Mobilität im Landkreis Ebersberg:Einsteigen zum Quantensprung

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Um das Projekt namens Alpenbus ist es in jüngster Zeit ruhig geworden. Nun bittet Florian Streibl das Verkehrsministerium um Unterstützung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Landkreis bringt seinen neuen Nahverkehrsplan auf den Weg. Ziel ist vor allem die Verbesserung des Busangebotes, erste Maßnahmen sollen bereits zum Fahrplanwechsel im Dezember greifen

Von Wieland Bögel

Ein Anlass, über den öffentlichen Nahverkehr zu schimpfen, ist schnell gefunden. Zu überlegen, wie man das Angebot aber besser machen kann, ist da schon schwieriger. Seit vergangenem Jahr laufen im Landkreis entsprechende Untersuchungen, es gab auch eine Online-Befragung, an der sich die Passagiere beteiligen konnten (s. links unten). Nun liegt das Ergebnis in Form des Nahverkehrsplanes für den Landkreis vor. Im Umweltausschuss des Kreistages wurde das Maßnahmenpaket vorgestellt und mit einigen kleineren Änderungen einstimmig verabschiedet. Einige Abstimmungen mit Nachbarlandkreisen und Verkehrsunternehmern stehen noch aus, bis das Konzept dann im Dezember im Kreistag behandelt wird.

Laut Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat sich der öffentliche Nahverkehr in den vergangenen Jahren zwar verbessert - so fahren die Busse etwa ein Drittel mehr Kilometer als noch Anfang des Jahrzehnts - allerdings "reicht das noch nicht". Denn oftmals liegt der Schwerpunkt des Angebotes auf dem Berufsverkehr; "untertags, nachts und am Wochenende ist es noch ausbaufähig". Erreicht werden soll der Ausbau hier vor allem durch Rufbusse und/oder Sammeltaxis, Ziel sei ein "24/7-Angebot" auch in den ländlicheren Regionen. Gestärkt und ausgebaut werden sollen auch die sogenannten Tangentialverbindungen, also die Vernetzung vor allem zwischen den S-Bahnlinien und Gemeinden im nördlichen und südlichen Landkreis.

Mehr als 30 Einzelmaßnahmen listet das Konzept dazu auf, würden alle wie geplant umgesetzt - und angenommen -, wäre dies "ein Quantensprung für die Mobilität im Landkreis", so Niedergesäß, genau wie für den Klimaschutz, schließlich soll dadurch auch die Zahl der Autofahrten reduziert werden. Allerdings, auch das zeigt das Konzept, wird die Umsetzung weder schnell noch billig. Laut Zeitplan sind es für einige Verbesserungen mehr als fünf Jahre bis zum Start. Die Gesamtkosten - ohne Mehreinnahmen durch zusätzliches Passagieraufkommen - würden sich auf knapp 4,75 Millionen Euro jährlich belaufen, wenn alles umgesetzt wird.

Die Sofortmaßnahmen

Einige Verbesserungen sollen die Fahrgäste bereits mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember zu spüren bekommen. So gibt es auf der Linie 442 zwischen Ebersberg, Grafing und Kirchseeon eine zusätzliche Fahrt in der Früh und je zwei am Vormittag und am Abend, die Linie 444 verkehrt zusätzlich auch nach 22 Uhr zwischen Aßling und Schalldorf. Die Linie 440 zwischen Grafing und Glonn soll künftig auch am Wochenende Richtung Steinsee fahren, außerdem gibt es eine neue Verbindung nach Moosach. Außerdem soll die 440 künftig besser an die 413 angebunden werden, die zwischen Antholing und Höhenkirchen-Siegertsbrunn verkehrt. Auch diese Linie soll am Wochenende attraktiver werden, am Samstag gibt es dazu eine zusätzliche Verbindung, am Sonntag zwei. Auf der Linie 446 zwischen der Kreisstadt und Markt Schwaben über Forstinning und Anzing soll bis 19.15 Uhr ein ganztägiger 40-Minuten-Takt eingeführt und es sollen an den Wochenenden mehr Stationen regelmäßig angefahren werden. Die als S-Bahn-Zubringer von Hohenlinden und Forstinning nach Markt Schwaben genutzte Linie 469 erhält vier zusätzliche Fahrten und wird in der Marktgemeinde selbst nach Süden verlängert. Die Gesamtkosten aller aufgeführten Maßnahmen betragen 177 500 Euro.

