Mitten in Pliening:Wo die Vindeliker wohnten

Straßen haben die Kelten zwar keine gebaut, auf Straßenschilder haben sie es trotzdem geschafft

Kolumne von Alexandra Leuthner

Wer möchte schon gern im "Strullerweg" wohnen? Oder gar am "Spannerweg"? Vielleicht auch in der "Tangabucht", "Auf dem Jochen" oder in der "Schöneweibergasse"? Kein einziger Besuch auf dem Postamt ohne feixende Gesten des Personals beim Blick auf die Absenderadresse, kein Behördentermin, bei dem die nette junge Dame auf der anderen Seite des Schalters nicht betreten die Augen niederschlägt. Oder man stelle sich vor, nach dem Befüllen eines Alkoholteströhrchens mit der nicht ganz einwandfreien Atemluft aufs Polizeirevier gebeten zu werden und dem Beamten dort seine Personalien buchstabieren zu müssen: "Straße?", fragt er, und die peinliche Antwort lautet "Promilleweg". Da kann man sich den Gang zum Bluttest in der Klinik eigentlich sparen und lieber gleich die Strafe abdrücken.

Doch es geht noch schlimmer: Zu Deutschlands skurrilsten Straßennamen gehört auch die "Knochenmühle", die "Kühlwetterstraße" oder "Zur Hölle" - letztere Adress-Angabe sollte trotz ihres Wahrheitsgehalts im Angesicht eines genervten Polizeibeamten nur mit äußerster Vorsicht gebraucht werden, das selbe gilt wohl auch für den "Prügelweg".

So gesehen werden es jene Neuplieninger gut getroffen haben, die es nach Vergabe der Grundstücke im Neubaugebiet Landsham-Süd in den "Vindelikerweg" verschlägt. Die Buchstabenkombination muss man sich im wahrsten Sinn des Wortes auf der Zunge zergehen lassen. Vindelikerweg - da wohnt nicht jeder Hinz oder Kunz, sind doch die meisten ganz profan in der Haupt- oder Garten-, in der Bergstraße oder im Birkenweg zu Hause,oft stehen auch jene Tiere für eine Straße Pate, die wegen dieser umziehen mussten. Die Privilegierteren unter uns dürfen wenigstens die Goethe- oder Schillerstraße ihr Zuhause nennen - und haben es dann auch noch leicht mit dem Buchstabieren: "Goethe wie Schiller, Sie wissen schon. Haha."

Die Anwohner der Vindelikerstraße, eine von vier neuen Straßen in Landsham, über deren Namensgebung der Plieninger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung abstimmte, werden es trotz des Wohlklangs deutlich schwerer haben. Alle vier neuen Straßen haben etwas mit den keltischen Ursprüngen des Ortes zu tun: Keltenweg, Hachinger Weg und Glockenbecher Weg heißen die anderen drei, die im Gegensatz zum Vindeliker Weg einstimmig beschlossen wurden. Ortschronist Willi Kneißl hat die vier Namen vorgeschlagen und natürlich auch Spuren der Vindeliker gefunden, die zwischen Iller, Inn, Alpen und Donau lebten und ein volkreicher keltischer Stamm waren. Ebenso wie die Consuaneten, die Rucinaten, die Licather und die Catenaten. Aber was soll diese Erkenntnis den Vindeliker Weg-Bewohnern schon nützen, außer, dass es noch schlimmer hätte kommen können. "Vindeliker - Sie wissen schon, wie Rucinaten." Nein, das geht nicht.

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