"Wir hoffen auf Cannes", scherzte Elfi Melbert am Ende der kleinen Filmpremiere im Münchner Justizpalast, "aber wir haben festgestellt: Schuster bleib bei deinen Leisten." Auch der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß zog gleich die Parallele zu den ganz großen: "Es geht der Premiere ähnlich wie dem neuen James Bond-Film", beide wurden mehrmals verschoben.
"Gemeinsame Wege" heißt der Kurzfilm, der am Donnerstag digital und in Anwesenheit von Georg Eisenreich, bayerische Justizminister und Robert Niedergesäß, Landrat von Ebersberg, vorgestellt wurde. Es ist ein besonderer Film über das ganz besondere Ehrenamt als rechtlicher Betreuer, initiiert von der Betreuungsstelle Ebersberg, vertreten von Elfi Melbert sowie Benedikta Unangst und umgesetzt in Kooperation mit örtlichen Vereinen.
Erzählt wird in rund 30 Minuten wie Robert (gespielt von Bernd Grawert), ein Rentner, sich in seine neue und nicht ganz leichte Rolle als ehrenamtlicher Betreuer einzufinden versucht und gleich zwei Fälle bekommt: den jüngeren Michel (Sven Hussock) und die demente Witwe Martha (Astrid Polak). Einen rechtlichen Betreuer für Entscheidungen zu haben bedeutet nicht, dass die Person ihren eigenen Willen verliert, im Gegenteil. Das wird dem Zuschauer eindringlich vor Augen geführt, als Michel auf dem Amt mit gebrochener Stimme ausruft "Ich bin ein Mensch!" Oder wie es auf der Seite des Justizministeriums über die rechtliche Betreuung heißt: "Die rechtliche Betreuung stellt die Unterstützung und Begleitung der Betroffenen in den Vordergrund. Betreuer unterstützen diese dabei, Entscheidungen zu fällen und deren Willen umzusetzen. Der Wille der Betroffenen ist die oberste Richtschnur."
Ungefähr 1,3 Millionen Menschen haben in Deutschland einen Betreuer, der ihnen nicht nur in rechtlichen, sondern auch alltäglichen Dinge hilft. Justizminister Eisenreich gab an, dass bereits 2019 die Vergütung für die überwiegend ehrenamtlichen Betreuer erhöht sowie die Zuschüsse für Betreuungsvereine auf drei Millionen Euro verdoppelt wurde. Ab 2023 sollen zudem die Rechte der betreuten Personen weiter gestärkt werden und Berufsbetreuer sollen künftig mehr Qualifikationen nachweisen müssen. Betreuer sollen noch mehr von Vereinen gestützt werden. Es handele sich bei diesem Ehrenamt dennoch um eines, das nicht so bekannt sei, wie es eigentlich sollte, sagte Niedergesäß in seiner Rede. Deshalb solle der Film auch der besseren Öffentlichkeitsarbeit dienen: "Es ist wichtig, dass wir für dieses besondere Ehrenamt Werbung machen."
Der Film ist realen Situationen aus dem Alltag entnommen und wurde von 2019 an dank vieler Helfer im Landkreis Ebersberg gedreht. Der mit 80 000 Euro überwiegend vom bayerischen Justizministerium finanzierte Film solle dabei helfen, ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen und ist freizugänglich auf der Internetseite des Ministeriums verfügbar. Als Wegbereiter fungierte bei dem Projekt der Glonner Filmemacher Valentin Winhart, der zur Vorbereitung Interviews mit Betroffenen führte und der den Regisseur Alex Schaad für das Projekt gewinnen konnte.
Winharts Anspruch an den Film: die Zuschauer zum Nachdenken über das Thema bewegen. Gleichzeitig habe man versucht, dem "ernsthaften Thema etwas Humor zu verschaffen", so Schauspieler Sven Hussock. Melbert gab an, sie hätten sich von einem YouTube-Video über freiheitsentziehende Maßnahmen inspirieren lassen.
Ähnlich wie das Video soll auch der Film einen emotionalen Zugang zu dem Thema ermöglichen, indem er realistisch zeige, was es bedeute, ein Betreuer zu sein und auch wie schwierig die Abgrenzung seines Aufgabenbereiches ist. Er soll auf das Ehrenamt vorbereiten und helfen Fragen, wie "Was erwartet mich denn da?", zu beantworten. Betreuung sei ein schwieriges Thema, das aber nicht nur Alt, sondern auch Jung betreffe und oft sei die Angst vor dem fremden Betreuer sehr groß.
Zusammen mit einem Begleitheft könne der Film künftig auch als Schulungsgrundlage dienen, wobei nicht nur Theorie, sondern auch Praxis vermittelt werde, erklärt Benedikta Unangst von der Ebersberger Betreuungsstelle. Wichtig sei immer: "Assistenz statt Bevormundung." Auch die demente Witwe Martha stellt in einem scheinbar klaren Moment am Ende des Films fest: "Der Weg wird leichter, wenn man ihn nicht ganz allein gehen muss."