Die neuen Linien

In den kommenden fünf Jahren sollen eine Reihe von Express- und Tangentialverbindungen entstehen, die das Nahverkehrsnetz insgesamt stärken und besser nutzbar machen sollen. Wohl bereits im Dezember übernächsten Jahres soll die neue Buslinie zwischen Poing und der Messestadt starten, eventuell verlängert bis nach Forstinning und Hohenlinden. Je nachdem würde die Verbindung zwischen 620 000 und 870 000 Euro im Jahr kosten. Etwa ein bis zwei Jahre darauf könnte die neue Verbindung Höhenkirchen-Kirchseeon über Egmating, Oberpframmern und Moosach den Betrieb aufnehmen. Für etwa 470 000 Euro im Jahr soll so eine Verbindung zwischen der S4/6 und der S7 entstehen, die vor allem für den Schülerverkehr interessant sein könnte. Ebenfalls in etwa fünf Jahren wäre eine neue Verbindung zwischen Glonn und Aßling möglich, je nachdem ob diese direkt oder über Baiern geführt wird entstünden Kosten von 335 000 bis 390 000 Euro.

Mit 670 000 Euro pro Jahr gut doppelt so teuer würde die ebenfalls frühestens in fünf Jahren zu erwartende Direktverbindung von Markt Schwaben zum Flughafen in Erding. Allerdings wird neben den hohen Kosten auch die relativ lange Fahrtzeit kritisch gesehen, weshalb die Route mit der untersten Priorität eingestuft wird. Genau wie eine neue Verbindung zwischen Pliening, Poing und Anzing nach Ebersberg. Hier sind ebenfalls hohe Kosten von 580 000 Euro für eher geringe Fahrzeitverkürzung zu erwarten, auch wäre eine Inbetriebnahme wohl erst nach 2024 möglich.

Dieser Zeitrahmen war auch für eine neue Verbindung zwischen Pliening und Poing nach Zorneding geplant. Auch weil man erst 2025 durch Auslaufen der Konzession für die 465 zwischen Baldham und Poing die beiden Linien verknüpfen könnte. Der Ausschuss stimmte aber dafür, den Zeitplan auf zwei bis drei Jahre zu straffen, rund 380 000 Euro würden dafür pro Jahr fällig. Keinen neuen Zeitplan, aber eine höhere Priorisierung wurde für die Verlängerung der Linie 446, die derzeit zwischen Markt Schwaben und Ebersberg verkehrt, nach Kirchseeon beschlossen. Einführung des 100 000 Euro teuren Angebotes ist aber wohl erst in fünf Jahren. Zwei andere Verbesserungen auf derselben Linie sollen dagegen schon in drei bis vier Jahren möglich werden. So ist für rund 400 000 Euro eine zusätzliche Expressverbindung zwischen Marktgemeinde und Kreisstadt geplant. Dadurch könnte der Regelverkehr über Hohenlinden geführt werden, rund 100 000 Euro soll dies kosten.

