Süddeutsche Zeitung

Frauenchor "Con Voce":Leichtigkeit und Leuchtkraft

Der Frauenchor "Con Voce" unter Leitung von Matthias Gerstner führt in der Wallfahrtskirche Maria Altenburg Adventsmusik aus England auf. Die Weihnachtslieder präsentieren sich ohne Wucht und Schwere.

Von Rita Baedeker, Moosach

Der Text des Songs passt zum Zauber dieses Dezemberabends: "Strahlend und hell scheint ein Licht über Bethlehem, Engel erfüllen die Lüfte mit Schall. . . " Mit diesen aus dem Englischen übersetzten Worten beginnt John Rutters Weihnachtswiegenlied. Der 70. Geburtstag des Komponisten in diesem Jahr bot Zornedings Kirchenmusiker und Chorleiter Matthias Gerstner nun schon zum zweiten Mal Anlass, ein Konzertprogramm mit englischer Chormusik - man könnte auch sagen: Chormusik der Engel - einzustudieren.

Solche Musik erklang vergangenen Samstag in der in golden-barocker Pracht hell leuchtenden Wallfahrtskirche Maria Altenburg bei Moosach. Eigentlich sollte man den Kreuzweg statt mit dem Auto zu Fuß zurücklegen, um dann, vom Marsch bergauf gut gewärmt, die vom Kammerchor Con Voce und der Harfenistin Miriam Graf dargebrachte Musik zu genießen. Aber da es schon fast dunkel ist, und der Weg weit, schraubt sich nun eine kleine Wagenkolonne den Hügel hinauf.

Die Melodie geht zu Herzen, aber ohne Schwere

Rutters Popularität auch hierzulande gründet auf einer Klangsprache, die vor allem bei den "Carols", den Weihnachtsliedern, Leichtigkeit und Leuchtkraft besitzt. Die Melodik geht zu Herzen, ist aber ohne Wucht und Schwere. Der Chor sang zwei Liederzyklen mit Harfenbegleitung und einen Satz a cappella, mal auf Latein, mal in englischer Sprache. Der Ideenreichtum in Rutters Kompositionen lässt staunen. Manches erinnert ein wenig an Orff, dann wieder erklingt ein volksliedhaftes heiteres Tanzstück, wie man es auf den Britischen Inseln liebt.

Zauber verbreitet das Stück "Coventry Carol" im Zyklus "Dancing Day". Rutters Harmonik, obwohl im konventionellen Rahmen, ist ungemein vielseitig und vielschichtig. Die drei- und vierstimmigen Sätze erfordern präziseste Einsätze und saubere Intonation; nur dann offenbart sich der schwebende Zauber dieser innig-schlichten Musik. Das von Gerstner 2006 als Projektchor gegründete Ensemble Con Voce besitzt die Qualität, diese Musik ausdrucksstark zu gestalten.

Neben Liedern von Rutter kam Weihnachtsmusik von Karl Jenkins und David Willcocks zur Aufführung. Leider fand sich im gedruckten Programm kein Wort über die beiden nicht so bekannten Komponisten. Der 71-jährige Jenkins kommt aus Wales, ist Keyboarder, Oboist und Saxofonist, er schreibt Pop, Symphonik, Kirchenmusik und Jazz. Willcocks, mit Ehrungen überhäufter Chorleiter, Organist und Komponist, starb 96-jährig im September dieses Jahres. Zusammen mit Rutter hat er 1987 eine Sammlung von 100 Weihnachts- und Kirchenliedern für Chöre herausgegeben.

Begleitet hat die Münchner Harfinistin Miriam Graf

Mit zwei drei- und vierstimmigen, a cappella gesungenen Liedern von Willcocks eröffneten Gerstner und der Chor das Konzert, darunter die von ihm arrangierte Hymne "Angels, from the realm of glory" und so festlich wie sein "O little town of Bethlehem". Bemerkenswert auch Karl Jenkins' Song "Sleep, child of winter", ein Satz, der sich in etwa so anhört wie Menschen, die, vor Aufregung ganz aus dem Häuschen, rhythmisch auf jemanden einreden - nicht ganz die ideale Voraussetzung für ein Wiegenlied, aber musikalisch sehr reizvoll. Das Programm wurde von der Münchner Harfenistin Miriam Graf, Lehrerin an der Kreismusikschule Erding, mit sphärischen, gelegentlich auch perkussiven Klängen wunderbar begleitet.

Das Publikum gab sich in der fast voll besetzten Kirche eine gute Stunde lang dem Zauber der Musik hin und ließ sich still von Lied zu Lied tragen. Erst am Ende erklang freudiger Applaus, der mit einer Zugabe von John Rutter belohnt wurde.

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SZ vom 22.12.2015/moje
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