Sie müssen sich stets beweisen, Gehör verschaffen, ihren Platz erobern: Frauen in der Politik finden sich ein ums andere Mal vor Barrieren wieder. Und die möchten sie beseitigen. So auch die „Frauen für Moosach“. Die Gruppe kämpft seit 23 Jahren für mehr weibliche Stimmen in der Kommunalpolitik. Und hat sich deutliche Ziele gesetzt: Sie möchte Ideen teilen und bei der Umsetzung mitwirken. Frauen dabei zu helfen, in der Politik präsenter zu sein, steht im Vordergrund. Das sei gerade auf lokaler Ebene wichtig, weil diese sehr direkt und persönlich sei. „Das geht einfach alle was an“, sagt Andrea Hinterwaldner, Gemeinderätin und Dritte Bürgermeisterin von Moosach.
Aber wie kann es gelingen, dass Frauen in der Politik sichtbarer werden? Zum Beispiel durch die sogenannten „Frauenlisten“, also solche Wahllisten, die ausschließlich aus Kandidatinnen für politische Ämter bestehen. Laut Hinterwaldner gibt es in Bayern aktuell etwa 27 solcher Listen, organisiert sind sie im Landesverband Frauenlisten Bayern.
Der Austausch findet nicht nur lokal statt, sondern bundesweit
Dieser vernetzt die Kandidatinnen miteinander, beispielsweise durch einen Online-Stammtisch oder die Mitgliederzeitung „Patrona Bavaria“. Weil es die Frauenlisten nicht nur in Bayern, sondern deutschlandweit gibt, sind diese deutschlandweit verknüpft, zum Beispiel durch einen Bundeskongress, der alle zwei Jahre stattfindet. Um den Austausch, die bundesweite Vernetzung und die Organisation kümmern sich auch Frauen aus Moosach. Andrea Hinterwaldner ist Vorsitzende des Landesverbands Frauenlisten Bayern, Jeanette Dreßel ist eine ihrer Stellvertreterinnen.
Auch die Frauen für Moosach setzen sich für einen höheren Frauenanteil in der Kommunalpolitik ein. Moosach gehört zu den wenigen Gemeinden in Bayern, in denen es eine Frauenliste gibt. Um ihr Ziel zu erreichen, heißt es für die Mitglieder: arbeiten, und zwar an vielen verschiedenen Themen. Eines davon ist die Sichtbarkeit, und die wird erreicht durch zusätzliches politisches Engagement auf verschiedenen Feldern, Umwelt und Jugend zum Beispiel.

Ein großes Hindernis auf dem Weg in die Politik, das die „Frauen für Moosach“ endlich beseitigen wollen, sind Vorurteile. Denn die gebe es besonders auf dem Land, hat Andrea Hinterwaldner festgestellt. „Zu erkennen, dass Politik in einer ländlichen Gemeinde viel direkter und leichter umsetzbar ist als zum Beispiel im Bund, kann zu eigenem Engagement führen.“ Gerade abseits der Städte aber sei es deutlich schwieriger, einen höheren Anteil von Frauen für Politik zu begeistern. In den Kommunalparlamenten gebe es ohnehin schon wenig Politikerinnen, das erhöhe den Druck. „Als Frau in einer Männerrunde eine andere Meinung zu vertreten ist nicht so einfach“, sagt Regine Müller, Vorsitzende des Moosacher Vereins.
Müller ist nicht nur Chefin und Ansprechpartnerin, sondern sozusagen der Kleber des Vereins: Sie hält alles zusammen, sie organisiert und plant politische Aktionen, die ihren Geschlechtsgenossinnen wiederum die nötige Sichtbarkeit verschaffen.

Denn genau an dieser Präsenz fehle es vielen Frauen in der Politik, sagt Müller. Sie hätten es oft schwer, sich Gehör für ihre Ideen, Einwände und Bedürfnisse zu verschaffen. „Als Frau muss man sich immer doppelt anstrengen.“ Aber Frauen sollten sich ruhig viel öfter zutrauen, auch in männerdominierten Feldern ihr Wissen und ihre Erfahrungen einzubringen.
Weil viele Frauen nach wie vor für die sogenannte „Care-Arbeit“ zuständig sind, sie also neben ihrem Job auch noch Haushalt und Kindererziehung managen, sind sie laut Müller von vorneherein doppelt belastet – ohne dafür Wertschätzung zu erhalten. Ein enormer Mental-Load, durch den viele so überfordert seien, dass der Gedanke, sich zusätzlich in der Politik zu engagieren, sie abschrecke.

Frauen in der Politik:Lieber sollen statt müssen
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Auch in diesem Punkt, stellt Hinterwaldner fest, müsse sich zwingend etwas ändern – allein, wenn man die Arbeit in lokalen Gremien betrachte: Den Frauen könnten beispielsweise Babysitter gestellt werden, um ihnen mehr Freiheit zu schaffen, schlägt die Gemeinderätin und Dritte Bürgermeisterin vor. „Eben aus der Erkenntnis heraus, dass die politische Arbeit sowohl Männer als auch Frauen braucht.“
Für Gleichberechtigung zu kämpfen obliege indes nicht nur den Frauen: Auch die Männer in den Gremien könnten helfen, so Hinterwaldner. Denn nur mit ihrer Unterstützung könne ein ausgeglichener Frauenanteil in der Politik zu einer Selbstverständlichkeit werden. Regine Müller wünscht sich deshalb einen neuen Automatismus. Es sollte immer geschaut werden: „Haben wir auch genug Frauen hier?“