Musik-Förderung:Freigeister begeistern

Karin Rawe, Generalsekretären des Bayerischen Musikrats, über wirksame Neuerungen in der Förderung des Jazz und das Ebersberger Festival

Interview von Anja Blum

Gerade einmal 36 Euro kosten die teuersten Karten für das Ebersberger Jazzfestival, das am Samstag, 12. Oktober, beginnt. Und für diesen Preis bekommt man eine internationale All-Star-Combo zu sehen und zu hören, bestehend aus Trompeter Randy Brecker, Saxofonist Dave Liebman, Pianist Mark Copland, Bassist Drew Gress und Drummer Joey Baron. Viele der anderen Konzerte sind noch günstiger, hinzu kommen etliche Veranstaltungen, Jamsessions und Ausstellungen zum Beispiel, die gar keinen Eintritt kosten. Möglich macht dies das Engagement vor Ort, vor allem von den ehrenamtlich tätigen Veranstaltern, und von Unternehmern, die EBE-Jazz großzügig unterstützen. Ein dritter wichtiger Baustein für die Finanzierung des Festivals aber ist die Förderung durch die öffentliche Hand, durch Kommunen, Landkreis und Freistaat. Letzterer hat seine Jazzförderung Anfang des Jahres in die Hände des Bayerischen Musikrats (BMR) gelegt - eine weise Entscheidung, wie ein Gespräch mit dessen Generalsekretärin Karin Rawe zeigt.

Frau Rawe, den meisten Menschen dürfte der Bayerische Musikrat eher kein Begriff sein...

Karin Rawe: Ja, das stimmt - obwohl wir die größte Kulturorganisation im Freistaat sind. Als Zusammenschluss der Einrichtungen und Verbände des Musiklebens in Bayern repräsentiert der Musikrat rund eine Million musikbegeisterte Menschen, Laien wie Profis. Von der Blaskapelle über Chöre bis hin zu Liebhabeorchestern. Doch als Dachverband arbeiten wir meist im Verborgenen, ziehen im Hintergrund die Strippen, wenn man so will. Das heißt aber nicht, dass es etwas zu verbergen gebe, ganz im Gegenteil. Unser Geld fließt halt nicht in Werbung, sondern in die Musik...

Was genau macht der BMR?

Er will zur Verbesserung der Musikkultur im Freistaat beitragen. Das tun wir, in dem wir unsere Mitglieder unterstützen, zum Beispiel mit Fachtagungen und Workshops, sei es zum Datenschutz, zu Teilhabe und Inklusion in der Musik oder mit Informationen zu Fördermöglichkeiten. Wir möchten allen uns angeschlossenen Verbänden und Institutionen ein Gesprächs- und Diskussionsforum bieten. Aber wir betreiben auch eine Art politische Lobbyarbeit für unsere Mitglieder, ganz nach dem Motto: Gemeinsam ist man immer stärker. Wir sind Experten in Sachen Musik, und wollen als solche neue Ideen einbringen und dafür Geld akquirieren.

EBE-Jazz 19 - Pressekonferenz

Freuen sich über die Ernennung zum Landesjazzfestival: Frank Haschler (links), Joachim Jann, Michael Liese, Peter Pfaff, Josef Ametsbichler.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Apropos Geld: Wie finanziert sich Ihr Verein?

Durch Mitgliedsbeiträge und eine regelmäßige staatliche Förderung. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst weiß schließlich, dass wir aufgrund unseres Fachwissens und unserer Vernetzung gute Arbeit leisten.

So gut, dass es nun eine große Aufgabe, die Jazzförderung, an den Musikrat übertragen hat...

Ja, richtig, und das hat uns alle sehr gefreut. Denn davor ist auf diesem Sektor einfach nicht genug passiert, da waren sich alle Beteiligten einig. Also hat man beschlossen, neue Wege zu gehen.

Was war schiefgelaufen?

