Süddeutsche Zeitung

Nach zweimonatiger Prüfung:Kein Verfahren gegen Heiler

Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen Grafings Bürgermeister wegen Dienstwagenaffäre

Thorsten Rienth

- Er ist wegen seiner Dienstwagen-Affäre nach wie vor in der Kritik, doch strafrechtliche Konsequenzen wird der Grafinger Bürgermeister Rudolf Heiler (Freie Wähler) nicht fürchten müssen: Die Staatsanwaltschaft München II wird gegen ihn keine förmlichen Ermittlungen starten. "Es gibt keine Hinweise auf einen Straftatbestand", sagte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich zur SZ. Ob dies der Fall sein könnte, hatte die Behörde seit Anfang Oktober geprüft.

Damals war herausgekommen, dass Heiler über Jahre hinweg den geldwerten Vorteil seiner privaten Dienstwagennutzung nicht ordnungsgemäß versteuert hatte. Obwohl der Bürgermeister bereits 1998 über den Fehler informiert wurde, sprang die Stadt Grafing für die eigentlich von Heiler selbst zu zahlende Lohnsteuer ein. Erst als die Angelegenheit vor etwa zwei Monaten öffentlich wurde, überwies Heiler die gut 12 000 Euro an die Gemeindekasse zurück.

Ob daraus auch ein strafrechtliches Fehlverhalten abzuleiten ist, war die spannende Frage der vergangenen acht Wochen. Mit Heidenreichs Statement ist nun klar: Das ist es nicht. Der dienst-, zivil- und steuerrechtlich Aspekt gehörte allerdings nicht zur Prüfung. Dies könnte auch erklärten, warum sich Heiler selbst zu dieser für ihn durchaus positiven Nachricht erneut nicht äußern wollte.

Neben der dienst-, zivil-, steuer- und strafrechtlichen Ebene, spielt Heilers Affäre aber noch in einer weiteren Kategorie - einer moralischen. Sie ist es, auf die die Fraktionen von SPD und Grünen, aber auch etwa die Hälfte der CSU, abzielen. "Recht bekommen heißt ja nicht, Recht haben", sagte Grünen-Fraktionschefin Angelika Obermayr. "In so einer Sache immer nur das an Informationen herauszugeben, was einem gerade nachgewiesen wird, finde ich einfach nicht gut." Die SPD-Ortsvorsitzende Regina Offenwanger äußerte sich ähnlich. "Sein Verhalten mag rechtlich in Ordnung gewesen sein. So eine Sache hätte man aber anders angehen müssen - mit offenen Karten und transparent."

CSU-Chef Sepp Carpus sagte, es ginge ihm weniger um eine strafrechtliche Verfolgung noch um die ausstehende Beurteilung der Rechtsaufsicht. "Für mich ist die moralische Seite maßgeblich, wie mit der ganzen Angelegenheit umgegangen wurde. Mir fehlt grundsätzlich die Offenheit und Klarheit gegenüber den Grafingern und dem Stadtrat."

Carpus' CSU-Fraktion sehen das nicht alle so. Erst vor etwa zwei Wochen hat sich eine Gruppe aus parteifreien Stadträten, den Freien Wählern - und auch CSU-Stadträten - per Presseerklärung demonstrativ hinter den Bürgermeister gestellt. Eine aktuelle Anfrage der SZ, wie sie die Entscheidung der Staatsanwaltschaft bewerten würden, ließen die Freien Wähler unbeantwortet.

Wie die Zusammenarbeit zwischen Heiler und dem derzeitigen Grafinger Stadtrat weitergehen soll, ist ein Rätsel. So kündigten zahlreiche Stadträte von CSU, SPD und Grünen an, von Heilers traditionellem Weihnachtsessen am Dienstag fern zu bleiben. "Wir wüssten wirklich nicht, was wir uns zur Zeit noch Nettes zu sagen hätten", sagte jemand aus diesem Kreis. Erst bei der Bürgerversammlung in der vergangenen Woche zeigten knapp die Hälfte der anwesenden Stadträte dem Bürgermeister die kalte Schulter. Anders als es die Gepflogenheiten normalerweise vorsehen, weigerten sie sich, neben Rudolf Heiler Platz zu nehmen. Stattdessen mischten sie sich unters Volk.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2012
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