Mitten in Vaterstetten:Stoppt die exklusiven Schulpartys!

Pk zum Armuts- und Reichtumsbericht

6,50 Euro für ein 0,2-Liter-Glas Cola? Willkommen im Bayerischen Hof in München (Symbolfoto).

(Foto: dpa)

Vaterstettens Realschüler müssen bei ihrer Abschlussfeier im Bayerischen Hof zwölf Euro für eine Flasche Wasser berappen. Höchste Zeit, dass dieser Schmarrn aufhört.

Kolumne von Karin Kampwerth

Was lässt man sich an einem 30-Grad-Abend gerne gut schmecken? Wie wäre es mit einer "winterlichen Selleriecremesuppe", das Tässchen zu zehn Euro. Den Ärger über das jahreszeitlich unpassende Angebot samt unverschämtem Preis konnte man ja mit einem kleinen Gläschen Cola, 0,2 Liter zu 6,50 Euro, runterspülen. Wer sich den Frust mit Mineralwasser schön trinken wollte, musste für 0,75 Liter 12 Euro hinblättern.

Kein Wunder eigentlich, dass sich der Ballsaal des Münchner Luxus-Hotels Bayerischer Hof, an dem die Vaterstettener Realschüler am vergangenen Freitag ihren Abschluss feiern wollten, gegen 22 Uhr merklich leerte. Da nämlich knurrte vielen Jugendlichen derart der Magen, dass sie sich in Anzug und Abendkleid auf zum Schnellimbiss in die Münchner Innenstadt machten. Ein Essen im Hotel konnten sie sich schlicht nicht leisten.

Der Abschlussball der Vaterstettener Realschüler ist symptomatisch für eine Art Wettrüsten unter den weiterführenden Schulen, wer die - Verzeihung - geilste Party nach der Zeugnisverleihung schmeißt. Daraus ist - genau wie aus den Abifahrten für eine Woche inklusive Dauerbesäufnis nach Spanien oder Kroatien - ein regelrechter Wirtschaftszweig geworden.

Bei den Abiturienten nutzen die Veranstalter gerne die Unerfahrenheit der Schulabgänger aus und knöpfen denen bei der Saalmiete einen Hunderter als Heizungspauschale ab, auch wenn der Abschlussball Anfang Juli stattfindet. Oder es wird ihnen für viel Geld ein mickriges Buffet mit Dosenmais im welken Salatbett aufgeschwatzt. Letzteres berichteten Eltern etwa vom diesjährigen Abschlussball des Kirchseeoner Gymnasiums.

Weil Realschüler aber nur eingeschränkt geschäftsfähig und damit schwer über den Tisch ziehbar sind, muss als Organisator jemand anderes ran. Im Idealfall wäre das der Elternbeirat. In Vaterstetten übernimmt die Ausrichtung des Abschlussballs im Bayerischen Hof seit Jahren eine große Münchner Tanzschule, freilich nicht, ohne den Schulabgängern zuvor noch einen Schnellkurs in Walzer und Foxtrott zu verkaufen.

Die Veranstaltung selber erinnert dann nur noch wenig an einen würdigen Abschluss der Schulzeit. Nicht einmal für einen Sektempfang haben die immerhin 26 Euro Eintritt, die pro Person berappt werden mussten, gereicht. Selbst Glückwünsche zum bestandenen Abschluss sparte sich die Tanzschule, der Conferencier glaubte lediglich gehört zu haben, dass es am Vormittag Zeugnisse gab. Peinlich.

Dabei geht es auch anders. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Abschlussklassen der Anni-Pickert-Mittelschule in Poing mehr Spaß und weniger Hunger bei ihrem abendlichen Ball hatten. Gefeiert wurde wie jedes Jahr im örtlichen Océ- Eventcenter, Buffet und Bar bestücken Schüler, Lehrer und Eltern gemeinsam.

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