Mitten in Poing:Gerüttelt, nicht gerührt

Nicht nur an Althergebrachtem wird gerüttelt; neuerdings sind es Schilder aller Art, die, wie jetzt in Poing geschehen, aus der Verankerung gewuchtet werden. Wer so etwas tut und warum, bleibt allerdings im Dunkeln

Von Wieland Bögel

In Poing geht der Rüttler um. Der ist kein Cousin von Batmans Erzfeind dem Riddler und auch keine traditionelle Gestalt der gerade stattfindenden Raunächte, sondern ein Randalierer - vielleicht sind es auch mehrere - mit sehr eigenwilligem Vorgehen: Eben dem Rütteln. Opfer der Rüttelei wurde, wie die Polizei nun mitteilt, ein Verkehrszeichen auf einer Verkehrsinsel zwischen Blumen- und Margeritenstraße. Dieses zeigt einen weißen Pfeil auf blauem Grund und wurde wohl bereits am Weihnachtswochenende samt der umgebenden Pflastersteine losgerüttelt. Wer der oder die Rüttler sind, wozu sie rütteln und warum gerade da, wo sie eben rüttelten, ist den Ermittlern bislang ein Rätsel, lediglich eine versehentliche Rüttelei - etwa mit dem Auto nach vorangegangenem Glühweineinfluss - sei ausgeschlossen. Wer den oder die Rüttler beobachtet hat, wird darum gebeten, sich unter der Telefonnummer (08121) 9917-0 bei der Polizei in Poing zu melden. Vielleicht gelingt damit sogar die Aufklärung einer ganzen Verbrechensserie.

Denn so rätselhaft die aktuelle Rüttelei auch ist, so sicher ist, dass die Gewalt gegen Schilder in letzter Zeit im Landkreis zunimmt. Erst vor wenigen Tagen vermeldete die Polizei den Diebstahl des Werbeschildes einer Holzhandlung in Grafing. Ein paar Wochen zuvor klauten Unbekannte in Frauenneuharting gleich mehrere Verkehrsschilder - Diebe wie Beute sind bislang nicht wieder aufgetaucht. Liegt hier vielleicht eine Verbrechens-Serie vor? Ein mysteriöser Schilderdieb, eine Bande gar, die durch den Landkreis zieht, immer auf der Suche nach bemalten oder bedruckten Flächen, die sich absägen, losreißen, wegschrauben oder eben freirütteln lassen? Und - wenn ja - zu welchem Zweck? Wut auf den wild wuchernden Schilderwald oder der Wunsch ebenjenen zu sich nach Hause zu holen? Fragen über Fragen, deren Antwort wohl nur der mysteriöse Schilderdieb kennt, zu dem bislang aber nicht der aller kleinste Wegweiser führt.

Aber möglicherweise lässt sich zumindest die jüngste Schilder-Rüttelei in Poing erklären, vielleicht gibt es da nämlich eine ganz andere Ursache. Schließlich wurde die ganze Gemeinde in den vergangenen Wochen mehrmals durchgerüttelt: Erdbeben, mutmaßlich ausgelöst und prompt bestritten vom örtlichen Geothermieunternehmen, schrecken seit November die Poinger aus ihren süßen Träumen. Zwar handelt es sich nach übereinstimmender Aussage von Seismologen dabei um eher kleine Vertreter der Erdbebenzunft - aber wer weiß, für ein Verkehrsschild reicht die kleine Rüttelei aus der Tiefe ja möglicherweise ...

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