende mit großer Beharrlichkeit und Überzeugungskraft zu einem Vorreiter machte. Selbst von erheblichen Widerständen gegen ein neues Biomasseheizkraftwerk ließ er sich nicht beirren.

Ein typischer Parteisoldat war Esterl indes nie: In den Glonner Gemeinderat kam er 1978 als Parteiloser über die SPD-Liste, der damals 30-Jährige hatte sich energisch dafür eingesetzt, die Platznot des ASV Glonn zu lindern. Erst eine Wahlperiode später trat er in die Partei ein. Als er schließlich Bürgermeister wurde, 1996 war das, sagte Esterl, er sei "nicht wegen der SPD gewählt worden - sondern trotzdem". Schließlich sei man hier in Bayern. Da musste dann doch der ein oder andere Genosse schlucken.

Doch Esterl, der auf einem großen landwirtschaftlichen Hof in der Einöde Reisenthal mit neun Geschwistern aufwuchs - weswegen sein bescheidenes Erbe in einer Ausbildung bestand, wie er einmal schmunzelnd erzählte - interessierte sich eben stets mehr für die praktische Arbeit der Kommunalpolitik als für die Machtspielchen der Parteien.

Ursprünglich war der Glonner Hauptschullehrer, und Bildung blieb ihm immer ein großes Anliegen. Als Bürgermeister stellte er die Kinderbetreuung auf eine mehr als solide Basis und ließ das Schulhaus umfangreich renovieren, zuletzt fungierte er als Berater eines Campus in Bad Aibling. Der frühere Beruf hat aber auch sein politisches Wirken gekennzeichnet: Die Gemeinde führte Esterl mit der natürlichen Autorität eines Lehrers.

Nie kamen im Sitzungssaal Zweifel auf, ob er überhaupt wusste, wovon er sprach. Ein guter Pädagoge ist sich zudem bewusst, dass Ergebnisse zählen - aber nicht nur. Bei diesem Rathauschef hatte neben Fakten auch immer die Menschlichkeit ihren Platz, das aufrichtige Gespräch. Wer ihn kannte, diesen Nimmermüden, der weiß, wie groß dieser Verlust ist.

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