Süddeutsche Zeitung

Nach 25 Jahren:Abschied aus Poing

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Ludwig Berger verlässt den Gemeinderat - und seinen Wohnort

Von Esther Lärmer, Poing

In den vergangenen 25 Jahren hat er etliche Sitzungen erlebt, bei denen sich die Poinger Gemeinderäte bis spät in die Nacht hinein die Köpfe heiß geredet haben. Hinterher gab es manchmal für alle noch einen Umtrunk, einen Schnaps oder ein Bier. Jetzt hat Ludwig Berger, der 25 Jahre lang für die CSU im Gemeinderat saß, die Abende wieder zur freien Verfügung: Er verlässt nicht nur das Gremium, sondern auch die Gemeinde, und zieht zurück nach Forstinning, wo er auch aufgewachsen ist. Nachfolgerin im Gemeinderat wird Veronika Reischl.

Viele Jahre hat Berger die Politik in Poing mitgeprägt, als Fraktionssprecher der CSU war er für seine unaufgeregten, aber deutlichen Wortmeldungen bekannt. Zuletzt war der 68-Jährige hier in einer Doppelspitze mit Herbert Lanzl tätig, wer ihm in seiner Funktion nachfolgt, muss die Fraktion erst noch entscheiden. Im Jahr 2006 unternahm er einen Anlauf, Chef im Poinger Rathaus zu werden, unterlag bei der Bürgermeisterwahl jedoch Amtsinhaber Albert Hingerl (SPD). Zuletzt gelang ihm allerdings ein Coup: Er überzeugte den bisherigen Geschäftsleiter Thomas Stark, für die CSU als Bürgermeisterkandidat anzutreten - und Stark wiederum gelang es, das Rathaus als Nachfolger von Albert Hingerl, der nicht mehr antrat, zu erobern. Berger will mit Poing auf jeden Fall verbunden bleiben, vor allem, weil er viele Freunde und gute Kontakte im Gemeinderat und zum Bürgermeister hat. "Das wird sich hoffentlich nicht ändern nur, weil man zehn Kilometer entfernt wohnt", sagt er.

Dass ihn in Poing fast jeder kennt, liegt freilich nicht nur an seinem Engagement in der Kommunalpolitik. Von 1974 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2012 war er hier auch Polizeibeamter. Ein anspruchs- und verantwortungsvoller Beruf, "man lernt einiges fürs Leben", macht er deutlich. Vor allem den Umgang mit Menschen, denn genau auf diese müsse man als Beamter zugehen. Die Gewalt, der Polizisten heute ausgesetzt sind, schockiert ihn. Das sei zu seiner Dienstzeit noch anders gewesen, sagt er - obwohl es auch Prügeleien gab, wo man als Beamter zwischen die Fronten geriet. Einmal hat ein Mann nach seiner Verhaftung eine Pistole gezogen und um sich geschossen. "Nur durch ein Wunder wurde niemand verletzt oder gar getötet", erzählt Berger. Er hat das zwar nicht selbst erlebt, aber diese Geschichte habe ihm klargemacht, dass jederzeit alles möglich sei. Heute vermisst er die ehemaligen Kollegen, die er früher hin und wieder am Stammtisch getroffen hat, weil er ein sehr kommunikativer Mensch ist.

Auch sonst macht ihm die Pandemie bei seinen Plänen momentan einen Strich durch die Rechnung. Am liebsten würde Berger jetzt reisen, aber das ist gerade nur schwer möglich, und so wird er sich nun erst einmal um sein Haus in Forstinnig kümmern.

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Quelle:
SZ vom 03.05.2021
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