Dass der Sommer heuer frei nach Rilke nicht sehr groß war, ist wohl unumstritten. Zumindest in qualitativer Hinsicht. Anders was die Quantität angeht, also die Länge des Sommers, denn hier ist heuer mehr geboten, als sonst. Zumindest für alle, die in Vaterstetten auf ihre S-Bahn warten. Sie tun dies unter einer Bahnhofsuhr, die auch fast zwei Wochen nach der Zeitumstellung immer noch im Sommermodus ist. Vielleicht ein technischer Defekt, aber vielleicht ist in der Großgemeinde auch schon eine gar nicht so entfernte Zukunft angebrochen.
Wir erinnern uns: Vor drei Jahren gab es einmal eine EU-weite Umfrage zur Zukunft der Zeitumstellung. Zwar hat sich weniger als ein Prozent der europäischen Bevölkerung daran beteiligt und so europäisch war die Beteiligung auch nicht, denn der Großteil der Rückmeldungen kam aus der Bundesrepublik. Wo aber eine Mehrheit nicht nur für das Ende der Zeitumstellung votierte, sondern sich auch dafür aussprach, künftig doch bitte das ganze Jahr ganz früh aufstehen zu dürfen - also permanent die sogenannte Sommerzeit sein solle. Nun kann man darüber spekulieren, ob von Schlaflosigkeit, gar seniler Bettflucht, geplagte Menschen eher zur Teilnahme an solchen Umfragen neigen, nach dem Motto, wenn ich schon wach bin, sollen die anderen auch aufstehen, sonst ist es ja so langweilig. Noch spekulativer wird es indes, geht es darum, ob und wann auf diese Umfrage eine Reaktion erfolgt, also die Zeitumstellung tatsächlich abgeschafft wird und welche Zeitzone dann gelten soll. Gerade im Westen und Norden des Kontinents ist man nämlich der Meinung, dass der Sonnenaufgang schon noch vor der Mittagspause erfolgen sollte.
Doch während man anderswo noch zaudert und zögert, wird in Vaterstetten der Wille der Umfrage-Bevölkerung bereits umgesetzt - und mit der Begrenzung der Sommerzeit auf eine einzige Bahnhofsuhr, auch entsprechend der Wahlbeteiligung.