Konzert in Baldham:Lebensfreude für Liebhaber

Konzert in Baldham: Dirigent Maximilian Leinekugel (hier bei einem Konzert in Vaterstetten) tritt mit den Munich Classical Players in Haar auf.

Dirigent Maximilian Leinekugel (hier bei einem Konzert in Vaterstetten) tritt mit den Munich Classical Players in Haar auf.

(Foto: Christian Endt)

Der junge Dirigent Maximilian Leinekugel schafft mit den "Munich Classical Players" ein kunstvolles Geflecht aus Grieg und Mozart.

Von Ulrich Pfaffenberger, Vaterstetten

Zum ersten Mal waren die Munich Classical Players mit ihrem Dirigenten am Sonntagabend in Vaterstetten, der Heimatgemeinde Maximilian Leinekugels. Das Konzert, das - im Gegensatz zu einem zweiten Termin zwei Tage vorher in Haar - unter Corona-Bedingungen stattfinden konnte, war indes nicht nur von der premierentypischen Energie und von Heimatgefühlen getragen, sondern von einer vibrierenden Lust am Spielen beim Orchester und im Publikum. Die Lücken im Raum, die der verpflichtende Abstand geschaffen hatte, werden durch die Glücksgefühle lebendiger, unmittelbarer Musik mit Leichtigkeit gefüllt.

Eine Umstellung im Programm verstärkt diese Wirkung noch: Bachs ursprünglich zu Beginn des Konzerts vorgesehene Orchester-Suite No. 3 entfällt, an ihre Stelle rückt der ursprüngliche Mittelteil, Edvard Griegs "Holberg-Suite", gefolgt vom hinzugefügten Adagio und Fuge in c-Moll von Mozart. Eine spannende Kombination aus einem Werk, in der ein Romantiker einem barocken Dichter die Reverenz erweist und aus einer Komposition, in der Mozart geschickt mit den Regeln und Stilformen seiner beiden barocken Inspiratoren Bach und Händel spielt. Da lässt sich gut beobachten, wie Dirigent und Orchester eine solche Aufgabe umsetzen - ungekünstelt, geistreich und lebendig.

Das Präludium der Holberg-Suite wird zum Statement: Hier kommt Grieg! "Allegro vivace" steht über dem Satz, das die 13 Streicherinnen und Streicher gern annehmen und mit Verve umsetzen, ohne die geschmeidige Lyrik des Komponisten zu vernachlässigen. Der gibt sich das Orchester dann im zweiten Satz noch stärker hin, suhlt sich geradezu im Volumen der Sarabande, wobei Celli und Bass kraftvoll durch die Szene tragen. Gavotte und Musette im dritten Satz wieder klären in ihrer lebendigen Heiterkeit unmissverständlich, dass auch das kühle Skandinavien zu warmherzigem Barock fähig ist, bevor im vierten Satz, dem "andante religioso" überschriebenen Air, die Romantik die Oberhand gewinnt, erweitert um eine eigenwillig melancholische Lyrik, in die sich das Orchester spürbar verliebt hat. Im fünften Satz, dem Volkstanz Rigaudon zugeschrieben, zelebriert das Ensemble abschließend eine goldene Zeit, festlich und munter zugleich, mit fein eingewobenen Fasern der einzelnen Stimmen. Flüssig und geschlossen im Vortrag, harmonisch im Miteinander und aufmerksam im Umgang mit Tempi und Dynamiken erweisen sich die Classical Players als gekonnte Interpreten eines Stoffs, bei dem Liebhaber gern einmal anspruchsvoll sind. Offenbar gehört der Dirigent auch zu ihnen.

Maximilian Leinekugel zu beobachten, gehört zu den spannenden Aspekten dieses Konzerts. Wer ihn schon früher am Pult erlebt hat, hatte zumindest den Zeitsprung über eine rare Präsenz in der Region zu überbrücken. Seine Masterstudien in Birmingham und Stockholm haben den jungen Dirigenten verändert, reifer gemacht. Sein Führungsstil ist prägnanter, weniger jugendlich-locker. Obwohl er noch immer Emotion in Bewegung verwandelt, geschieht dies pointierter, konzentriert auf die Momente des Wechsels und der Verdichtung. Seine Beziehung zum Orchester wirkt dadurch tiefer, sein Einfluss auf die Interpretation schlüssiger. Die erkennbare Bereitschaft, diesen evolutionären Fortschritt, der gerade der Holberg-Suite eine attraktive Prägung gibt, anzunehmen und weiterzuentwickeln, sollte Leinekugel als Gewinner aus den Einschränkungen der Pandemie hervorgehen lassen.

Anzeichen dafür finden sich zuhauf im Intermezzo des Konzerts, Adagio und Fuge von Mozart. Entschlackt von allem Zierrat, spielerisch die Optionen von c-Moll im Spektrum der Leidenschaften auslotend, entsteht ein hochdramatisches, spannungsgeladenes Tonbild. Stilsicher greift das Ensemble die Einflüsse auf, Händel noch intensiver als Bach, machen die Melodien transparent, öffnen die Gedanken: Wie es Mozart wohl angestellt hat, ein Stück zu schaffen, das von zeitloser Modernität ist? Das der Jugendlichkeit und dem Erwachsensein kompositorisch alles Trennende nimmt? Man sieht es an der Körperspannung der Musiker, wie sie dieses Stück beschäftigt, wie diese Essenz von Musik in sie dringt.

Sie nehmen, nun erweitert um acht Bläser und Pauke, diese Energie mit in den Abschluss des Abends, Mozarts "Jupiter-Sinfonie". Das Tempo bleibt angenehm hoch, die Konzentration beachtlich, der Schwung der Interpretation jugendlich-frisch. Die tragenden Motive sprudeln mit erfrischender Leichtigkeit dahin, regen die Fantasie und die Emotion des Publikums an: Man spürt, wohin dieser Fluss der Ideen münden wird, und ist doch gespannt auf das, was die nächsten Takte wohl bringen mögen. Dass das Menuetto und Trio im dritten Satz etwas zu diszipliniert und konventionell erklingen, stört da nicht weiter, hilft vielmehr vor dem abschließenden Presto noch einmal die Gedanken und Gefühle zu sortieren. So soll Mozart sein: Aus den Herzen und Gedanken der Musiker in die Finger und Lippen am Instrument durch die Wellen der Klänge hinein in die Gedanken des Publikums. Das mit lebhaftem Applaus für diese emotionsgeladene Aufmerksamkeit dankt und dem Respekt entgegenbringt, der sie als Dirigent gestaltet hat.

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