Süddeutsche Zeitung

Verkehr bei Moosach:Erster Schritt zum Tempolimit am Fischzuchtberg

Im südlichen Landkreis Ebersberg befindet sich eine kurvenreiche Engstelle, wo es immer wieder zu Unfällen kommt. 800 Moosacher haben nun mit einer Petition politisches Gehör gefunden.

Von Korbinian Eisenberger, Moosach

Es gibt einen Ort, wo der Landkreis Ebersberg seinen Namen explizit zurecht trägt: Weit im Süden schlängelt sich mit dem Charme eines Gebirgswegs Asphalt durch Fels. Über den sogenannten Fischzuchtberg führt die Kreisstraße EBE 12. Oder besser: das Kreisstraßerl. Die Kurven sind so eng und verschlungen, dass die Adventsfahrt zum Adventure wird. Besonders dieser Tage, wo Schnee das Bayernland in Weiß hüllt und die Straßen glatt macht. Oder eben Straßerl, die zwischen Felswand und Abhang entlang führen.

Die etwa 750 Meter lange Teilstrecke zwischen den Ortschaften Buch und Moosach ist eine der prominentesten Engstellen der Region und seit Kurzem Thema einer Petition. Weil sich dort Unfälle häuften, wie es die Stimmensammler formulieren, sei ein Tempolimit dringlich. Schilder mit Brems- oder Geschwindigkeitsempfehlungen sind dort keine zu finden. Demnach sind laut Straßenverkehrsordnung 100 Kilometer pro Stunde erlaubt. Die Petition fordert nun Tempo 3o. 800 Moosacher haben unterschrieben.

Der Fischzuchtberg hat sich die Bezeichnung Nadelöhr sicherlich verdient. Handelt es sich doch um eine bisweilen unausweichliche Durchgangspassage. Tausende Pendler nutzen sie, um von Rosenheim nach München und zurück zu gelangen. Entweder als Abkürzung, oder als Umleitung, wenn die Fahrzeuge von der A99 bei Haar wie so oft wegen Stau über Moosach umgeleitet werden, um in Bad Aibling wieder auf die Autobahn zu fahren.

Vertreter von FDP und Grünen unterstützen den Antrag

Am Montagabend führte die Petition aus Moosach zu einer politischen Debatte, die einmal mehr die Kuriositäten des deutschen Verkehrsregelwerks offenbarte. Andrea Hinterwaldner, die Dritte Bürgermeisterin der Gemeinde Moosach, war mit ihrem Gefahrenbericht im Verkehrsausschuss des Kreistags zu Gehör gelangt. Von der FDP und den Grünen kamen spontan unterstützende Anträge für die Petition. Das Ausschussgremium unterstützte schließlich den Antrag von FDP-Kreisrat Alexander Müller. Demnach ist die Ebersberger Kreisverwaltung nun damit beauftragt, die "Möglichkeit einer Geschwindigkeitsbegrenzung für die Bergstrecke (...) auf Tempo 40 voranzutreiben".

Als chancenmindernd für dieses Ziel könnte sich erweisen, dass bei Entscheidungen dieser Art noch andere mitreden. Andreas Wenzel von der Kommunalaufsicht im Ebersberger Landratsamt teilte im Gremium mit, dass "der Vollzug der Straßenverkehrsordnung dem Freistaat obliegt". Demnach sei unerlässlich, das Staatliche Bauamt in Rosenheim und die Polizei vom Inhalt der Moosacher Petition zu überzeugen. Ein Polizist - genauer, ein ehemaliger solcher - tat kurzum in der Sitzung seine eingeschränkte Begeisterung kund: Temposchilder mit Aufschriften wie etwa 30, 40 oder 50 "suggerieren Pseudosicherheit", sagte Roland Frick, der einst von der Kripo ins Rathaus der Gemeinde Pliening wechselte, wo man ihn seither samt CSU-Parteibuch am Bürgermeisterschreibtisch findet.

Wie lange sich die Ebersberger Kreisverwaltung für die Moosacher Kurvendiskussion Zeit lassen darf oder soll, wurde zwar nicht festgelegt. Der Mann von der Kommunalaufsicht gab jedoch einen Wegweiser für eine mögliche politische Abzweigung der Petitions-Initiatorinnen Jeanette Dreßel und Andrea Hinterwaldner. Bei deren im August eingereichten 797 Unterschriften handle es sich um umgerechnet 17 Prozent der Moosacher Stimmberechtigten. Mit 25 Prozent der Stimmen, also knapp 1200, wäre ein Bürgerentscheid auf Gemeindeebene möglich, so Wenzel.

Erschwerend kommt hier hinzu, dass die Petition bereits geschlossen ist, sie war nur bis Mitte August geöffnet. Eine Nachfrage bei Dreßel und Hinterwaldner am Dienstag lässt auf Zufriedenheit mit dem Sitzungsergebnis schließen: Beide sprechen von einem "Teilerfolg". In ihrer Wahrnehmung habe "das Gremium grundsätzlich verstanden, worum es uns geht". Dies ist in der Politik sicherlich keine Selbstverständlichkeit.

Zu den Begleiterscheinungen dieser Petition gehört eine zweite Forderung, die im Gremium allerdings trotz eines Vorstoßes von Grünen-Kreisrat und Bayernchef Thomas von Sarnowski durchfiel. Die Antragsteller hatten in einem zweiten Punkt der Petition für Tempolimit 30 auf der Staatsstraße 2351 von Moosach nach Glonn plädiert. Sarnowskis Teilantrag hierzu fand keine Mehrheit. Womöglich hätte die Petition noch mehr Unterschriften eingebracht, hätten die Initiatoren sie zweigeteilt. Dem Vernehmen nach stinkt zwar nicht wenigen Moosachern die Situation in den Kurven am Feld. Richtung Glonn aber möchte man gerne weiterhin mit den erlaubten 60 Kilometern pro Stunde unterwegs sein.

Gäbe es Optionen mit Temposchildern? Oder zumindest Warntafeln? Das staatliche Bauamt Rosenheim hat sich bis dato nicht öffentlich zum Gebirgsweg auf der EBE12 geäußert. Und so pendeln die Rosenheimer weiter wie bisher durchs Moosacher Straßerl am Fels.

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