Vor allem wurden bislang zu wenig Anträge auf Förderung gestellt - und diese meist stets von den gleichen, gut informierten Veranstaltern. Die Möglichkeit von Zuschüssen des Freistaats war in der Jazzszene wohl zu wenig bekannt. Dabei sind die Verantwortlichen im Ministerium durchaus sehr engagiert und wollen die Gelder unters Volk bringen. Aber sie sind halt auch mehr als ausgelastet...

Was hat sich nun bei der Jazzförderung konkret geändert?

Erstens haben wir unsere Organisationsstrukturen genutzt, um diese Unterstützung bekannter zu machen. Haben zum Beispiel den Bayerischen Jazzverband und das Bayerische Jazzinstitut gebeten, diese Information breit zu streuen. Außerdem wurde unter unserem Dach eine neue halbe Stelle geschaffen für Beratung genau in dieser Sache. Förderanträge zu stellen ist ja nicht ganz unkompliziert. Uns geht es einfach darum, die Schwellen für die Jazzer, diese Freigeister, niedriger zu machen.

Karin Rawe, Generalsekretärin
Bayerischer Musikrat e. V.

Karin Rawe, 57, hat Horn und Kulturmanagement studiert und als Orchesterdirektorin der Staatsoper Hannover und als Geschäftsführerin des Mozartfestes Würzburg gearbeitet. Sie ist Generalsekretärin des Bayerischen Musikrats.

(Foto: privat)

Was meinen Sie damit?

Naja, im Vergleich zur Klassik ist der Jazz ganz anders strukturiert, viel freier. Man plant zum Beispiel längst nicht so weit im Voraus. Dem wollen wir gerecht werden.

Ein Ticket für die Münchner Philharmoniker, sagt man, wäre ohne Förderung unbezahlbar. Gilt das für den Jazz auch?

Nicht ganz, denke ich. In der Klassik werden schon nochmal ganz andere Beträge abgerufen. Schließlich ist so ein Symphonieorchester teurer als ein Jazztrio. Außerdem gibt es im Jazz nur sehr wenige feste Verträge und keine starke Gewerkschaft (lacht). Aber man kann dank Zuschüssen die Preise moderater gestalten.

Und, waren die Maßnahmen für mehr Jazzförderung erfolgreich?

Ja, sehr. Die Zahl der Anträge hat sich verdoppelt - und die Fördersumme auch. Sie ist von 50 000 Euro im Jahr 2018 auf nun 100 000 gestiegen.

Welche Veranstaltungen werden denn vom Freistaat bezuschusst?

Da gibt es zwei Schienen. Die eine ist die Festivalförderung, sie läuft bereits. Wichtig ist hier, dass ein künstlerisches Konzept und ein Finanzplan vorliegt. Außerdem werden nur Festivals von überregionaler Bedeutung und professionellem Niveau gefördert, keine Laienkonzerte. Und als zweites ist eine Prämierung von Programmen geplant, hier werden ein bisschen andere Bedingungen gelten. Da geht es darum, auch Jahresprogramme zu unterstützen oder zum Beispiel Veranstalter, die regelmäßig Newcomern eine Bühne bieten.

Wer entscheidet über die Anträge?

Eine Kommission aus berufenen Experten.

Ist der Musikrat auch für die Förderung anderer Genres zuständig?

Nicht so umfassend wie beim Jazz, nein. Aber wir sind durchaus auch mit diversen anderen Programmen wie der Begabtenförderung beauftragt.

War es für EBE-Jazz 2019 denn schwierig, Unterstützung zu bekommen?

Nein, vor allem, weil es nun vom Jazzverband zum Landesfestival ernannt wurde. Das Ministerium und der Musikrat unterstützen diese Initiative sowohl inhaltlich als auch mit Fördermitteln. So bekommt dieses kleine, aber feine Festival noch mehr Aufmerksamkeit - und das hat es auch verdient. Neben Konzerten gibt es Tutorials, Ausstellungen, Kabarett und mehr, alles mit tollen Künstlern. Besonders gut finde ich auch die Angebote für junge Jazzer. Ich werde zum Abschlusskonzert fahren und freue mich schon sehr darauf!

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