Es war ein Beschluss, der den Zornedinger Bürger ganz und gar nicht geschmeckt hat: Zu Beginn des Jahres musste die Gemeinde die Gebühren für die Müllabfuhr deutlich erhöhen. Hatte die 80-Liter-Restmülltonne bisher 132 Euro gekostet, schlägt diese nun mit satten 222 Euro zu Buche – eine Steigerung um 68 Prozent. „Massive Beschwerden“ sind daraufhin beim Rathaus eingegangen, wie nun Zornedings zweite Bürgermeisterin und SPD-Kreisrätin Bianka Poschenrieder in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses sagte. Dort ging es um eine Idee, mit der sich solche Preissteigerung für die Müllentsorgung künftig vielleicht vermeiden lassen: Der Landkreis Ebersberg nämlich plant, die kommunale Abfallwirtschaft zu zentralisieren.
Am 4. Juni 1977 trat die „Rechtsverordnung zur Übertragung von Teilaufgaben im Bereich der Müllentsorgung im Landkreis Ebersberg auf die Gemeinden und Gemeindeverbände“ in Kraft. Das bedeutete für die Rathäuser, dass sie nun sie verantwortlich für die Organisation der Müllabfuhr, der bürgernahen Verwaltungsaufgaben, den Unterhalt von Wertstoffhöfen sowie natürlich für die Kostenkalkulation waren. Weil sich die Müllentsorgung nicht aus Steuergeldern finanzieren darf, sondern lediglich über Gebühren, mussten die Gemeinden die Preissteigerungen in dem Bereich bisher direkt an die Bürger weitergeben. Das führte dazu, dass nicht nur in Zorneding, sondern überall im Landkreis die Kosten für die Entsorgung von Hausmüll zuletzt deutlich angestiegen sind.
Von blauer Tonne bis Wertmarke: Die Entsorgungssysteme in den Gemeinden sind komplett unterschiedlich
Mit diesem Klein-Klein in der Abfallwirtschaft könnte aber bald Schluss sein, denn am Landratsamt hält man die knapp 50 Jahre alte Rechtsverordnung für nicht mehr zeitgemäß. Zum einen sind dadurch im Laufe der Jahre viele unterschiedliche Standards und Entsorgungssysteme entstanden, weil jede Gemeinde ihre eigenen Regelungen getroffen hat, wie es dazu in einer Stellungnahme der Verwaltung heißt. Tatsächlich wird die Müllabfuhr im Landkreis höchst unterschiedlich gehandhabt: In Kirchseeon können Bürger seit Kurzem eine blaue Papiertonne bestellen, während die Leute andernorts ihre alten Zeitungen zum Wertstoffhof bringen müssen. Vaterstetten dagegen hat eine Art Wertmarken-System für die Restmüllentsorgung etabliert, über das sich die Bürger einen Teil ihrer Gebühren zurückholen können, wenn sie weniger Müll produzieren.
Neben der unterschiedlichen Systeme spielen aber auch ökonomische Gründe bei den Plänen eine Rolle, die Müllentsorgung zu zentralisieren, wie Roland Ackermann vom Fachbereich Abfallwirtschaft am Landratsamt im Umweltausschuss erklärte. Dadurch, dass nicht mehr jede Gemeinde selbst ein Entsorgungsunternehmen beauftragen müsste, könne der Service auf einer größeren Ebene ausgeschrieben werden, wodurch der Transport günstiger werden dürfte. „Das ist der Weg in die Zukunft“, pflichtete ihm Landrat Robert Niedergesäß (CSU) bei. Ziel sei es, effiziente und wirtschaftliche Strukturen zu schaffen. „Das wirkt sich letztlich auf die Gebührenzahler, also jeden einzelnen Haushalt im Landkreis, aus.“

Landratsamt Ebersberg:Lehrgeld für Schulungssoftware
Das Ebersberger Landratsamt hat über mehrere Jahre hinweg eine Millionensumme ausgegeben, ohne dafür die Zustimmung des Kreistags zu haben. Der Landrat spricht von einem „Fehler“ und entschuldigt sich.
Aber auch die Rathäuser würden durch die Reform entlastet werden, schließlich müssten sich die dortigen Mitarbeiter künftig nicht mehr um die Abfallwirtschaft kümmern. Die Delegierung an die Gemeinden hat in den vergangenen Jahren zu einer „höheren administrativen und finanziellen Belastung“ geführt, wie die Verwaltung in einer Stellungnahme schreibt, zudem hat es häufig an einer koordinierten, langfristigen Planung gemangelt. Künftig solle der Landkreis als zentraler Ansprechpartner die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben überwachen, was zugleich die Transparenz und das Vertrauen bei den Bürgern fördere, so die Behörde, die zu diesem Fazit kommt: „Insgesamt führt eine zentrale Steuerung zu einer effizienteren, kostengünstigeren und nachhaltigeren Abfallwirtschaft.“
Die Verwaltung der Abfallwirtschaft soll nach dem Willen der Kreisräte ein Kommunalunternehmen übernehmen, das eigens zu diesem Zweck gegründet werden soll. Mit dieser Rechtsform hat der Landkreis bereits gute Erfahrungen gemacht, etwa im Fall der Wohnbaugesellschaft Ebersberg, die 2016 zur Schaffung von günstigem Wohnraum ins Leben gerufen wurde. Auch die Vemo, der Wasserversorger für den Münchner Osten, ist ein Kommunalunternehmen. „Das läuft seit zehn Jahren sehr gut“, sagte dazu CSU-Kreisrat und Plienings Bürgermeister Roland Frick, dessen Gemeinde Mitglied der Vemo ist. „Ein Kommunalunternehmen ist der richtige Weg“, pflichtete ihm auch Martin Lechner (CSU) bei. Die Rahmenbedingungen für die Gründung eines solchen soll nun die Verwaltung am Landratsamt ausarbeiten.
Die Hoffnung ist, die Müllgebühren durch die Reform zumindest stabil zu halten
Derweil lobten die Kreisräte auch allgemein die Bestrebungen des Landkreises, die Abfallwirtschaft zu entschlacken. „Es ist gut, dass alles einheitlich werden soll“, sagte Bianka Poschenrieder, dadurch seien Entscheidungen auch für die Bürger leichter nachzuvollziehen. Martin Lechner verwies auf die Müllautos, die jetzt teilweise kreuz und quer durch den ganzen Landkreis fahren würden, weil die Gemeinden verschiedene Unternehmen mit der Entsorgung beauftragt hätten. Er selbst glaube zwar nicht, dass die Müllgebühren nach der Reform signifikant fallen würden, „vielleicht schaffen wir es aber, die Preise zumindest stabil zu halten“.
Ohnehin gilt es noch die Frage zu klären, welches Entsorgungssystem zur Anwendung kommen soll. An Auswahlmöglichkeiten mangelt es im Landkreis jedenfalls nicht, schließlich handhabt fast jede Gemeinde die Müllabfuhr anders. Man werde sich die unterschiedlichen Optionen natürlich genau anschauen und dann das Beste für den kompletten Landkreis auswählen, sagte dazu Roland Ackermann. Ziel sei es, ein „abfallwirtschaftliches Gesamtsystem auszuarbeiten“.
Einen Zeitplan, bis wann dieses umgesetzt werden soll, gibt es indes noch nicht. Allzu schnell dürfte es allerdings nicht gehen, schließlich müssen die Strukturen erst nach und nach umgebaut werden. Zudem haben die Gemeinden laufende Verträge mit den Entsorgungsunternehmen, die sie zu erfüllen haben. Auch die endgültige Zustimmung des Kreistags steht noch aus.