Auch im Ortsbereich sind neue Linien geplant. Im Dezember 2021 soll zwischen Poing Nord und Poing Süd die neue Ringlinie 468 unter anderem das Schulzentrum, das Gewerbegebiet West und den Mitterfeldring anfahren, die Kosten tragen die Gemeinden Poing, Pliening und Anzing. In drei bis vier Jahren könnte zudem ein neuer Bus alle 40 Minuten zwischen den beiden Städten Ebersberg und Grafing verkehren, der genaue Streckenverlauf steht noch nicht fest, Ziel ist aber, die Gewerbegebiete Ebersberg Nord und West sowie Grafing-Schammach mit den Bahnhöfen zu verbinden, eventuell im Ringverkehr. Geschätzte Kosten je nach Variante: 360 000 Euro pro Jahr. Im gleichen Zeitrahmen - aber durch eine Höherstufung der Priorität im Ausschuss nun etwas wahrscheinlicher - liegt die neue Linie Glonn-Baiern-Egmating, die allerdings mit Rufbussen bedient werden soll.

Die Beschleunigungen

Auf zahlreichen bestehenden Linien werden laut Konzept in den kommenden Jahren die Takte verdichtet. Im Landkreisnorden sind die drei Poinger Linien 460, 461 und 462 betroffen, dort soll es zum Dezember 2021 so weit sein. Im gleichen Zeitraum ist eine Ausweitung der Betriebszeiten bis 24 Uhr auf den Linien 462 und 464 geplant. Ebenfalls in zwei bis drei Jahren soll der Ringbus 451 durch Vaterstetten und Baldham wieder in beide Richtungen verkehren. Weitere zwei Jahre später sieht der Plan einen Stundentakt auf der Linie 445 zwischen Ebersberg, Hohenlinden und Erding vor, mehr Busse sollen dann auch auf der 469 zwischen Markt Schwaben und Hohenlinden via Forstinning verkehren.

Im Süden des Landkreises wird als erstes die Linie 443 ertüchtigt, die im Ringverkehr von Steinhöring über Frauenneuharting, Tulling und Abersdorf fährt. Hier ist bis in zwei Jahren die Schließung der Taktlücke am Vormittag geplant. Die 444 soll in drei bis vier Jahren auf zwei Ästen - Grafing-Aßling-Emmering und Grafing-Frauenneuharting-Aßling verkehren, was 300 000 bis 350 000 Euro kosten würde. Die 440 könnte in fünf Jahren deutlich schneller unterwegs sein, jedenfalls wenn die Tangente zwischen Höhenkirchen und Kirchseeon über Moosach kommt und angenommen wird. Dann kann sich der 440er Bus nämlich einen Halt in Moosach sparen. Die Linien 411 und 413 von Glonn nach Neuperlach beziehungsweise Höhenkirchen-Siegertsbrunn sollen ebenfalls öfter unterwegs sein, was rund 220 000 Euro kosten könnte - allerdings wegen laufender Verträge wohl erst nach 2027 kommt.

Die sonstigen Maßnahmen

Zwei weitere Punkte sieht der Nahverkehrsplan vor, mit dem das Angebot verbessert werden könnte. Zum einen ist das eine Verstärkung am Wochenende. Vorgeschlagen wird, dass auf allen Hauptnetz-Linien samstags je zehn zusätzliche Fahrten in jede Richtung angeboten werden sollen, sonntags je sechs. Dies wäre in etwa zwei Jahren umzusetzen, würde rund 330 000 Euro pro Jahr kosten. Außerdem ist - auch für die Nebenlinien - ein Rufbus- beziehungsweise Ruftaxi-Angebot geplant. Ziel des in der Priorität hoch, im Umsetzungs-Zeitplan allerdings eher bis Mitte kommenden Jahrzehnts eingestuften Vorhabens, ist eine Versorgung rund um die Uhr. Was ermöglicht werden soll, indem die Busse oder Großraumtaxis keine festen Fahrpläne erfüllen, sondern in "Korridoren" unterwegs sind. Die Passagiere melden dann per Telefon oder Internet, welche Halte benötigt werden. Genaue Kostenberechnungen gibt es keine, da noch nicht klar ist, wie viele solcher Korridore benötigt werden. Pro Korridor wird mit etwa 100 000 Euro im Jahr gerechnet.

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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