Nachhilfe:Kein Kind darf verloren gehen

Caritas und Kreisbildungswerk wollen Kindern aus sozial benachteiligten Familien Nachhilfe anbieten. Denn noch immer prägt die Herkunft die Bildungschancen - auch in einem reichen Landkreis

Von Katharina Blum

Falls Ludwig Mittermeiers Tochter mal schlecht in Mathe sein sollte, wird der Kreisgeschäftsführer der Caritas sein Portmonee zücken. "Ich zahle dann eben", sagt er. Für alle, die sich keine Nachhilfe leisten können, wollen das Caritaszentrum Grafing und das Katholische Kreisbildungswerk (KBW) Ebersberg das Kinder- und Jugendhilfe-Projekt "Clever Kids" anbieten. Nach den Sommerferien soll es starten und "mithelfen, Kindern aus sozial benachteiligten Familien einen ungehinderten Zugang zu Bildungsangeboten zu ermöglichen", erklären die Organisatoren.

Mittermeier hat die Idee für das Projekt aus Freising mitgebracht, wo er bis 2011 als Caritas-Geschäftsführer tätig war. "Unserer Devise war: Kein Mensch darf verloren gehen." Gemeinsam ist den Kreisen mit explodierenden Mieten und hohen Lebenshaltungskosten, dass sich viele Menschen nur das Nötigste leisten können, obwohl sie täglich zur Arbeit gehen. Arm trotz Arbeit. Viele bekommen keine zusätzlichen Sozialleistungen, weil sie gerade so über der Grenze liegen. Nachhilfe für die Kinder bleibt meistens auf der Strecke. Und das hat Folgen: "In keinem anderen Land prägt die Herkunft die Bildungschancen so sehr wie in Deutschland", sagt Claudia Pfrang, Geschäftsführerin KBW Ebersberg.

Damit kein Kind mehr verloren geht, suchen Caritas und KBW nun nach Ehrenamtlichen, die das Projekt unterstützen. In Freising, erzählt Mittermeier, haben sich in kürzester Zeit sieben Freiwillige bereit erklärt. In Ebersberg werden Ehrenamtliche gesucht, die an zwei Nachmittagen pro Woche, dienstags und donnerstags, mit Schülern Mathe, Deutsch und Englisch üben. Gelernt wird in den Räumen des Caritas Zentrums Grafing und des KBW Ebersberg mit maximal drei Kindern pro Lerneinheit. Weil sie vor allem in den wichtigen Schulphasen unterstützt werden sollen, richtet sich das Angebot an Grundschüler der 3. und 4. Klasse sowie an Schüler von Haupt-, Realschule und Gymnasium in der 5. und 6. Klasse aus dem südlichen Landkreis. Je nach Vorerfahrung der ehrenamtlichen Mitarbeiter - ein Lehramtsstudium ist keine Bedingung - werden auch Konzentrationstrainings oder eine Vermittlung von Lernstrategien angeboten. Von den Eltern wird eine Selbstauskunft über die Einkommensverhältnisse eingeholt. Die Grenzen für die ehrenamtliche Nachhilfe liegen beispielsweise bei einem Paar mit einem Kind bei 1800 Euro, für Alleinerziehende mit einem Kind sind es 1300 Euro, mit drei Kindern 1900 Euro.

Dass man sich das KBW als Partner gesucht hat, ist für deren Vorsitzende Jutta Sirotek eine "ganz logische Sache", wie sie sagt. "Wir sind beides kirchliche Einrichtungen, sind nah dran am Menschen, und gehen dorthin, wo Menschen Hilfe brauchen." Normalerweise hilft der Staat mit seinem Bildungspaket. Zum 1. April 2011 ist es im Zuge der Hartz-IV-Reform gestartet worden. Es soll Kindern von Langzeitarbeitslosen, Niedrigverdienern und Wohngeldempfängern die Teilnahme an Schulmittagessen, Lernförderung und Klassenfahrten ermöglichen. "Das Bildungspaket hat ein paar Knackpunkte", sagt Mittermeier. "Nachhilfe gibt es nur für jene, die beim Halbjahreszeugnis gefährdet sind, und nach einem halben Jahr ist dann wieder Schluss." Bei Clever Kids ginge es nicht um schnelle Lösungen, um das Jahrgangsziel zu erreichen, das Projekt soll langfristig einen ungehinderten Zugang zu Bildung ermöglichen.

An diesem Montag findet um 19 Uhr im Caritas-Zentrum Grafing eine Infoveranstaltung für Clever Kids statt. Caritas und das KBW suchen Lehrkräfte sowie Interessierte, die eine Affinität zu den Fächern Mathe, Deutsch und Englisch haben. Weitere Informationen bei Claudia Höwing, 08092 23241-10, oder Claudia Pfrang: 08092 8507911

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