Mitten in Vaterstetten:Und ewig hoffen die Erben

Dass es in Vaterstetten einige ebenso betuchte wie betagte Bewohner gibt, ist kein Geheimnis. Aber ob sich das auch eines Tages auf die Gemeindekasse auswirkt?

Kolumne von Wieland Bögel

Zwei Tragödien gebe es im Leben, sagte einst Oscar Wilde: Nicht zu bekommen, was man will - und das Gegenteil. Da Wilde den Spruch auch niederschrieb, ist er heute noch bekannt, gewissermaßen Teil seines literarischen Erbes. Um das Thema Erben ging es kürzlich auch in Vaterstetten: Bürgermeister Georg Reitsberger gab sich, angesichts des großzügigen Nachlasses einer Vaterstettenerin an die Kreisklinik, immerhin mehr als eine Million Euro, zuversichtlich. Ähnliches sei vielleicht auch für die Gemeinde zu erwarten. Dass es in Vaterstetten einige ebenso betuchte wie betagte Bewohner gibt, ist zwar nicht völlig neu, dass diese aber in nennenswerter Zahl ihr Vermögen im finalen Fall der Fälle der Gemeindekasse überantworten, ist dann doch ein wenig überraschend. Nicht jedoch für den Bürgermeister, seinen Informationen zufolge gebe es einige Gemeindebürger, die ihren Wohnort testamentarisch bedacht hätten oder dies zumindest in Erwägung zögen.

Was erst mal nach einer guten Nachricht klingt, gilt die Vaterstettener Finanzlage doch seit jeher als chronisch angespannt. Und wie bei allen, denen es ähnlich geht, ist die Hoffnung groß, die reichen Erbtanten oder -onkel könnten durch etwas so Simples wie ihr Ableben der prekären Kassenlage etwas entgegensetzen. Ganz im Sinne des von Wilde angeführten Problems der zwei Tragödien gibt es aber auch eine Schattenseite - mindestens. Denn zum einen ist das mit dem Erben ja eine hochriskante Sache, genauer mit den Erben, noch genauer: mit den anderen Erben. Wem sich das Problem nicht erschließt, dem sei zur Anschauung der Film "Didi und die Rache der Enterbten" ans Herz gelegt, ein großartiges Glanzstück cineastischen Brachialhumors der 1980er Jahre, das gewisse Probleme bei der Aufteilung vererbter Großvermögen anschaulich illustriert.

Wobei: es wechseln bei Erbschaften ja eher selten riesige Millionensummen den Besitzer. Oft geht es um Dinge, denen Wohlmeinende den viel zitierten "ideellen Wert" zusprechen. Weniger Wohlmeinende haben dafür sicher noch ganz andere Ausdrücke, aber kurz gesagt: Es geht um Dinge, aufgrund deren Existenz der Beruf des Entrümplers erfunden wurde. Den zu bezahlen seinen Angehörigen ersparen kann, wer in seinem Testament rechtzeitig beispielsweise die Gemeinde als Begünstigten einträgt. Natürlich ist dies nur eine durch nichts belegte Vermutung, aber angesichts der Möglichkeit sei den auf ein Erbe hoffenden Vaterstettenern ein Satz des Dalai Lama ans Herz gelegt: Nicht zu bekommen, was man will, ist manchmal ein großer Glücksfall.

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