Mobilitätspauschale:Einmal zahlen, immer fahren
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Eine Nahverkehrs-Flatrate könnte die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver machen
Von Wieland Bögel, Ebersberg
Vom Rundfunk ist das Prinzip seit Jahrzehnten bekannt: Jeder muss für das Angebot zahlen, ob man es nun nutzt oder nicht. Etwas ähnliches könnte es künftig vielleicht auch für den öffentlichen Nahverkehr im Landkreis geben: Alle Einwohner zahlen eine Art Mobilitätspauschale und dürfen dafür Bus und Bahn umsonst benutzen.
Zumindest wenn es nach CSU-Kreisrat Martin Lechner geht. Der machte im jüngsten Verkehrsausschuss den Vorschlag eines gebührenfinanzierten öffentlichen Nahverkehrs im Landkreis. "Jeder Haushalt zahlt und alle fahren dann umsonst." Dadurch, so Lechner weiter, könne man das Fahrgastaufkommen sicher verbessern - und das sei auch dringend nötig: "Bei der Energiewende fehlt es am meisten bei der Mobilität." Tatsächlich ist man im Bereich Verkehr noch sehr weit vom selbstgesteckten Ziel entfernt, bis 2030 keine fossilen Energieträger mehr zu verwenden. Von rund 80 000 im Landkreis zugelassenen Fahrzeugen werden weniger als 100 mit erneuerbaren Energien oder elektrisch betrieben. "Das kommt nicht in dem Maße vorwärts, wie wir uns das wünschen", so Lechners Fazit, daher müsse man eben alles dafür tun, dass die Leute auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.
Ein wichtiges Anliegen, wie Landrat Robert Niedergesäß seinem Parteifreund Lechner bescheinigte - was so aber leider nicht umsetzbar sei: "Im jetzigen Rechtssystem gibt es dazu keine Chance." Der Landkreis habe ganz einfach nicht das Recht, bei seinen Bürgern für den Nahverkehr eine pauschale Gebühr zu kassieren, hier müsste der Bundes-Gesetzgeber aktiv werden. Allerdings gibt es für eine Mobilitätsgebühr durchaus Vorbilder, erläuterte Ludwig Karg von der Firma Baum Consult, wenn auch nicht hierzulande. So gebe es niederländische Kommunen, die ein solches Modell eingeführt hätten - was, alle rechtlichen Fragen beiseite, in einer einzelnen Stadt oder Gemeinde allerdings wohl auch einfacher sei, als in einem ganzen Landkreis, der noch dazu Mitglied in einem überregionalen Verkehrsverbund ist. Niedergesäß sicherte aber zu, Lechners Idee "als Prüfungs-Auftrag" mitzunehmen und zu untersuchen, welche Möglichkeiten es hier grundsätzlich gibt.
In der Zwischenzeit will man sich weiter dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Landkreis widmen, "da sind wir gut unterwegs", wie Niedergesäß anmerkte. So würden etwa die verbesserten Buslinien im Landkreissüden, die auch mit dem Fil-zenexpress getaktet sind, sehr gut angenommen. Auch insgesamt zeige sich eine immer bessere Akzeptanz, was sich an der Kostendeckung der Nahverkehrsangebote des Landkreises ablesen lasse. Vor zehn Jahren kamen gerade ein Viertel der Kosten durch Ticketverkäufe wieder herein, aktuell gebe es bereits so viele zahlende Passagiere, dass der Wert bei um die 50 Prozent liege.
Neben der weiteren Verbesserung der Buslinien verfolgt man im Landkreis noch weitere Ansätze zur umweltfreundlichen Mobilität. So sollen die einzelnen Autoteiler-Vereine in den Kommunen - insgesamt gibt es derzeit acht im Landkreis, in allen S-Bahn-Gemeinden sowie in Glonn - besser vernetzt werden, etwa durch ein einheitliches Buchungssystem. Dadurch soll es einmal möglich sein, dass jedes Autoteiler-Mitglied, egal aus welcher Gemeinde, bei jedem anderen Carsharing-Verein im Landkreis ein Auto ausleihen kann.
Auch wer auf zwei Rädern unterwegs ist, soll bessere Angebote erhalten. Wie diese aussehen könnten, dazu gab es bereits eine Untersuchung der TU München zur Erreichbarkeit der S-Bahnstationen per Fahrrad, so Wirtschaftsförderer Augustinus Meusel, die auch einige Verbesserungsvorschläge ergeben hatte. Ebenfalls verbesserungswürdig fanden einige im Ausschuss den Radwege-Plan des Landkreises. Lechner schlug vor, nur Wege in den Plan aufzunehmen, die auch mit einem nicht-geländetauglichen Rad zu befahren seien. Ein abschreckendes Beispiel für einen angeblichen Radweg sei jener zwischen Grafing und Aßling, dieser sei ein reiner Feldweg. Man solle eine Kategorisierung der Radwege vornehmen, regte Ilke Ackstaller (Grüne) an, "damit man weiß, was einen erwartet."