Brauchts das?:Poinger Volksfest-Jury kürt die schönsten Männer-Wadln

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Bayerische Mannsbilder und ihre Wadln. (Foto: lks)

Während bei den Madln die Gesamterscheinung bewertet wird. Die entscheidende Frage: Darf man den Mann auf ein einziges Körperteil reduzieren?

Kolumne von Theresa Parstorfer

Auf dem Poinger Volksfest geht es in diesem Jahr nicht, oder zumindest nicht nur, um die Wurst, sondern um die Wadl. Um die männliche Wade, um ganz korrekt zu sein. Denn nachdem die auf Volksfesten übliche und auch in Poing traditionsreiche Madl-Wahl schon entschieden ist, müssen nun auch die Burschen ran.

Oder besser: ihre Unterschenkel. Der Wettbewerb ist laut Facebook-Post der Veranstalter "nichts für Discopumper und solche, die es noch werden wollen! Hier benötigst du echtes Beintraining". Jeder, der glaubt, dieses Kriterium zu erfüllen, kann sich mit einem Foto bewerben. Von sich und zugehöriger Wade, selbstverständlich. Ach ja, männlich und volljährig sollte man sein.

Freilich, eine Gaudi verspricht das zu werden. Männliche Unterschenkel sollen ja schon so manche Frau in Wallungen gebracht haben. Zu mutmaßen ist des Weiteren, dass man sich in Poing, der "Weltstadtvorstadt mit Herz", mit diesem Wettbewerb um eine gerechte Behandlung der Geschlechter bemüht. "Wir entscheiden nicht nur darüber, wer die schönste Frau ist, sondern lassen die Frauen auch darüber entscheiden, wer die schönsten männlichen Beine hat." So oder so ähnlich, könnte man argumentieren. Gleiches Recht auf Objektivierung für alle.

In der Jury sitzt Ryan-Gosling-Double Ludwig Lehner aus Kirchseeon

In der Jury sitzen dann auch die Gewinnerinnen der diesjährigen Madl-Wahl und - Madln: gut festhalten - Ryan-Gosling-Double Ludwig Lehner aus Kirchseeon. Woran genau diese Experten festmachen werden, welche die schönste Wade auf dem Volksfest ist, das bleibt bis auf Weiteres ein Geheimnis. Während des großen Finales am 12. Juli ab 19 Uhr im Bierzelt müssen die "drei letzten Challenges" bestanden werden. Mehr wird nicht verraten.

Ein wenig hinkend kommt dieser emanzipatorische Versuch jedoch schon daher - soll es denn einer sein. Folgt man der Logik, werden hier immerhin Wadl mit Madln gleichgesetzt. Auch wenn das ein guter Reim ist, funktioniert eine potenzielle Diskriminierung in beide Richtungen: Wieso zählt zu einem auszuzeichnenden Madl alles, von der Sohle bis zum Scheitel, während bei den Burschen nur die Wade ins Gewicht fällt?

Das bedeutet entweder, dass eine Frau immer und überall perfekt sein muss, während es bei den Männern nach wie vor lediglich um die Größe eines bestimmten Körperteils geht. Oder aber: Männer werden nach wie vor reduziert. Auf ein einziges Körperteil. Wo sie doch, wie auch Frauen, so viel mehr zu bieten haben.

Aber so ernst muss man das Ganze glücklicherweise nicht nehmen. Nicht überall müssen die Gräben eines Geschlechterkampfes ausgefochten werden. Immerhin darf sich der Besitzer der schönsten Wadln im Poinger Festzelt auf ein 50-Liter-Bierfassl freuen. Dass er sich nach Genuss desselben vermutlich erst einmal von seinen hart erarbeiteten Wadln verabschieden wird müssen, zeigt: So wichtig sind all diese Äußerlichkeiten auch nicht.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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